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Re: [wau@trend.jena.thur.de: SMUDO schweigt



On Mon, Apr 03, 2000 at 02:02:15PM +0200, Michael B. Schmidt (Smudo) wrote:
> Hi,
> 
> die mail von dir ist ziemlich umfangreich und leider auch etwas schwer
> durchschaubar - ich gehe jetzt mal stueck fuer stueck durch und gehe auf
> verschiedene statements ein -

Herzlichen Dank dafuer.

Ich versuche es kurz zu machen.

...
> ich verstehe nicht, was die gema und die freibank mit der diskussion zu tun
> haben - diese beiden firmen bzw. vereine sind verteilerfirmen fuer
> urheberrechtsgelder - die freibank ist zudem ein verlag - ich weiss selbst

Es ging mir um die Machtrolle der GEMA und die Klarstellung, dass sie
nicht befugt ist, Pauschalaussagen zu treffen. Wenn Klaus Maeck bei
"Copykillsmusic" mitmacht, ist das ein Grund fuer mich, ihn mir beim
naechsten Hamburg-Besuch mal vorzuknoepfen ;-)
Das ist um den 10.Mai, weil ich da zu einem Vortrag zu der
Museumsausstellung "Streng geheim" zur Geschichte der
Verschluesselungstechnik geladen bin.


...
>>(Zeile weg, war etwa): Ihr habt
> Zensurbestrebungen Vorschub geleistet. Zum RPS-System gibts
> ne Presseerklaerung von http://www.fitug.de (da bin ich auch
> aktiv).
> 
> den zensurvorwurf halte ich fuer voellig ueberzogen und verstehe ich offen
> gestanden auch nicht - es draengt sich mir der verdacht auf, dass der blick
> auf die kampagne vernebelt ist, weil sie den eindruck erweckt,
> ausschliesslich von der industrie gelauncht worden zu sein - ich finde aber,

Wer bei der Steinigung angefangen hat, ist egal, wenn das Opfer
tot ist. Hier geht es IMO darum, dass die IFPI die Geldmacht hat,
um (ohne zu begreifen, was sie tut) mit dem RPS, dem Right Protection
System, im "deutschen" Internet chinesische Zensurverhaeltnisse zu
schaffen. Eine Art Terror-Regime aus Versehen.
Auch wenn es aufgrund der Internationalitaet des Internet garnicht
funktionieren kann: es gibt gerade in der Politik allzuviele Deppen,
die man mit Geld auch ohne schwarze Kassen sowas glauben machen kann.

> man muss sich einfach nur interessiert und vorurteilslos den fakten naehern.

Genau darum geht es mir. Aber bitte beruecksichtige dabei auch die
gesellschaftlichen Machtverhaeltnisse.

> ich will hier nicht ins detail gehen; in groben worten sei gesagt: jedem
> autor steht es vollkommen frei wie er seine urheberrechte verwertet sehen
> moechte - rechteverwerter sind entstanden weil es einen markt an autoren
> gibt, die sich nicht selbst um die auswertung ihrer rechte kuemmern wollen -

Das ist gut. Aber bei RPS wird eine Art globale Hausdurchsuchung von
Bits veranstaltet samt Sperrung der Bits - und das tendiert in Richtung
Diktatur-Kontrolle.

...
> autoren - wenn eine cd frei kopiert wird, dann wird fuer die entsprechende
> kopie weder ein beitrag fuer das leistungsschutzrecht noch fuer das
> urheberrecht an den autor und/oder musiker bezahlt. das ist meines erachtens
> nicht im sinne des musikers und/oder autors. wenn die rechteverwerter also

Du verschweigst, dass es fuer freie Kopien Rechtsgrundlagen gibt.
Das ist schlecht.

Im Kontext von RPS billigst Du durch dieses Verschweigen tendenziell
Zensur. Siehe Presseerklaerung bei http://www.fitug.de dazu.

