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Re: Ihre Website gegen rechte Gewalt



Ich schrieb:

> Schließlich möchte ich noch daran erinnern, daß Joseph Goebbels
> (!) das (vielleicht apokryphe) Zitat in den Mund gelegt wird, er
> sei heilfroh, daß kaum jemand "Mein Kampf" gelesen habe, denn
> dann wäre man wohl nie an die Macht gekommen.

Falsch aufgeschrieben: Gemeint war, daß die Nazis wohl nie an die
Macht gekommen wäre, wenn mehr Leute das Buch gelesen hätten.

> Mir fallen in diesem Zusammenhang immer wieder die Romane von
> Lion Feuchtwanger ein, in denen er in den zwanziger und dreißiger
> Jahren ein luzides und manchmal prophetisches Bild der Nazis
> zeichnet, häufig mit bitterer Ironie gewürzt - Beispiele:
> "Erfolg" [lief unlängst in einer exzellenten Verfilmung auf
> 3sat], die "Oppermanns" und die "Lautenbachs".  So sind etwa die
> verschiedenen Hitler-Szenen in den "Gebrüdern Lautenbach"
> ausnehmend lesenswert, allein schon der genialen und entlarvenden
> Parodie der hitlerschen Rhetorik wegen.

In diesem Kontext: Wo bleiben diese Romane, wo bleibt Remarques
Emigrantenroman "Die Nacht von Lissabon", wo bleibt Klaus Manns
"Mephisto" in der Schullektüre?

Wo bleibt andererseits die kritische Interpretation von
Primärquellen wie "Mein Kampf" oder die vergleichende Arbeit etwa
mit Artikeln aus dem unsäglichen "Stürmer" einerseits und der
traditionell liberalen "Frankfurter Zeitung" andererseits im
Geschichtsunterricht?  Eine ganze Menge ließe sich daraus lernen -
leider passiert auch dies kaum.

> Es ist bedauerlich, daß eine Auseinandersetzung mit
> Rechtsextremismus auf diesem geistigen Niveau heute zumindest in
> einer breiteren Öffentlichkeit nicht stattfindet, und man sich
> stattdessen mit wohlmeinender Entrüstung und dem wirklungslosen
> Setzen von "Zeichen" begnügt.

-- 
Thomas Roessler                         <roessler@does-not-exist.org>