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Re: [FYI] Historikertag: Verbandschef warnt vor Fixierung auf das Internet



On Wed, Sep 27, 2000 at 05:15:45PM +0200, Neko (Simone Demmel) wrote:
> Hi,
> 
> Martin Schröder (martin@oneiros.de) - Wed, Sep 27, 2000 at 02:10:42PM +0200:
> > auszudrucken. Man muß also die Daten 1000 Jahre lang _lesbar_
> > speichern (das geht derzeit nur mit Papier; alle anderen
> > Datenträger muß man regelmäßig umkopieren) und das Datenformat
> > samt Programmen ebenfalls.
> 
> Papier geht nicht wirklich. Das zerfaellt je nach Qualitaet relativ
> schnell (deswegen bestand ein nicht unbedeutender Teil des Tages in
> vielen Klostern aus dem abschreiben alter Schriften, damit die nicht
> verloren gehen; idR Bibel) Ein ideales Medium ist unverwuestlich und
> ohne Hilfsmittel lesbar. Ich kenne keines, welches diese Anforderungen
> erfuellt.

Wir sind allerdings nicht mehr im Mittelalter. Papier ist durchaus
sehr lange konservierbar - das kostet allerdings dann deutlich mehr 
als das erwaehnte Billigtaschenbuch. Ich kann allerdings nicht abschaetzen,
wie hoch heute der Anteil an solchen haltbaren Buechern ist; die Gier der
Verlage fuehrt IMHO eher dazu, dass das Zeugs besser nicht besonders lange
haelt (selbst bei teuren Buechern).

> > > PDF-Dateien folgen einem oeffentlich spezifizierten Format, das, was man
> > > auch immer an Adobe auszusetzen haben moege, so lange lesbar bleibt, wie
> > > es menschlichen Verstand auf dieser Erde gibt.  D.h. man kann eine
> > > PDF-Datei vermutlich in 1000 Jahren noch auf unvergilbtes und
> > > undurchwurmtes Papier drucken.
> 
> Vorausgesetzt, man weiss dann noch, wie dieses Format funktionierte und
> wie der Datentraeger zu entziffern ist.

Das Format ist nicht so sehr das Problem. Der Knackpunkt ist der Datentraeger.
Noch kann ich 5.25"-Floppies lesen, obwohl es schwierig ist, einen neuen PC
mit einem solchen LW zu bekommen, bei 8" hoert es bei mir schon auf. Die
Magnetkarten meines HP41 (der selbst seit 1983 immer noch hervorragend
laeuft) kann ich nicht mehr lesen, weil sich beim Kartenleser eine
billige Andruckrolle aus Gummi in Schmieroel verwandelt hat. Kann man 
vielleicht mit Aufwand noch restaurieren. Wer wird in ein paar Jahrzehnten
noch alte Reel-Tapes lesen koennen? QIC40? Bernoulli-Disks? ZIP-100? DAT-DDS1?
Wir wissen noch, dass dort vielleicht ein EBCDIC-Code verwendet wurde,
aber das vorsorglich eingemottete Laufwerk ist nicht mehr verwendbar:
Magnetkopf korrodiert, Elko auf der Platine eingetrocknet, Feder fuer
Bandandruck ausgeleiert, Chip mit der obskuren Bezeichnung X304923-4A404D/002
wird laengst nicht mehr produziert; niemand weiss, was da drin steckt, Firma
existiert laengst nicht mehr, etc. Und dann?
Es laeuft darauf hinaus, dass alles Wissen einer Generation permanent
umkopiert wird. Aber das passiert nicht. deja.com ist da noch nicht mal
in Ansaetzen eine Loesung.

Holger

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