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Re: [FYI] OLG München: Keine Haftung für Netzinhalt



On 15 Apr 00, at 10:37, Sierk Hamann wrote:

> Das Netz war schneller: CD Bench
> 
> http://www.afs-rechtsanwaelte.de/
> 
> Hamann

Daraus:

http://www.afs-rechtsanwaelte.de/urteile78.htm

------------------------------ CUT -------------------------------

[...]

Die Verfügungsbeklagte (künftig: Beklagte) ist mit den anderen 
deutschen Hochschulen über das Wissenschaftsnetz WiN verbunden, ein 
eigenes Datennetz, welches seinerseits Übergänge zum europäischen und 
US-amerikanischen Internet hat. Über das WiN bezieht die Beklagte im 
Wege der sog. Spiegelung die Daten für den von ihr betriebenen FTP 
(File Transfer Protokoll)-Server. Über diesen Universitäts-Server 
bietet die Beklagte unentgeltlich u.a. den Zugang zu sog. Software-
Archiven verschiedener Provider zur Nutzung für Forschung und Lehre 
im Internet an. Bei den Software-Archiven handelt es sich um 
Sammlungen freier Software (sog. freeware), welche im allgemeinen 
unentgeltlich genutzt, also auch heruntergeladen (download), werden 
kann. Sollte ein Entgelt fällig werden, so ist dieses unmittelbar vom 
Nutzer an den Software-Autor zu entrichten. Insgesamt werden auf dem 
Server der Beklagten zur Zeit sieben Software-Archive mit mehr als 40 
Software-Paketen gespiegelt. U.a. bietet die Beklagte das sog. Simtel-
Archiv, ein Software-Archiv des US-amerikanischen Providers Simtel, 
mit ca. 20.000 Software-Paketen an, welche ihrerseits in verpackter 
Form, d.h. als sog. Archiv-Dateien vorliegen. Vorliegend 
streitgegenständlich ist eine solche Datei mit dem Namen ,,pn cdb2l 
.zip". Öffnet man diese Datei, erhält man eine Beschreibung des 
Inhalts der Datei, in welcher u.a. die Dateien ,,cdbench.exe" und 
,,cdbench.txt" aufgeführt sind (AS 2). Ruft man die zuletzt genannten 
Dateien auf, so erscheint auf dem Bildschirm die Bezeichnung "CD-
BENCH v 2.1-Freeware by Pino Navato" (AS 7). Hinsichtlich des Inhalts 
der Homepage des Software-Autors Pino Navato wird auf die AnI. B 2 
Bezug genommen. Eine Zugangsbeschränkung gibt es für den Universitäts-
Server nicht.  

[...]

Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ist ergänzend auf 
folgende Gesichtspunkte hinzuweisen:  

1. Der Klägerin stehen die von ihr auf der Grundlage der für sie 
eingetragenen Wortmarke "CDBench" gegen die Beklagte geltend 
gemachten Ansprüche gemäß § 14 Abs. 2 Nr.2 MarkenG nicht. zu, weil 
sich die Beklagte einerseits mit Erfolg auf § 23 Nr.2 MarkenG berufen 
kann, wovon auch das Landgericht ausgegangen ist, und andererseits 
nach Auffassung des Senats eine Verantwortlichkeit der Beklagten 
gemäß § 5 Abs. 2 Teledienstegesetz (TDG) nicht gegeben ist.  

1.1. Zu Recht geht allerdings die Klägerin davon aus, daß das Angebot 
der Beklagten, über ihren Universitäts-Server im Internet u.a. 
Sammlungen freier Software zu nutzen, auch dann als Handeln im 
geschäftlichen Verkehr gemäß § 14 Abs. 2 MarkenG anzusehen ist, wenn 
diese Zugangsvermittlung unentgeltlich und bestimmungsgemäß zu 
wissenschaftlichen Zwecken erfolgt. Denn insoweit ist auch nach 
Auffassung des Senats ausschlaggebend, daß eine Zugangsbeschränkung, 
etwa im Sinne eines geschlossenen Benutzerkreises, nicht existiert, 
so daß sich das Angebot der Beklagten faktisch an jedermann richtet.  

Weiterhin ist der Klägerin zuzugeben, daß es auf die im einzelnen 
streitige Benutzung der für Hardware eingetragenen Wortmarke 
"CDBench" seitens der Klägerin innerhalb der sog. 
Benutzungsschonfrist, § 25 MarkenG, nicht ankommt.  

