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Re: [FYI] Jugendschutz: Filterprogramme bringen es nicht



On Thu, Jan 06, 2000 at 08:54:23PM +0100, Martin Rost wrote:
> Holger Veit schrieb:
> 
> >> Selbstverstaendlich bestaetigen Filter einen Teil des faktisch
> >> geltenden gesellschaftlichen Wertekanons: Filter machen explizit, was
> >
> >Wessen Wertekanons? Denjenigen irgendeiner Subkultur wie z.B. der 
> >Kirchen vielleicht, aber nicht denjenigen *der Gesellschaft*. Denn die
> 
> Kirchen, Sportvereine, Jugendzeitungen, Musiksender und Popstars, ...
> sind Teile von Gesellschaft. Es gibt eine Menge nicht festgestellter,
> impliziter Werte, die diese verschiedenen Institutionen ("als
> westliche") teilen, wenn man sie denn feststellen wollte. Und diese
> uebergeifenden, kaum fassbaren, aber sehr wohl existenten Werte
> kristallisieren zuletzt in den Filtern aus. Beispielsweise die
> Vorstellung, dass Kinder (oder auch alte Menschen) keinen Sex haben
> wollen/ koennen/ duerfen. Es gibt hinreichend viele
> kulturvergleichende Studien, die das Gegenteil belegten.

Der Punkt ist: wir haben soviele Wertesysteme, dass sich jeder problemlos
und ohne Schuldbewusstsein seine Rosinen rauspicken kann. Es geht
ohne weiteres, und ist auch gesellschaftlich implizit sanktioniert,
seine Kinder zu schlagen und fuer den Kinderschutzbund zu spenden
(wohlgemerkt, s.o. nicht im Sinne eines kompensierenden Schuld-Ablasses).
Wie ist es mit dem gleichzeitigen "Akzeptieren" und Leben nach den
Zehn Geboten - na ja mit Ausnahme des "Du sollst nicht ehebrechen" - denn
das wuerde ja meinem individuellen Beduerfnis nach Triebbefriedigung
diametral entgegenlaufen. Ich kann den Gruenen gleichzeitig applaudieren,
dass sie endlich daraufhinwirken, die verhassten "Atombombenmeiler"
abzuschalten und gleichzeitig dem appellativen Namen des Umweltministers
- "Tritt ihn" - nachkommen wollen, weil er meinen vierraedrigen Bewegungsdrang
mittels Oekostrafe doch arg behindert. Die Differenzierung der Gesellschaft
in Mikrostrukturen mit jeweils eigenem Kanon ist doch gerade am Niedergang
der Wahlbeteiligungen hervorragend zu beobachten. In Duisburg, einer traditionellen
Arbeitergegend, aus der ich herkomme, kursierte frueher das Wort, die SPD
koenne ruhig einen Besenstiel als Kandidaten aufstellen, er bekaeme ueber
70% der Stimmen. Tatsaechlich ist Duisburg auch heute noch dunkelrot, aber
die traditionelle Waehlerschichten, "Der Arbeiter" oder "Der Unternehmer"
existieren heute nicht mehr. Vergleichbares Beispiel: Wer ist eigentlich
ein "Besserverdiener"? Besser als wer oder was? Der Vergleichsmasstab ist
nicht weggebrochen, insofern war meine weiter unten stehende These unpraezise,
sondern wir haben beliebig viele Messlatten, die wir je nach Thema und
Verfassung anlegen koennen und bei Bedarf sogar noch beliebig zusammen-
stueckeln koennen.

> >In einer solchen Gesellschaft existiert ueberhaupt kein vereinbarer
> >Wertekanon mehr; das ist nur mehr die Machtphantasie einiger 
> >konservativer Fanatikersubgruppen, die Zahnpasta zurueck in die
> >Tube zu druecken.
> 
> Holger, es ist komplizierter: Doch es gibt so einen Kanon. Nur, jeder
> der diesen explizieren wollte, rennt in das Dilemma, das dieser dann
> kaum mehr wirkte - es muss, anders als Gesetze, unter den gegebenen
> komplizierten gesellschaftlichen Verhaeltnissen geradezu im Dunkel
> bleiben, man darf ihn nicht festzurren, will man ihn nicht gefaehrden
> (analog zur alten Dampfmaschine, die uebern Jordan ginge, zoege man
> die Schrauben wie spezifiziert zu). Durch den Einsatz der Filter wird
> aber genau das gemacht: festgezurrt.