...
> desweiteren sagst du, dass ich urheber- und verlagsrecht undifferenziert
> betrachte - ich weiss sehr genau was das alles bedeutet, kann das aber vor
> einem laienpublikum wie in der newsgroup nicht 100%korrekt darstellen, da

Die Unterstellung, in Newsgroups waere ein Laienpublikum, ist letztlich
auch eine Beleidigung der Anti-Atom-Bewegung.
Denn dort haben Laien den Fachleuten deren Luegen um die Ohren gehauen.
Grundsaetzlich gilt: die Fuerdummerachtung des Publikums ist dumm.

...
> >>Insofern ist Deine (*) Unterstellung, Brennerbesitzer waeren alle
> Raubkopierer, eine pauschalisierende Unverschaemtheit gegenueber
> Nachwuchsbands wie die von den Kids hier.
> 
> ich habe keine ahnung wer das behauptet - ich sicher nicht und auch die

Du tust das durch Deine Verkuerzungen.

...
> prinzip jeder weiss, dass das kopieren einer vhs oder einer software
> grundsaetzlich nicht legal ist - die installation dieser kleinen moralischen

Das ist sachlich falsch verkuerzt.
Es gibt hinreichend erlaubte Kopien.

Ich bemuehe mich um GNU GPL, denn das Wissen der Welt ist frei.
a Quadrat plus b Quadrat gleich c Quadrat im rechtwinkligen Dreieck:
demnext (c) bei sonstwem? Nein danke.

Von musikalischen Klassikern hast Du nix gelernt, Du hast das
Rad wohl neu erfunden. Respekt vor der Geschichte gehoert dazu.

> hemmschwelle beim konsumenten hat die musikindustrie leider vernachlaessigt

Das ist angesichts der historisch bekannten Versuche der Musikindustrie
eine ungeschickte nachweislich falsche Behauptung.

...
> urheberrechtliches eigentum nicht gratis ist und natuerlich entstehen
> aufgrund der nicht-greifbarkeit der ware information immer wieder

Information ist nicht zwangslaeufig "Ware".

> grauzonen - in weiterer hinsicht steht im mittelpunkt meines interesses der
> wunsch, dem konsumenten den wert der musik als urhberechtlichen eigentum
> bzw. arbeit gewahr zu machen - der kampagne steht der verband der

Die Arbeit des Urhebers ist wichtig.
Bei Entwicklern nicht nur von software heisst es:
Dem ersten der Tod, dem zweiten die Not, dem dritten das Brot.
Auch Du profitierst als Musikern von den in Not gestorbenen.

...
> jetzt zu der geforwardeten mail des herren der mich auf der pk von
> copykillsmusic ansprach
> 
> >>Ich muß etwas ausholen.
> Was ist Musik? Eigentlich eine Kommunikationsform.
> Warum bilden sich Bands? Um zu musizieren, denke ich mal, wg. den
> Mädels, wg. den Kumpels. Nur wenigen wird von Anfang an ein langer oder
> kurzer Marsch durch die Industrie-Institiutionen vorschweben. Wenn man
> den Weg allerdings so konsequent geht wie ihr, kann es vorkommen, daß
> man irgendwann irrtümlich Musik und Musikkonserve (=Produkt)
> gleichsetzt.
> Und dann kommen solch schlimmen Sprüche der Werbeagenturen wie ëBrenner
> verursachen Krebsí, ëDas Ende vom Liedí, und ëSchulhofpiraterieí dabei
> raus.
> Immer druff auf die Kleinen!
> 
> hier moechte ich nicht weiter darauf eingehen, da mich die sozialromantische
> polemik bzw wildromantik anwidert - so etwas hoert man ausschliesslich von

"ausschliesslich" ist hier amuesant.

> leuten die *keine* musiker sind. fick das imperialistische schweinesystem
> und alle macht den erfolglosen uswusw - das ist nicht sachlich und beileibe
> wird es der ambivalenz dieses themas nicht gerecht -

Hier habe ich mich vo Lachen weggeschmissen, weil Du Werner Pieper
durch eine Brille mit schwarzen Pappglaesern zu betrachten scheinst.

