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Pressemitteilung zur Verabschiedung des Landesdatenschutzgesetzes SH



Moin,

anbei die Pressemitteilung zu dem gestern verabschiedeten
Landesdatenschutzgesetz und dem Informationszugangsgesetz
Schleswig-Holstein. 

Ein modern-operativer Datenschutz ist offenbar ein politisches Thema,
das sich ebenso wie oekologische oder feministische Themen der
politischen Rechts-Links-Sortiermaschine entzieht. Bemerkenswert
auch, dass das Informationszugangsgesetz, das eine
obrigkeitsstaatliche Verwaltung des Buergers durch Behoerden
unwahrscheinlich machen soll, problemlos durchging.

Gruss, Martin
--
Martin Rost - http://www.netzservice.de/Home/maro/ - Germany, Kiel

------------------------- schnipp

P R E S S E M I T T E I L U N G
Kiel, 26. Januar 2000

Schleswig-Holstein macht sich fit für die
Informationsgesellschaft

Zur Verabschiedung des neuen Landesdatenschutzgesetzes
und des Informationszugangsgesetzes erklärt der
Landesbeauftragte für den Datenschutz Dr. Helmut Bäumler:

Die vom Schleswig-Holsteinischen Landtag heute
verabschiedeten Gesetze leiten eine neue Ära des
Datenschutzes in Schleswig-Holstein ein. Das Land setzt
sich damit bundesweit an die Spitze der Gesetzgebung
zum Informationsrecht und geht insoweit gut gerüstet in
das Zeitalter der Informationsgesellschaft.

Das Landesdatenschutzgesetz, dessen Novellierung auf
eine Initiative des Parlaments zurückgeht, wurde
einstimmig verabschiedet. Es bringt eine Fülle von
Neuerungen, die sich aus der Umsetzung der Europäischen
Datenschutzrichtlinie und aus der Realisierung einer
modernen, am Fortschritt der Informationstechnik
orientierten Datenschutzkonzeption ergeben.

Das Gesetz setzt die Europäische Datenschutzrichtlinie
in Landesrecht um, während der Bund sich wegen
fehlender Umsetzung im Bundesdatenschutzgesetz
inzwischen einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof
ausgesetzt sieht. Die Bürgerinnen und Bürger haben aus
der Umsetzung der Richtlinie künftig u. a. folgende
konkreten Vorteile:

- Die Verwaltung darf nachteilige Entscheidungen
prinzipiell nicht ausschließlich auf automatisierte
Verfahren stützen (§ 19).

- In besonders begründeten Einzelfällen können
Bürgerinnen und Bürger sogar gegen eine an sich
rechtmäßige Datenverarbeitung Einwand erheben (§ 29).

- Automatisierte Verfahren, mit denen besonders sensible Daten
verarbeitet werden sollen, müssen dem Datenschutzbeauftragten zur
Vorabkontrolle vorgelegt werden (§ 9).

- Die Zulässigkeit von Datenübermittlungen ins
Ausland hängt davon ab, ob im Empfängerland ein
angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet ist (§
16).

Das Gesetz verwirklicht darüber hinaus moderne
Vorstellungen über einen Systemdatenschutz und fordert
den Einsatz datenschutzfreundlicher Technik: -      
Datenvermeidung, Datensparsamkeit und die Bevorzugung
von Produkten, deren Datenschutzfreundlichkeit
festgestellt wurde, sind grundsätzlich verpflichtend (§
4).

- Automatisierte Verfahren dürfen nur nach
förmlicher Freigabe durch den Dienststellenleiter
eingesetzt werden (§ 5).

- Die verbindliche Protokollierung aller
Systemveränderungen ist vorgeschrieben (§ 6).

- Es besteht die zwingende Pflicht, Daten zu
verschlüsseln, wenn sie außerhalb der Dienststellen
verarbeitet werden (§ 6).