Es bleibt aufgrund der Pluralitaet der Auffassungen von einem Kanon
bestenfalls noch ein Miniaturkanoenchen uebrig, wo nicht mal mehr Platz
fuer den Gurt zum festzurren ist. Die Schwierigkeit bei der Definition
eines Kanons liegt nicht darin, ihn auszudruecken, sondern ihn vor dem
unmittelbar auftretenden Protest gegen ihn zu schuetzen. Filtern schreibt
einen Kanon irgendeiner Gruppe fest (wobei sich diese Gruppe von den
namenlosen Gammas darin unterscheidet, dass sie bereits explizit einen
Kanon artikuliert hat) und versucht ihn gegen den Widerstand durchzudruecken.
Wie Kris bereits richtig erwaehnt hat, sind die Filterkriterien nicht nur
geheim, sondern sogar ueber den eigenen, moeglicherweise bedenkenswerten
Satz an Sperren hinausgehend, indem auch die Gedanken an moegliche
Alternativen (Mediendiskussion) unterdrueckt werden sollen. Das ist den
selbstreferenziellen Regeln der Religionen (Du kommst nur dann in den 
Himmel, wenn Du daran glaubst, dass Du in den Himmel kommst, _und_
(eigentliches Mem: ) wenn Du tust, was _wir_ Dir sagen).

> >> sondern erzeugt es. Es sind bspw. die verknoechert-autoritaeren
> >> Lehrer, an denen Schueler besonders gut selbstgewaehlte
> >> Urteilsfaehigkeit lernen.
> >
> >Nein, das zweifle ich an. Wo ein Vergleichsmasstab fehlt, wird
> >nicht mehr hinterfragt. Bekanntes Beispiel: wir erwarten bei einem
> 
> In einer pluralen Gesellschaft fehlt es an einem nicht: an 
> Vergleichsmasstaeben. 

War unpraezise: wo ich mir im Selbstbedienungsladen einen Masstab
nach eigenem Gusto aussuchen und zusammenbasteln (lassen) kann, 
brauche ich mir keine Gedanken mehr um andere Masstabe zu machen.
Die Bildzeitung und die Nachmittagstalkshows erklaeren mir doch alles,
was ich wissen will und was ich brauche - was soll ich da noch mehr?

> >> hingewiesen: erziehen zum sich nicht erziehen lassen. Die gleiche
> >> Paradoxie gilt fuer "den Buerger in Uniform" in der Bundeswehr oder
> >> fuer den muendigen Buerger in einem Rechtsstaat. Deshalb sind
> >> Jugendschutz und Buergerschutz strukturell verwandte Themen). Wo
> >
> >Der Buerger in Uniform ist ein Mythos, ein Placebo. Maechtige Gruppen,
> 
> Der Buerger in Uniform ist zunaechst einmal, wenn eine Armee denn als
> notwendig erachtet wird, ein hoechst begruessenswertes Gegenkonzept
> zum bis dahin geltenden Konzept des Soldatenschweins als trivialem
> Befehlsempfaenger (von Guerilla-Kaempfern abgesehen). Aber dieses

Es ist ein Euphemismus zur Beruhigung des Bildungsbuergers, der im
Ernstfall (oder auch in einem Kompensationsfeldzug, etwa auf den Balkan)
dann ohne Zoegern hintenrueberfallen gelassen wird. Ein hierarchisches
System wie eine Armee kann nur mit Soldatenschweinen unten und ein
paar schachspielenden Strategen oben funktionieren. Dann ist eben der
Bauer geschlagen worden, was solls? Man muss heute nur dem Bauern
den Bauch pinseln, dass er kein Bauer ist, und er wird bereitwillig
Bauer sein wollen. Frueher war es Verdienst fuers Vaterland.

> nicht dicht zu kriegen, aber auch das macht nichts. Wenn dieses ueberaus
> moderne Konzept der inneren Fuehrung einer Armee aufgegeben wuerde,

Ich bezweifle, dass die "Innere Fuehrung" ueberhaupt jemals existiert
hat. Als Vision einiger weniger beim gemeinsamen Bier im Offizierskasino
vielleicht, aber ein vielstufiges System, welches Repressionsmoeglichkeiten
auf jeder Stufe ermoeglicht, sabotiert implizit jeden Gedanken an Eigen-
staendigkeit des Individuums. Aber das wird off-topic.

