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[FYI] Haben die Regierungen das Vertrauen der Internet-User verloren?
- To: debate@fitug.de
- Subject: [FYI] Haben die Regierungen das Vertrauen der Internet-User verloren?
- From: "Axel H Horns" <horns@t-online.de>
- Date: Wed, 22 Mar 2000 23:12:00 +0100
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Haben die Regierungen das Vertrauen der Internet-User verloren?
Armin Medosch 22.03.2000
Konferenz über britisches Überwachungsgesetz macht tiefe Gräben
sichtbar.
Der britische Parlamentarier und Minister im Home Office
(Innenministerium) Alan Clark verstand nicht, warum das Publikum
lachte, als er davon sprach, dass es bei dem neuen Überwachungsgesetz
darum gehen würde, den Strafverfolgern geeignete Mittel für die
Verfolgung von Kinderpornoringen, organisiertem Verbrechen und
Terroristen in die Hand zu geben. Das Publikum wusste aber sehr wohl,
warum es lachte. Und es setzte sich allem Anschein nach nicht aus
Anarchisten zusammen, sondern bestand aus Rechtsanwälten, IT-
Experten, Geschäftsleuten und Journalisten. "Scrambling for Safety"
an der London School of Economics offenbarte die tiefen Gräben,
welche Info-Elite aber auch normale Netznutzer von
Innenministeriumsbeamten und -politikern trennen.
[...]
Was die britischen Verhandlungen für Deutschland so relevant macht,
ist, dass sich der Minister explizit auf Gespräche der Innenminister
im G8-Kreis bezog. Alan Clark lobte sich im Parlament öffentlich
dafür, dass Großbritannien das erste Land ist, das im Begriff ist,
eine derartige Gesetzgebung zu verabschieden. Doch er kann darauf
vertrauen, dass Janet Reno und Otto Schily ähnliche Pläne verfolgen.
Die unter dem Codenamen ENFOPOL bekanntgewordenen Überwachungspläne
sind in den Köpfen der Innenminister der westlichen Führungsnationen
wach und lebendig.
Doch zugleich machte "Scrambling for Safety" auch sichtbar, dass
Widerstand nicht zwecklos ist. Die Regierung braucht, um die RIP-Bill
durchzubringen, die Unterstützung der Wirtschaft aber auch des
juristischen Sektors. New Labour kann es sich nicht leisten, dass
britische E-Commerce-Unternehmen ihre Server auf den Bermudas und
British-Aguilla stationieren, was unter heutigen technologischen
Bedingungen keine unüberwindlichen Barrieren aufwirft. Und das Land
kann sich auch keine Flut von Gerichtsverfahren leisten. So legte
etwa der Anwalt Tim Eicke in seiner Analyse des die Kryptographie
betreffenden Paragraphen dar, dass jeder Betroffene damit vor den
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg gehen kann,
weil das Recht auf die "Unschuldsvermutung" von diesen Abschnitten
verletzt wird. Da potentiell jeder betroffen ist, auch ohne bereits
in den "Genuss" einer "Entschlüsselungsanordnung" gekommen zu sein,
hätten Cyberrights-Aktivisten hier ein leichtes Ziel, sollte das
Gesetz tatsächlich in derzeitiger Form verabschiedet werden.
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