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TP: Nationales Internet



http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/5833/1.html
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Nationales Internet

Patrick Goltzsch   24.02.2000 

Die deutsche Musikindustrie will mit einem nationalen System zum Schutz
von Urheberrechten starten, das aber allgemein zur Blockierung
grenzübergreifender Kommunikation eingesetzt werden könnte 

Der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft - Deutsche
Landesgruppe der IFPI - verfolgt radikale Pläne, dem Urheberrecht im
Internet Geltung zu verschaffen. Von den technischen Mitteln verspricht
man sich, nationale Grenzen und damit nationales Recht im Internet
durchsetzen zu können. 


Bereits im September  berichtete Telepolis über ein System der
Phono-Industrie namens »Rights Protection System« (RPS). Anlässlich
einer im Februar vom Bundeskriminalamt veranstalteten  Tagung betonte
der Justitiar des Verbandes die Pflicht der Provider, das System
einzusetzen, wenn dies »technisch möglich und zumutbar« sei. 

Die bislang fehlenden Hinweise auf den technischen Hintergrund und die
damit verbundenen Vorstellungen liefert ein  Vortrag, den Nils Bortloff,
Rechtsberater der IFPI, bei einem Treffen der World Intellectual
Property Organisation (WIPO) im Dezember hielt. 


 RPS is able to analyse the data transmission and to prevent the access 
of specified URL's leading to illegally posted music files (but also to 
other content). 

 It is a national protection system and enables the enforcement of 
 national law on the Internet. Its aim is to prevent damage through 
 Internet misuse in national territories, to protect copyright holders 
 and stop piracy. The system can be used for multiple uses such
 as copyright infringement, distribution of products which are illegal 
 under national law (e.g. pharmaceuticals, illegal drugs, arms), 
 enforcement and control of the importing of digital goods in a legal 
 manner in connection with state tax laws and for prevention of 
 acquiring material off the Internet which is illegal under national law 
 (e.g. pornography, hate material).

 The system follows the model of "on-border-seizure" which monitors 
 border (data) traffic and provides protections against contents to be 
 illegally "imported". 


Kurz gefasst basiert das System auf einer Negativliste von URLs, die auf
illegale Musikdateien verweisen. Sie soll bei den Providern unmittelbar
vor jenen Routern zum Einsatz kommen, die über eine Verbindung ins
Ausland verfügen. RPS fischt aus jeder neuen Abfrage die URL und gleicht
sie mit der Liste ab. Findet sich die angeforderte URL in der
Negativliste, wird der Zugriff aus Deutschland verweigert. Die Liste
soll stündlich auf dem laufenden gehalten und nach Möglichkeit von
offizieller staatlicher Seite, etwa den Zollbehörden, betreut werden. 

Zwar wird das System von der Musikindustrie, vom Bundesverband selbst
und dem Tochterunternehmen  PhonoNet, entwickelt, dessen Möglichkeiten
pries Bortloff jedoch auch für andere Einsatzgebiete an. Als nationales
Schutzsystem helfe es, das nationale Recht im Internet umzusetzen. Es
eigne sich nicht nur für den Schutz des Urheberrechts, sondern könne
auch gegen den Vertrieb illegaler Produkte oder rechtswidrigen Materials
eingesetzt werden. Nach Angaben des Bundesverbandes haben denn auch
bereits das Justiz-, Finanz- und Wirtschaftsministerium Interesse
bekundet.

Dietmar Schlumbohm, vom Referat für Technologie beim Bundesverband,
kennt die Einwände gegen das System. Gegen verschlüsselte Verbindungen,
die Nutzung von Zugängen im Ausland oder den Vertrieb per E-Mail sei RPS
nicht gefeit, "aber hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht". 

In rechtlicher Hinsicht stützt sich der Bundesverband auf das
Teledienstegesetz, wonach Provider für fremde Inhalte verantwortlich
sind, wenn sie von ihnen Kenntnis haben und die Nutzung verhindern
können. Die technische Seite soll ein unabhängiges Gutachten bis
zum Sommer dieses Jahres klären und damit die Behauptung der Provider
entkräften, es gäbe für dieses Problem keine Lösung. Dann sollen auch
Einzelheiten zu RPS zu erfahren sein. 

In der Zwischenzeit arbeitet PhonoNet mit der Berliner TCP/IP GmbH
zusammen. Dort laufe ein Test im kleineren Rahmen. Der Bundesverband
bemühe sich derzeit auch um Gespräche mit anderen Providern, denn, so
Schlumbohm, man sei sich des schweren Eingriffs in die "Kultur des
Netzes" bewusst.
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