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Re: [FYI] ARD und ZDF gegen Rundfunk-Steuer für PCs und TV



On Tue, May 09, 2000 at 07:30:21AM +0200,
	Heiko Recktenwald wrote:
> > Und bessere Quellen gibt es eh mehr als genug: Jede Wochenzeitung, jede
> > Bilbiothek und natürlich das Netz ist tausendmal besserer Bildungs- und
> > Informationsträger, als es das TV jemals war.
> 
> EXTREM zweifelhaft. Fuer Computerthemen mag es zutreffen, aber sonst ?

Die Frage dabei ist, was man individuell konkret als Information betrachtet.
Lassen wir dabei ruhig mal den Bereich Computer und den MP3-Selbst-
bedienungsladen vollkommen ausser Acht; was bleibt dann uebrig?

Das Internet ist auch heute schon bereits eine hervorragende Quelle
fuer -neuere- wissenschaftliche Artikel; die grossen Science-Verlage
haben mittlerweile allesamt Portale, ueber welche die aktuellen Fachzeit-
schriften und Konferenz-Proceedings online verfuegbar sind. Auch die
Nachrichtendienste bieten ihre Services mittlerweile nicht mehr nur 
ueber den Telexticker, sondern ueber das Netz an. Allerdings: dies sind
keine oeffentlichen Dienste, denn der Bezug kostet nicht unerheblich
Geld.

Natuerlich haben alle Tageszeitungen bis hin zum Hintertupfinger 
Provinzanzeiger ihre eigene mehr oder minder vollstaendige Ausgabe im
Netz. Wenn man sich geeignet ein Sortiment zusammenstellt, kann man schon
den Umfang einer Tageszeitung erreichen. Das Netz bietet hierbei sogar
noch den Vorteil, dass es keinen Redaktionsschluss gibt; es ist, was
Aktualitaet angeht, deutlich besser noch als das Fernsehen. Wir koennen
dies gerade derzeit bei Auftreten des ILOVEYOU-Wurms beobachten. Aber das
ist ein netztypisches Human-Interestthema - wenn in Singapur ein Vulkan
ausbricht oder ueber Novosibirsk ein Flugzeug abgestuerzt, dann verbreitet
sich die Kunde deutlich langsamer in diesem Medium. Aber es ist davon aus-
zugehen, dass solche News sich ebenfalls in einem Internetnewsticker
finden, wenn jemand danach suchen wuerde. Realistischerweise wuerde man
sowas auch nicht im Deutschen Sportfernsehen oder bei Arabella Kiesbauer
suchen.

Was das Internet allerdings in unueberschaubarem Masse bietet, etwa in
Form von Newsgroups, sind Human-Interestthemen fuer die Generation @.
Dazu gehoeren Diskussionen und Flamewars ueber Politk ebenso wie
Aufklaerung ueber die Pille von Dr.Sommer-Niveau bis zur gynaekologischen
Fachdebatte, Partnerschaftsprobleme, Fragen zu Startrek und Big Brother 
und Popmusik und Inlineskaten, und endlos viele andere Themen. Was man
kaum findet - zugegeben - ist breiter Diskurs ueber den Schwanitzschen
Bildungskanon; dies spielt sich eher in papiernen Altphilologen-Gazetten
wie der ZEIT ab - To shakespeare or not to shakespeare ist sladdiegemaess
laengst zeitgeistmaessig abgehakt und beantwortet. Bemerkenswert ist das
weitgehende Fehlen von frueheren HI-Themen und ihrer Vertreter aus der
Yellow Press: ich erfahre beim Friseur oder beim Arzt deutlich detailliertere
Profanitaeten ueber Koenigshaeuser und pruegelnde Adelige als beim
Suchen nach Prinz Dumbo von England im Internet. Wuerde ich mal nach
Karl Moik oder dem Mutantenstadl im Netz suchen, waere die Chance gross,
wie etwa zu allen anderen Themen die obligatorischen Me-Too-Fanseiten
zu finden, aber deutlich unterproportionales Auftreten solcher "Information"
im Vergleich zur breiten Zeitschriftenwand mit solchem Papier im Kiosk.
Ich vermute, dass ein grosser Teil solcher Seiten sogar auch ueber das
Keyword "Kalkofe" gefunden werden koennte.

Fazit: das Internet repraesentiert recht deutlich das Interesse der 
derzeitigen Generation. Wenn Du da nicht mit den Woelfen heulst, dann
magst Du durchaus extrem enttaeuscht sein, weil Du nicht Deine spezielle
Information findest. Verona Feldbusch, so sie denn hinreichend der
Fremdsprachen maechtig ist, wuerde gleichermassen von der Library of Congress
enttaeuscht sein - da steht ja sogar noch nicht mal das Maggi-Kochbuch
mit dem Blubb verzeichnet.
 
Holger

-- 
"Well, from what I've read, scientific studies show men tend to be better at
dealing with visual concepts, while women are better at complex linguistic
communication." - "You mean..." - "Men are from MACs, women are from VMS"
	Erwin the AI, www.userfriendly.org