> >etwa die Politik und die Konsum- und Medienindustrie sind bestrebt,
> >den allzu selbstaendigen Menschen sich erst gar nicht entwickeln zu
> >lassen. Selbstaendigkeit nur soweit, wie es um das Eintippen der
> >EC-PIN an der Kasse geht.
> 
> Konsum- und Medienindustrie muessen Geld verdienen. Menschen, ob
> selbstaendig oder nicht, sind ihnen (wem eigentlich genau?)
> vollkommen gleichgueltig. Man MUSS heute selbstaendig sein, um zu
> ueberleben, weil keiner mehr auch nur noch ein bischen an die Hand
> genommen wird (mit Ausnahme von (intimen) Freunden - das sie das tun,

Solange Geld verdient wird, ist Selbstaendigkeit tatsaechlich irrelevant.
Dann waere aber auch Werbung fuer Gegenstaende des taeglichen Gebrauchs
unnoetig, denn ich werde immer Seife, Kaese, Hosen, Tempotaschentuecher
und aehnliches kaufen. Aber man will meine Wahlmoeglichkeit einschraenken,
um mich dazu zu bringen, dass es genau _die_ Seife und _der_ Kaese 
ist. Das "wem eigentlich genau" ist nicht zu quantifizieren, weil sich
zahllose Seifenhersteller um mich bemuehen. Irgendeiner wird irgendwann
mal den Zuschlag erhalten und hat dann psychologisch "den Fuss in der Tuer",
weil ich danach bereits einen Teil meiner Selbstaendigkeit in Form
freier Produktwahl aufgrund des eigenen Beduerfnisses nach Stabilitaet
aufgegeben habe.

> >> Sowohl-als-auch-Mix. Das ist laestig, und zugleich Bedingung dafuer,
> >> die Freiheit zu haben, unter Alternativen waehlen zu muessen.
> >
> >Wollen *wir* diesen Mix? Wer ist in diesem Zusammenhang "wir"? Und
> >wenn wir den Mix wollen, wer sind dann *die*, die Filtern propagieren?
> 
> "Wir" ist eine Gemeinschaftskategorie, die zur Gesellschaftsanalyse
> unbrauchbar ist. Und der Hauptbegriff aus dem Repertoire des
> kulturpessimistisch-essayistischen Plauderers, der sich oeffentlich
> in bloss nachhakenden Kritiksimulationen uebt. "Die Anderen" dient im
> uebrigen als das zu ergaenzende Pendant dazu. Aus der Differenz

Als Menschen haben wir den eingebauten Trieb, uns zu Gruppen zusammenzu-
schliessen, um ein Gefuehl der Verstaerkung des Individuums und der
Zusammengehoerigkeit hervorzurufen. Gruppen sind durch ihre Abgrenzung
zu dem "Aussen". Wir sind "wir", die Aussenwelt sind die "Anderen". 
Wohl koennen wir, ohne innere Widersprueche (oder ggf. unter Verdraengung
derselben) Mitglieder von unterschiedlichen, auch kontraeren Gruppen
sein (etwa Gruener und ADAC-Mitglied), aber es aendert nichts an der
Unterscheidung zwischen einem existenten Inneren und einer davon
getrennten Aussenwelt. Faengt bei Zellorganellen an und hoert derzeit
bei Nationalstaaten auf (und geht in Zukunft vielleicht bis zur
Foederation der Vereinigten Galaxien weiter).

Mit Kulturpessimismus hat dieses IMHO nichts zu tun. 

> Wir/Die-Anderen speist sich ein gemeinschaftlich oerientierer
> Nationalismus. Wir-Speak ist analytisch laengst unbrauchbar. Zweiter

Das WirSpeak der Nationalstaaten existiert nicht mehr, richtig. Aehnlich
wie beim Zerfall von Jugoslawien zerfaellt die Gesellschaft in 
unzaehlige kleine Gruppen von Wir-Speakern, gegebenenfalls bis hin
zu Wir-Familie gegenueber Anderen-Nachbarn (ich grinse und sage
Maschendrooohtzaoun).

