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AW: AW: Spiegel-Bericht zu BMJ+GI





> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von:	PILCH Hartmut [SMTP:phm@a2e.de]
> Gesendet am:	Sonntag, 17. September 2000 10:24
> An:	Tauchert Wolfgang
> Cc:	swpat@ffii.org; debate@fitug.de
> Betreff:	Re: AW: Spiegel-Bericht zu BMJ+GI
> 
> > >  Das deutsche Einspruchsrecht wird kaum genutzt.  Im
> > >  Softwarebereich hat es beim DPMA noch keinen einzigen Einspruch
> gegeben.  
> > > 
> >
> 
> Leider sind DPMA und EPA derzeit, was die Verfahren und Urteile betrifft,
> intransparent.  Wir wollen gerade Einspruch einlegen, aber es ist, anders
> als in den USA, normalen Leuten nicht mit vernuenftigem Aufwand moeglich,
> weil es dafuer eine enge Frist gibt und man nicht in zeitgemaesser Weise
> erfahren kann, welche Patente gerade offengelegt wurden.  Einige von uns
> wuerden z.B. gerne gegen das 7val-Netzvergiftungspatent einsprechen,
> sobald es gewaehrt wird, aber wir haben keine vernuenftige Moeglichkeit,
> zu erfahren, ob und wann es gewaehrt wird/wurde.  Wahrscheinlich erfahren
> wir davon erst, wenn wir verklagt werden.
> 
> 
>   [Tauchert Wolfgang]  Zugegebenermaßen ist das Patentwesen eine kleine
> Welt für sich, gleichwohl ist sie für jedermann einsehbar und offen.
> Allerdings muß man sich entweder selbst sachkundig machen (was manchmal
> mühsam ist und weniger Außenwirkung zeigt wie politisches Agieren) oder -
> gegen entsprechende Bezahlung - fremden Sachverstand, z.B den eines
> Anwalts oder eines Recherchenbüros), nutzen. 
	
	Eine Liste der neu erteilten Patente erscheint wöchentlich im
amtlichen "Patentblatt" (Carl Heymanns-Verlag, München), aber auch im
Internet (www.dpma.de bzw. www.european-patent-office.org) werden die neuen
Patentschriften wöchentlich ergänzt. Wenn man nicht alles durchblättern
will, kann man sich auf die interessierenden IPC-Klassen beschränken (z. B.
G06F für digitale Datenverarbeitung und G11 für Informationsspeicherung).
Die 3-Monatsfrist (beim DPMA) bzw. die 9-Monatsfrist (beim EPA) läuft ab dem
Datum der Veröffentlichung (steht auf der Patentschrift). 
	
	Auch nach Ablauf der Einspruchsfrist ist Klage auf Nichtigkeit gegen
ein bestehendes Patent beim Bundespatentgericht vorgesehen. Diese kommt
insbesondere dann in Betracht, wenn man auf Verletzung verklagt wird, die
Einspruchsfrist abgelaufen ist und man dokumentieren kann, daß der
patentierte Gegenstand (also im Umfang aller Merkmale des Hauptanspruchs)
nicht patentfähig ist. Anwaltliche Unterstützung ist zwar nicht
vorgeschrieben aber empfehlenswert. Im Unterschied zum Einspruchsverfahren,
wo jede Partei die eigenen Kosten trägt, ergeht beim Bundespatentgericht im
Nichtigkeitsverfahren eine Kostenentscheidung, d. h. der Streitwert wird
durch das Gericht festgelegt und der Verlierer zahlt in der Regel alle
Kosten, auch die des Gegners.  

	Für eine systematische Verfolgung des Standes der Technik und die
erforderliche professionelle Beratung allgemein und im Einzelfall wäre ein
entsprechende Interessen-Organisation hilfreich (analog zu dem auf dem
LINUX-Tag in Stuttgart schon mal angesprochene Verein für
Rundfunk-Schutzrechte). Wenn eine derartige Organisation, der für seine
Mitglieder ja auch als eine Risikoversicherung wirkt und entsprechende
Beiträge benötigt, nicht zustand kommt, ergeben sich für mich zwei
Gesichtspunkte: 
	a) Zum einen ist die mehrfach beschworene Gefahr einer
Patentverletzung für die OS-Entwickler noch nicht konkret genug, offenbar
gab es gegenüber den OS-Entwicklern noch keine Klagen auf Patentverletzung
und man rechnet auch nicht ernsthaft damit. 
	b) Zum anderen will man den Aufwand bzw. die Kosten vermeiden. Das
liegt sowohl an a) wie vielleicht auch daran, daß sich die Lasten auf einen
zu kleinen Kreis (zu wenig potentielle zahlende Mitglieder, zu wenig
gewerbliche Einnahmen) verteilen.
	
	Soweit ich sehe (bitte ev. um Berichtigung) werden konkrete mögliche
Maßnahmen zur Strukturierung des Zugangs zu Patentinformationen und
Risiko-Verminderung für die Open Source-Entwickler nicht angegangen.
	
	
	W.Tauchert, DPMA München