> ich koennte, aber ich werde nicht, jetzt einen vortrag darueber halten dass
> musik als hobby und als spass und als kommunikationsform selbstverstaendlich
> *nicht* ausschliesst, dass man musikalische inhalte sehr wohl stehlen kann
> und ich werde mich auch nicht darueber ereifern, dass man innerhalb dieser
> diskussion das wort "produkt" grundsaetzlich rethorisch missbraucht und es
> nicht zulaesst, dass man so etwas ideeles und heeres wie "Musik" (hier darf

"Heeres"

> man sich bluemchen um die worte denken) und "Produkt" (hier bitte
> usa-flaggen, dollarzeichen und waffensymbole dazudenken) in einem satz nennt
> und dabei leider vollkommen vergisst, dass es auch so etwas wie tatsachen

Eine demnext erscheinende CD von Werner Pieper enthaelt u.a. Kriegslieder
der Amis gegen die Faschisten unter dem Titel - frei uebersetzt -
Lobe den Herrn und reich mir die Munition rueber.
So branchenfremd ist der Herr nicht.

> gibt. der geforwardete brief scheint mir manchmal, als stamme er aus der
> feder von einem kleinen jungen, der glaubt, dass derjenige der in die
> trillerpfeife blaest auch dafuer verantwortlich ist, dass der zug vom
> bahnsteig rollt. das man auch die intention der gesamten kampagne in frage

Ich war vielleicht zehn Jahre alt, als mir ein Onkel beim Verwandtenbesuch
in Schmalkalden eine Trillerpfeife schenkte und ich am Bahnhof pfiff.
Der Zug fuhr an, als eine Frau mit Kinderwagen noch am Einsteigen war
und mein Onkel bekam furchtbar geschimpft, dass er mir dieses Ding
geschenkt hat. So gesehen hast Du nur teilweise recht ;-)
Achja: passiert ist zum Glueck nix, ausser Aufgeregtheiten aller Art.

...
> ich kann mich im uebrigen nicht erinnern diese mail erhalten zu haben - der
> autor schreibt, ich haette nicht geantwortet, kann mir ehrlich gesagt aber
> kaum vorstellen, dass ich eine derartige mail unkommentiert geloescht haette

Er hat Dir per Sackpost geschrieben.
Und wenn da Dein Filtersystem Mist baut, ist das eben Pech.
Ich weiss von Europaabgeordneten, die taeglich Briefe wegwerfen
ohne sie zu oeffnen. Ich weiss, dass das nicht trivial ist, wenn
Post als Meterware (gestapelt) eintrifft.

> so - an dieser stelle sei der diskurs eroeffent, sehr geehrter herr
> holland - vor dir habe ich im uebrigen allergroessten respekt -
> selbstverstaendlich sind mir als computerfreak der 80er von z80 bis win2000
> deine taten bekannt - ich wuensche, dass wir hier ernst und mit

OK, ich akzeptiere das als ernst und keine Bauchpinselei.

Nur ist die Hackerbibel 1 und 2 bei obigem Herrn Werner Pieper
erschienen, der mich ueberhaupt erst auf die US-Hacker gebracht
hat - insofern gebuehrt ihm mein Respekt noch mehr als KD Wolff
vom Verlag Roter Stern, der mich u.a. mit Hans Magnus Enzensbergers
"Versuch einer neuen Medientheorie" so ca. 1972 antriggerte ;-)

> gegenseitigem respekt an fakten orientiert disktuieren in der hoffnung, dass
> wir beide was daraus lernen - zu meiner person - ich bin 32 und mache seit
...

ACK.
Ich hoffe, Publikum von debate@fitug.de ist ok.
Dann haben auch Dritte etwas davon.

Herzlichen Dank fuer Deine Antwort.
Ich bin im Vergleich zu Dir nur "ein kleines Wuerstchen".
Die Hackerbibel mit einer Auflage im unteren fuenfstelligen
Stueckzahlbereich erschien bei Werner Pieper und ist im
Vergleich zu einer einzigen CD von euch eine Lappalie.

Und bitte: nimm Werner Pieper ernst.
Sein Copyrightbuch ist eines der wichtigsten Buecher IMO.

Achja: http://learn.to/quote/ gibt Hinweise fuer die Nutzung
von e-Kommunikation, die es allen leichter macht.

wau

-- 
"Big Brother" ist eine Mischung aus
Aquarium und schlechtem Computerspiel.

(R.Appelfeller in Leserumfrage Ostthuer. Zeitung in Gera, 3.3.2000)