> Kinken: Wille referenziert auf einen Mentalzustand eines Menschen
> (also nicht einmal einer Gemeinschaft von Menschen, ist also noch
> weiter von Gesellschaft entfernt), der seinerseits hoechst
> problematisch ist, weil man kaum wissen kann, ob man wirklich je fuer
> sich will oder ob etwas durch einen hindurch will, so dass man quasi
> als Wirtstier fungiert, das nur glaubt, autonom zu sein. Die Frage
> "Wollen wir den Mix?" setzt deshalb auf ein vollkommen falsches
> Gleis. Gehobener Stammtisch-Speak.

Fuer den Willen lassen wir uns oft von den Meinungsgebern instrumentialisieren,
Gruppen, welche ihre Meinung in auf den ersten Blick konsistenter Form
fuer sich definiert haben und diese in einen Generalkanon verwandelt wissen
wollen - auch ein Wille. Die Frage nach dem "Wollen wir den Mix" bedeutet
damit eigentlich mehr, naemlich, "wollen wir einen eigenen Willen, wenn wir
den nicht bereits haben, oder wollen wir akzeptieren, dass uns andere
ihren Willen als unseren eigenen vorgeben?" Die Mehrheit der Bevoelkerung
ist sofort bereit, den ersten Teil zu bejahen, fallen aber dann auf
second-Hand-Willen zurueck, weil sie ihren Willen nicht artikulieren koennen,
oder die Auseinandersetzung damit zu schwierig ist.

Auf Filtern bezogen heisst dies, dass wir zu gerne Ja und Amen zu dem
sagen, was wir eh bereits als eigene Individualvorstellung veriinerlicht haben
- KiPo und Nazis seien kriminell, und haben daher im Netz nichts zu suchen,
aber auf Sex-Bilder will ich dann doch nicht verzichten. Und bei allem
uebrigen, wozu ich mir keine Meinung bilden kann oder will, verfalle ich 
typischerweise in eine der beiden Radikalpositionen "soll alles verboten 
werden" oder "Information muss frei sein, auch wenn dann Kinder etwas 
sehen koennen, was sie _nicht sollen_ (sic!)" Radikalpositionen deshalb, 
weil die es sind, welche in der Diskussion am klarsten und einfachsten 
artikulierbar sind; die graue Mittelmasse ist diffus und schwabbelig 
und widerspruechlich und erzwingt mein Interaktion einer differenzierten 
Auseinandersetzung.

> Die, die die Filter propagieren, sind Funktionstraeger der
> Sozialsysteme, in denen sie sich bewegen. Lehrern muss was einfallen,
> wenn sie sehen, dass ihre Schueler beim Websurfen bevorzugt
> Pornosites anlaufen. Moegen alle sich einig sein, dass ihnen keine
> anderen Bilder im Web einen solchen Spass bringen und die Fantasie
> anheizen. Der Rektor oder irgendwelche Eltern werden einem solchen
> Lehrer schlicht ein ueberaus laestiges Verfahren anhaengen. Und wenn
> nicht dem Lehrer, dann dem Rektor. Und wenn nicht dem Rektor der
> Schulaufsichtsbehoerde.

Das ist ein oft vernachlaessigtes Kriterium vermaschter Systeme. Bemerkens-
wert ist dabei, dass hier jedes Subsystem nur auf der Basis minimalster
Lokalitaet (Interaktion bestenfalls mit dem allernaechsten Nachbarn)
agiert. Du hast genau ein solches Netz richtig dargestellt. Der Lehrer
fuehlt sich naemlich nicht mehr dem Humboldtschen Ideal verpflichtet,
aus den Kiddies gebildete Menschen zu machen, sondern zieht sich auf
sein vom Kultushimmel gefallenes Curriculum zurueck, in der Hoffnung,
es sei so gestaltet, dass es ihn vor einer Auseinandersetzung mit
Eltern beschuetzt. Nicht ich war's, das stand da so im Kapitel
Medienkompetenz. Lokales Sankt-Florians-Prinzip.

Der Witz ist nun, dass in solchen Systemen mit lokaler Konnektivitaet
ein quasi globales Filtersystem etabliert werden soll (auch wenn, Kai,
es noch Differenzierungen zwischen einem afghanischen Taliban-Filter 
und ein CDU-Filter geben mag). Das geht ohne grosse Umschweife erst
mal in die Hose. Ich denke, dass den Befuerwortern solcher globaler
Massnahmen eines solche Dynamik ebenso bekannt ist. Ihr Hebel ist
daher folgender: die Systeme, insbesondere die noch rudimentaer vorhandenen
weitwirksamen Systeme wie Religionen, Parteien und gerade die Jurisdiktion
zunaechst fuer sich zu isolieren, ihr Virus zu installieren und dann die
lokalen Verknuepfungen wieder zu aktivieren. Konkret heisst das: es 
wird versucht, ein eigenes Recht im Rechtsystem zu bilden, ohne die
Restgesellschaft am Diskurs zu beteiligen, und wenn es erst mal 
etabliert ist, die Restgesellschaft vor vollendete Tatsachen zu
stellen.

