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[Fwd: Presseerklaerung zum Datenzugriff bei Krankenkassen]




-------- Original Message --------
Betreff: Presseerklaerung zum Datenzugriff bei Krankenkassen
Datum: Wed, 19 Apr 00 13:15:39 -0400
Von: Joachim Lippke <jl@gpi.uni-kiel.de>
Rückantwort: jl@gpi.uni-kiel.de
An: buergernetz@ml.deceiver.org

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The following message is forwarded to you by Joachim
Lippke 
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Presseerklärung der Landesbeauftragten für den
Datenschutz 
		
						         Kiel, den 19.04.00

Datenschutzbeauftragte zum Datenzugriff bei
Krankenkassen:  Sozialgeheimnis darf nicht zur Farce
werden!

Viele Krankenkassen sind trotz langjähriger Forderungen
der Datenschutzbeauftragten bis heute nicht bereit,
ihre Datenverarbeitung so zu organisieren, dass
grundsätzlich nur die zuständige Geschäftsstelle Zugang
zu den Gesundheitsdaten der Versicherten hat. Nun hat
auch der Bundesverband der Allgemeinen
Ortskrankenkassen (AOK) entschieden, dass ein Zugriff
auf Versichertendaten in jedem Fall von jeder
Geschäftsstelle möglich sein muss. Damit ist es für die
AOK-Gemeinschaft nur noch ein kurzer Schritt bis zur
Praxis einiger anderer Krankenkassen, die allen
Geschäftsstellen sogar bundesweit den Zugriff auf Daten
aller Mitglieder gestatten. 

Diese Haltung der Krankenkassen befremdet sehr, da im
Vorfeld der Gesundheitsreform 2000 über eine
datenschutzgerechte Regelung bereits Konsens bestanden
hatte. In den letzten Jahren haben sich die kleinen
regionalen Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) zu
großen Landesverbänden zusammengeschlossen. Zugleich
wurde eine Datenverarbeitung eingerichtet, die es
Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern einer Kasse
ermöglicht, landesweit undifferenziert auf die Daten
sämtlicher Mitglieder zuzugreifen, auch wenn die
Versicherten nicht im eigenen örtlichen
Zuständigkeitsbereich wohnen. 

Damit droht der Sozialdatenschutz für
Krankenkassenmitglieder zur Farce zu werden. Die
kassenweite Zugriffsmöglichkeit eröffnet dem Missbrauch
von Sozialdaten Tür und Tor, denn es ist nicht
auszuschließen, dass auf sie für fremde oder gar
private Zwecke zugegriffen wird. Die dem
Sozialgeheimnis unterliegenden Daten können ungehindert
abgezogen und zweckwidrig verwendet werden. Der
AOK-Bundesverband ist nicht bereit, die Versicherten
selbst entscheiden zu lassen, welche Geschäftsstellen
auf die Daten zugreifen dürfen und damit die anderen
Geschäftsstellen vom Datenzugriff auszuschließen. Nicht
einmal dem ausdrücklichen Wunsch von Kassenmitgliedern,
den Datenzugriff zu beschränken, will man entsprechen. 

Dazu erklären die Datenschutzbeauftragten von Berlin,
Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Thüringen: 
Die Krankenkassen haben offensichtlich noch nicht
gemerkt, dass ihnen hochsensible Daten der Versicherten
anvertraut werden, die angesichts der Risiken moderner
Datenverarbeitung zeitgemäß geschützt werden müssen.
Wer seinen allumfassenden Datenzugriff mit
Serviceorientierung begründet, hat nicht verstanden,
dass Grundbedingung eines medizinischen
Dienstleistungsunternehmens Vertrauen ist. Die Praxis
vieler Krankenkassen gibt keine Grundlage für dieses
Vertrauen. Die Kassenmitglieder können nicht
überschauen, geschweige denn selbst
bestimmen, wer welche sensiblen Krankheits- und
Versicherungsdaten über sie zur Kenntnis erhält. Für
die von den Kassen ständig reklamierte
Serviceorientierung muss insofern ausgerechnet beim
Umgang mit den besonders sensiblen Sozialdaten
Fehlanzeige gemeldet werden. Angesichts dessen stellt
sich die Frage, ob ein Mehr an Daten für die Kassen im
Rahmen der Gesundheitsstrukturreform zu verantworten
ist. Die Kassen haben sich über nunmehr sechs Jahre
hinweg jedem konstruktiven Vorschlag der
Datenschutzbeauftragten verweigert. Es sieht so aus,
dass der Dialog mit der Krankenkassen nutzlos ist. Nun
muss wohl der Gesetzgeber für eine Klarstellung sorgen.



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Landesbeauftragter für den Datenschutz
Schleswig-Holstein Düsternbrooker Weg 82, D-24105 Kiel,
E-Mail: LDSH@netzservice.de Homepage:
http://www.schleswig-holstein.datenschutz.de PGP Key
(2048 Bit RSA) von unserer Homepage abrufbar
Fingerprint: 042D 0B0E 6D4F F4D3 FB5D 1B6A 318C B401

Alle Pressemitteilungen finden Sie auch auf unserer
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eine kurze Nachricht. 


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 -- End of forwarded message
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Joachim Lippke
Institut fuer Geowissenschaften
Christian-Albrechts-Universitaet Kiel
Ludewig-Meyn-Str. 16
24098 Kiel
Tel.: 0431/880-2531
Fax: 0431/880-4376
Web: http://www.gpi.uni-kiel.de/~jl
E-Mail: jl@gpi.uni-kiel.de
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