- Anonymisierung und Pseudonymisierung werden
definiert und die Verarbeitung von pseudonymisierten
Daten privilegiert (§§ 2, 11, 22).

- Erstmalig erfolgt eine Regelung des
Chipkarteneinsatzes in der Verwaltung (§ 18).

Die nicht zuletzt in Schleswig-Holstein entwickelten
Vorstellungen für einen neuen Datenschutz erhalten
jetzt ein gesetzliches Fundament. Die Aufgaben und
Befugnisse des neu errichteten Unabhängigen
Landeszentrums für Datenschutz gehen
weit über den bisherigen Datenschutzansatz hinaus: -      
Der Name der neuen Organisation ist Programm: Das
Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz untersteht
nicht der Landesregierung, sondern nur in einem
Teilbereich einer eingeschränkten Rechtsaufsicht (§38).

- Datenschutzkontrolle im Bereich der Verwaltung
und Datenschutzaufsicht in der Privatwirtschaft werden
zusammengefaßt, wodurch Synergieeffekte und mehr
Bürgerfreundlichkeit erreicht werden können (§ 39).

- Neben die traditionelle Datenschutzkontrolle
treten Service, Beratung und Prävention in Fragen des
Datenschutzes und der Datensicherheit  (§§ 9, 39, 43).

- Von besonderer Bedeutung sind die
Informationsaufgaben des Landeszentrums gegenüber
Bürgern mit dem Ziel, den Selbstdatenschutz in offenen
Netzen zu fördern (§ 43).

- Durch die Aufgabe, Fortbildungsveranstaltungen
durchzuführen, bekommt das Unabhängige Landeszentrum
für Datenschutz eine wichtige Funktion bei der
Vermittlung von Medienkompetenz (§ 43).

- Erstmals in Deutschland wird das
Datenschutzaudit für öffentliche Stellen gesetzlich
geregelt und seine Durchführung dem Unabhängigen
Landeszentrum für Datenschutz übertragen (§ 43).

Das neue Gesetz leistet auch einen beachtlichen Beitrag
zur Entbürokratisierung und Vereinfachung des
Datenschutzrechts. Beispiele aus der Vielzahl der auf
Verschlankung zielenden Bestimmungen:

- Die Verarbeitung bestimmter, nicht besonders
sensibler Daten kann jetzt unmittelbar auf das LDSG
gestützt werden. Die Fülle von gleich oder ähnlich
lautenden Generalklauseln in den Fachgesetzen sowie in
kommunalen Satzungen ist künftig überflüssig (§ 11).

- Für die Einrichtung von Online-Verbindungen ist
künftig kein Gesetz bzw.
keine Rechtsverordnung mehr notwendig (§ 8).

- Allgemein zugängliche Daten wie Telefonbücher
etc. darf die Verwaltung ohne weiteres verarbeiten,
ohne daß es grotesker Rechtsprüfungen bedarf (§ 11).

Schließlich trägt das Gesetz auch der
Verwaltungsmodernisierung in der Form Rechnung, daß
effizientere Verwaltungsmethoden datenschutzrechtlich
mitgestaltet statt blockiert werden:

- Es werden die Voraussetzungen definiert, unter
denen Verwaltungen Daten nicht mehr zusätzlich in
Akten, sondern ausschließlich in Computern speichern
dürfen (§ 6).

- Bei der Einführung von Telearbeit müssen
ausgelagerte Daten verschlüsselt werden, damit kein
Konflikt zwischen Telearbeit und der Vertraulichkeit
von Daten auftritt (§ 6).

- Wenn Behörden Dienstleistungen im Internet
anbieten, kann die evtl. notwendige
datenschutzrechtliche Einwilligung von Bürgerinnen und
Bürgern auch über das Netz erteilt werden (§ 12).

- Der Datenschutz der Bürgerinnen und Bürger
bleibt durch entsprechende gesetzlich definierte
Rahmenbedingungen auch beim Outsourcing von
Verwaltungsdienstleistungen gewahrt (§§ 3, 17).