1.2. Der Senat ist aber mit dem Landgericht der Auffassung, daß die 
Beklagte hinreichend glaubhaft gemacht hat, daß die Bezeichnung 
"CDBench" von den angesprochenen Verkehrskreisen als eine 
beschreibende Angabe verstanden wird. Der Auffassung der Klägerin, 
daß zwar die Begriffe "CD", "Bench" und "Benchmark" jeweils 
beschreibend seien, jedoch die Bezeichnung "CDBench" eine 
sprachregelwidrige Wortneubildung sei, vermag sich der Senat nicht 
anzuschließen. Denn hierbei ist die Klägerin von allgemeinen 
Wortbedeutungen ausgegangen und hat die Auffassung der angesprochenen 
Verkehrskreise, das sind im weiteren Sinne PC-Anwender im Internet, 
außer Acht gelassen. Hiernach kann schon nicht davon ausgegangen 
werden, daß ein nicht ganz unerheblicher Teil der interessierten 
Verkehrskreise den Gebrauch der Bezeichnung "CDBench" als Hinweis auf 
die betriebliche Herkunft auffaßt.  

Auf die Frage, ob hieraus auch folgt, daß die Kennzeichnungskraft der 
Marke der Klägerin ,,praktisch auf null reduziert" ist oder - im 
Hinblick auf die bindende und im Verletzungsfall zu beachtende 
Eintragungsentscheidung des Bundespatentamts - ein, wenn auch nur 
abgeschwächter, das Normalmaß unterschreitender Grad an 
Unterscheidungskraft festzustellen ist, kam es vorliegend nicht an. 
Denn die Beklagte kann sich, wovon das Landgericht zu Recht 
ausgegangen ist, vorliegend mit Erfolg auf § 23 Nr.2 MarkenG berufen. 
Den diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts schließt sich der 
Senat an.  

1.3. Im übrigen ist der Senat zu der Auffassung gelangt, daß sich die 
Beklagte auch mit Erfolg auf § 5 Abs. 2 TDG berufen kann. [...]

Maßgeblich für die Frage der Verantwortlichkeit der Beklagten für die 
von ihr angebotenen Inhalte ist § 5 TDG, der eine Sonderregel für 
alle öffentlich-rechtlichen und privat-rechtlichen Haftungsfragen 
hinsichtlich der über die Informations- und Kommunikationsdienste 
bereitgestellten Inhalte darstellt. Hiernach sind Anbieter sowohl für 
ihre eigenen Inhalte verantwortlich, wie auch für Inhalte Dritte, 
sofern sie sich diese zu eigen machen, § 5 Abs. 1 TDG, während sie 
für fremde, nicht zu eigen gemachte Inhalte Dritter gemäß § 5 Abs. 2 
TDG nur dann verantwortlich sind, wenn sie diese unter positiver 
Kenntnis, also wenigstens mit bedingtem Vorsatz, bereithalten und 
ihnen die Nutzungsverhinderung technisch möglich und zumutbar ist.  

Hieraus folgt zunächst, daß die Auffassung der Klägerin, ein "fremdes 
Angebot" im Sinne von § 5 Abs. 2 TDG liege nur vor, wenn die Beklagte 
auf das von ihr bereitgestellte Angebot keinerlei 
Einwirkungsmöglichkeit  hat, so nicht zutreffend ist. Dementsprechend 
ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - der Umstand, daß die 
Beklagte zur Zeit sieben Software-Archive mit mehr als 40.000 
Software-Paketen zur Nutzung anbietet, nicht geeignet, eine generelle 
Verantwortlichkeit der Beklagten zu begründen, denn dieser Umstand 
taugt zur maßgeblichen Abgrenzung der eigenen von fremden Inhalten 
nicht.  

Nach Auffassung des Senats sind als ,,eigene" Inhalte vielmehr sowohl 
die selbst hergestellten als auch die zu eigen gemachten Inhalte 
Dritter anzusehen. Beide Voraussetzungen liegen nach dem unstreitigen 
Sachvortrag der Parteien nicht vor. Soweit die Beklagte, wie 
vorliegend, lediglich den Zugang zu fremden Inhalten herstellt, ohne 
auf diese Inhalte Einfluß nehmen zu können, ist sie sogar gemäß § 5 
Abs. 3 TDG von jedweder Verantwortlichkeit für diese Drittinhalte 
freigestellt. In jedem Fall kann gemäß § 5 Abs. 2, Abs. 4 TDG eine 
Unterlassung im Sinne einer Sperrung der Nutzung etwaiger 
rechtswidriger Inhalte nur verlangt werden, wenn diese Sperrung 
technisch möglich und zumutbar ist.  

