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Re: [FYI] Zunehmende Internet-Regulierungsphantasien im BMJ



dietz@rotfl.franken.de schrieb:
>On Tue, May 02, 2000 at 01:41:51PM +0200, Holger Veit wrote:
[schnipsel]
>> Dietz hat recht. Beim Auto nennt sich das Halterhaftung. Im Internet straeubt
>> man sich interessanterweise gegen sowas, und schiebt Anonymitaet als
>> Menschenrecht vor. Das entspricht durchaus dem Gedankengut, dass Verkehrs-
[schnipsel]
>> opfer ruhig auf ihrem Schaden sitzenbleiben sollen, weil der Taeter
>> einen weitergehenden Anspruch aus Anonymitaet habe als das Opfer auf
>> geistige oder koerperliche Unversehrtheit oder anderweitigen
>> Schaden.
>Da beginnt die Analogie langsam zu bröckeln. So könnte man ja auch im
>Straßenverkehr dafür plädieren, flächendeckend Videoüberwachung
>einzusetzen um fahrerflüchtige Täter zu fangen.

Nö. Wieso? Wenn wir hier über die zivilrechtliche Seite der Sache reden
und den Fahrerflucht-Paragraphen außen vor lassen, genügt das Kenn-
zeichen, um auf den Halter zu kommen. Der Halter ist nach § 7 Straßen-
verkehrsgesetz grundsätzlich erst einmal zum Schadensersatz verpflichtet,
wenn durch sein Fahrzeug jemand geschädigt wird. (Und den Halter zu
ermitteln, dauert bei bekanntem Kennzeichen maximal ein paar Minuten,
bei nur teilbekanntem Kennzeichen wird es etwas schwieriger, aber es
dauert lange, bis es praktisch unmöglich wird.)

Ach, Du möchtest die amtlichen Kennzeichen an Kraftfahrzeugen
abschaffen, weil sie es ja ermöglichen, Fahrzeugbewegungen zu verfolgen?

>> Wenn [ISPs] einen Service anbieten, der ohne grosse Umschweife einen
>> Missbrauch erlaubt und in der Vergangenheit auch kraeftig missbraucht
>> wurde, dann sollen sie auch ruhig die Verantwortung uebernehmen.
>Das entspräche eher der Variante daß die Bundespost für Briefbomben
>deren Absender sie nicht kennt haftet.

Es entspricht eher der Variante, daß die Deutsche Post AG einen
Verpackungs-Service für Pakete anbietet, bei dem aufgrund der
Beschaffenheit der Verpackung weder auf den Absender noch vor dem
Auspacken auf den Inhalt geschlossen werden kann. Dieser Service ist in
der Vergangenheit häufiger für den Versand von Paketbomben verwendet
worden, die Post weiß das auch, lehnt es aber ab, Inhalte vor dem
Verpacken zu prüfen oder eine Absenderkennung zu vergeben, die bis zu
einem gewissen Grad eine Rückverfolgung ermöglichen würde.

Nota bene: Ich sage _nicht_, daß die Post AG dies müßte, ich will nur
den meiner Meinung nach etwas schiefen Vergleich verbessern.

>> Zumindest wuerde es auf einen Schlag das AOL-CD- und Spamming-Unwesen
>> beseitigen.
>Du willst die anderen Nebenwirkungen nicht wirklich in Kauf nehmen.

Ganz ehrlich: Ich ertappe mich ab und an dabei, daß ich mich frage, ob
ich totale Anonymität wirklich will, oder ob nicht die Nebenwirkungen
dieser Anonymität das größere Übel sind. Bei einer Paketbombe hat man
wenigstens noch Papierschnipsel, die man kriminaltechnisch untersuchen
kann. Bei einer vernünftig aufgebauten Remailerkette hat man nichts in
der Hand. Gar nichts.

Manchmal bin ich froh, daß es dieses "Gar nichts" gibt. Manchmal macht
dieses "Gar nichts" mir eine Scheißangst.

Rein subjektiv schreibend grüßt

=ToJe=

-- 
    Torsten Jerzembeck * Dahlweg 49 * D-48153 Münster (Westfalen)
Neue Adresse ab dem 14.05.00: Kiesselbachstraße 77, D-40589 Düsseldorf
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