Alles in allem hat der Landtag über die Parteigrenzen
hinweg mit dem neuen Landesdatenschutzgesetz Maßstäbe
gesetzt. Es weicht den Datenschutz der Bürgerinnen und
Bürger nicht auf, sondern verbessert ihn im Gegenteil
dort, wo neue technische Entwicklungen dies nahelegen.
Auf der anderen Seite wurde der Gefahr der Verkrustung
und zunehmenden Verrechtlichung des Datenschutzes
entgegengewirkt. Datenschutz durch Technik und neue
Ideen für effektiven Datenschutz haben künftig in
Schleswig-Holstein eine solide gesetzliche Grundlage.

Mit dem am gleichen Tag auf Initiative des SSW
verabschiedeten Informationsfreiheitsgesetz hat der
Landtag einen weiteren wichtigen Baustein einer
modernen Informationsrechtsgesetzgebung geschaffen.
Schleswig-Holstein findet damit Anschluß an die
europäische Rechtsentwicklung und wird zugleich seiner
Brückenkopffunktion in den skandinavischen Raum
gerecht, in dem Informationszugangsrechte seit langem
zum festen Bestandteil der Bürgerrechte gehören.
Datenschutz und Informationszugang bilden keinen
Gegensatz, sondern sind vielmehr auf dem gleichen Holz
gewachsen. Beiden liegt die Vorstellung der
aufgeklärten Bürgergesellschaft zugrunde.

Nach dem neuen Gesetz haben alle Bürgerinnen und Bürger
grundsätzlich Zugang zu allen Verwaltungsinformationen,
ohne daß es einer besonderen Begründung oder eines
persönlichen Betroffenseins bedürfte. Das Gesetz trägt
dem Schutz entgegenstehender Rechte, insbesondere von
Datenschutzrechten Dritter, in sorgsamen
Abwägungsklauseln Rechnung.

Das neue Informationszugangsgesetz wird für die
Verwaltungsbehörden in Schleswig-Holstein gravierende
Veränderungen bringen. In der deutschen Rechtstradition
ist die prinzipielle Transparenz des
Verwaltungshandelns ein Novum. Damit die Verwaltung den
Informationszugangswünschen gerecht werden kann, sehen
sowohl das neue Landesdatenschutzgesetz (§ 11) als auch
das Informationsfreiheitsgesetz (§ 15) vor, daß die
Datenbestände, insbesondere in Akten, nach Möglichkeit
von vornherein so zu organisieren sind, daß die
Trennung der Daten nach unterschiedlichen Zwecken und
unterschiedlichen Betroffenen leicht möglich ist.

Der Landtag hat in dem neuen Gesetz vorgesehen, daß
sich Bürgerinnen und Bürger bei Streitigkeiten über das
Informationszugangsrecht an das neue Unabhängige
Landeszentrum für Datenschutz wenden können. Es hat
überdies auch in bezug auf
das Informationszugangsrecht seine neuen Aufgaben der
Beratung, Fortbildung und Serviceerbringung. Auf diesem
Weg soll vermieden werden, daß die Gerichte mit
Prozessen über das Informationszugangsrecht überhäuft
werden.

Den Volltext des neuen Landesdatenschutzgesetzes und
des Informationsfreiheitsgesetzes finden Sie auf
unserer Homepage unter:

http://www.schleswig-holstein.datenschutz.de

--
c/o Landesbeauftragter für den Datenschutz
Schleswig-Holstein Düsternbrooker Weg 82, D-24105 Kiel,
E-Mail: LDSH@netzservice.de Homepage:
http://www.schleswig-holstein.datenschutz.de PGP Key
(2048 Bit RSA) von unserer Homepage abrufbar
Fingerprint: 042D 0B0E 6D4F F4D3 FB5D 1B6A 318C B401

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