Die Frage, was technisch möglich ist, ist zwischen den Parteien 
heftig umstritten. Unstreitig ist in diesem Zusammenhang lediglich, 
daß eine definitive Löschung der streitgegenständlichen Datei nur auf 
dem Quell-Server des US-amerikanischen Providers Simtel möglich ist 
und anderenfalls bei jeder sog. Spiegelung, die nach Angaben der 
Beklagten täglich erfolgt, die streitgegenständliche Datei einzeln 
herausgefiltert werden muß. Dies überschreitet nach Auffassung des 
Senats die Grenze der Zumutbarkeit. Hierbei ist der Senat davon 
ausgegangen, daß der Diensteanbieter nicht jeden nur denkbaren 
Aufwand betreiben muß, um- die Nutzung rechtswidriger Inhalte zu 
vermeiden, sondern die Bedeutung des Einzelfalls und der 
erforderliche technische und wirtschaftliche Aufwand sowie die 
Auswirkungen. auf andere Teile des Dienstes und andere Nutzer im 
Verhältnis zueinander gesehen werden müssen. Hiernach sind Maßnahmen 
zur Verhinderung des Zugriffs auf fremde Inhalte dann als unzumutbar 
anzusehen, wenn sie, wie vorliegend, einen erheblichen Aufwand 
erfordern, ihre Wirksamkeit jedoch durch einen Zugriff auf 
entsprechende lnformationsangebote über andere Netzverbindungen mit 
einem vergleichsweise geringen Aufwand umgangen werden kann.  

2. Auch soweit sich die Klägerin auf ihr zustehende Titelschutzrechte 
beruft, steht ihr der gemäß § § 5 Abs. 1, Abs. 3, 15 Abs. 2 MarkenG 
geltend gemachte Unterlassungsanspruch im Hinblick auf § 5 TDG nicht 
zu. In diesem Zusammenhang besteht Veranlassung darauf hinzuweisen, 
daß die Bezeichnung, unter der ein Computerprogramm in den Handel 
kommt, grundsätzlich dem Werktitelschutz nach § § 5 Abs. 1, Abs. 3, 
15 MarkenG zugänglich ist, denn bei Computerprogrammen handelt es 
sich um Werke, bei deren Bezeichnung -neben dem Markenschutz für den 
Datenträger als Ware - ein Titelschutz für das im Programm liegende 
immaterielle Arbeitsergebnis in Betracht kommt. Auf die Frage, ob der 
Bezeichnung "CDBench" von Haus aus Unterscheidungskraft zukommt und 
ob an die Unterscheidungskraft nur ähnlich geringe Anforderungen zu 
stellen sind, wie bei Zeitungs- oder Zeitschriftentiteln, kam es 
vorliegend nicht an, zumal die Klägerin eine Benutzung der 
Bezeichnung ,,CDBench" in Alleinstellung nicht ausreichend glaubhaft 
gemacht hat. Die äußerst allgemein gehaltene eidesstattliche 
Versicherung des Geschäftsführers der Klägerin vom 28.7.1999 (AS 3) 
genügt hierfür nicht, zumal sie im Widerspruch zum sonstigen Vortrag 
der Klagerin und insbesondere zu den von der Klägerin vorgelegten 
Bildschirmausdrucken (AS 11, BK 5) und CDs (AS 1 S.1 und BK 2) steht. 
Hiernach ist allenfalls die Benutzung der Bezeichnung "CDBench Pro" 
bzw. "CDBench Pro Win DEMO" als glaubhaft gemacht anzusehen. Auch in 
diesem Zusammenhang ist allerdings eine Verantwortlichkeit der 
Beklagten gemäß § 5 TDG aus den oben unter Ziff. 1.3 dargelegten 
Gründen im Ergebnis nicht gegeben.  

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Das OLG Muenchen *wollte* sich hier offensichtlich zum TDG aeussern, 
denn sonst haetten sie es einfach beim Hinweis auf § 14 Abs. 2 Nr.2 
MarkenG belassen koennen, um noch anzumerken, es "koenne 
dahingestellt bleiben", ob Haftungspriviligierung nach § 5 TDG 
greift. Beachtlich, dass selbst fuer Mirroring keine Haftung 
angenommen wurde ...

"Hiernach sind Maßnahmen zur Verhinderung des Zugriffs auf fremde 
Inhalte dann als unzumutbar anzusehen, wenn sie, wie vorliegend, 
einen erheblichen Aufwand erfordern, ihre Wirksamkeit jedoch durch 
einen Zugriff auf entsprechende lnformationsangebote über andere 
Netzverbindungen mit einem vergleichsweise geringen Aufwand umgangen 
werden kann." -- Das wird die IFPI gar nicht erfreuen, denn auch bei 
RPS gibt es zahlreiche Umgehungsmoeglichkeiten.

--AHH