> >...aber, cui bono? Doch sicher nicht, dass der Soziologe auf der Galerie
> >seine private Reality-TV-Show mit Spannung und Nervenkitzel
> >geniessen kann, oder?
> 
> Cui bono ist nur eine der moeglichen Fragen, die man stellen kann.
> Und sie zaehlt zudem zu den langweiligeren, weil sie nur auf die
> Konstellation zwischen Maechtigen und der sofort zur Stelle seienden
> Opposition zielt. Und: Na klar, zu einem Teil geniesst der Soziologe

Wenn nicht cui bono, welchen Ansatzpunkt sollten wir dann waehlen?
Es geht doch gerade um den wir/die Konflikt, egal ob er hier im Gewande
des oben/unten erscheint.

> landlaeufige Meinung sind Soziologen nicht von Haus aus dazu
> verdonnert, die Welt zu verbessern - das ist eher der Job von
> Politikern und Technikern. Er weidet sich gegenwaertig allerdings

Auch Politiker und Techniker (oder die Wissenschaft) sind dazu
weder beauftragt noch in der Lage.

[...]
> >Ich befuerchte eher, s.o. einen fundamentalen Trend "zurueck zur Natur", 
> >oder was irgendeine Art Hitleranalogon als solches plausibel versprechen
> >kann. Der Begriff ist vielleicht "Moderne", das Gedankengut ist aber, wie
> >fast alles in der Philosophie, bereits jahrhundertelang angedacht. Die
> >Spirale ist nur eine Windung weiter.
> 
> Da bin ich optimistischer. Ausgerechnet in Deutschland haetten
> Fundamentalisten meiner Ansicht nach derzeit geringe Aussichten. Auch
> vom sicher als besonders verfuehrerisch einzustufenden
> Oekofundamentalismus erwarte ich nur geringe Gefahren, allein wenn
> man sieht, in welchem Ausmass derzeit ueber die angehobenen
> Benzinpreise genoergelt wird. Auch die breite Aufregung ueber den
> Modus des Kohlschen Einkaufs von Gefolgschaft zeigt, dass genau keine
> antidemokratische Verhaeltnisse vorherrschen.

Kohls Vorgehen ist eher geeignet, um die verbliebene Restdemokratie
noch weiter zu durchloechern. Es war zu allen Zeiten so, dass die
jeweiligen Machthaber selbige auch egoistisch ausgenutzt haben. Dass
hier so eklatant die vorgeblichen Schutzmechanismen der Demokratie
versagt haben, fuehrt langfristig eher noch weiter dazu, dass nun
auch der "Mann von der Strasse" die letzten Skrupel verliert, in die
eigene Tasche zu wirtschaften, so weit es moeglich ist. Genaugenommen
ist dies sogar laengst im Gange.

Ich spreche sicher nicht von einer Wiederkehr eines Faschismus im 
klassischen Sinne, aber ich beobachte durchaus eine mit der der
Globalisierung entgegenwirkenden Individualisierung zu beobachtende
Xenophobie, auch ein wir/die-Konflikt; Multikulti, wie noch vor Jahren
als Gesellschaftsform propagiert, ist soweit out, outer geht es kaum 
noch (auch wenn man selbst, wo es opportun erscheint, die Vorteile
nutzt und etwa beim "Griechen" oder "Tuerken" essen geht). Sollte
irgendjemand ein Patentrezept vorgeben koennen, um diesen Konflikt
"aufloesen" zu koennen, dann werden solche artifiziellen Gruppen-
konstrukte wie die EU oder die Bundesrepublik noch schneller als
der Balkan und die UdSSR zerfallen.

Holger

-- 
"Well, from what I've read, scientific studies show men tend to be better at
dealing with visual concepts, while women are better at complex linguistic
communication." - "You mean..." - "Men are from MACs, women are from VMS"
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