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Re: [FYI] SWPAT Basisvorschlag - Art. 52



Axel H Horns schrieb:

> [Wenn ich mich nicht taeusche, hat man doch tatsaechlich noch last minute 
> amendments in den "Basisvorschlag" eingebaut, der jetzt als Dokument MR/2/00 im 
> Web steht.                                                          --AHH]  

Ich sehe darin nichts neues, ausser das die eckigen Klammern um Abs 2-3 
fehlen.  D.h. das EPA ist bereit, aus Opportunitaetsgruenden eine
Ausnahmenliste bestehen zu lassen, die keine Funktion mehr in diesem Text
hat, wie das EPA auch selber erklaert.

> http://www.epo.co.at/epo/dipl_conf/pdf/dm00001.pdf
 
 
> [...]
> 
> 
>                            [Revidierte Fassung]  
> 
> 
> <color><param>0100,0100,0100</param>                                </color>Artikel 52  
> 
> 
> Patentfähige Erfindungen 
> (1) Europäische Patente werden für Erfindungen auf 
>   allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer 
>   erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. 

wie vorher: Ersetzung des einschraenkenden Charakters durch einen
Universalitaetsanspruch.
 

> (2) Als Erfindungen im Sinn des Absatzes 1 werden insbesondere nicht angesehen: 
>  a) Entdeckungen sowie wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden; 
>  b) aesthetische Formschöpfungen; 
>  c) Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, 
      für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten [...]; 

Zusaetzlich zur Streichung der "Programme fuer Datenverarbeitungsanlagen"
werden hier die Ziffern c und d zusammengelegt und e wird zu d.  Das ist
vielleicht tatsaechlich neu.  Es hat die Wirkung, die Diskussion ueber
eine Beibehaltung der "Programe fuer Datenverarbeitungsanlagen" ein wenig
zu erschweren.

>  d) die Wiedergabe von Informationen 
>  (3) Unverändert.   
 
> 
> [...]
> 
> 
> ---------------------------------- CUT ---------------------------------------
> 
> 
> Aus der Kommentierung:  
> 
> 
> ---------------------------------- CUT ---------------------------------------
> 
> 
> [...]
> 
> 
> 1. Artikel 52 (1) EPÜ wird an Artikel 27 (1) Satz 1 des TRIPS-Übereinkommens 
> angepaßt, um die "Technik" in der grundlegenden Bestimmung des materiellen 
> europäischen Patentrechts zu verankern, den Anwendungsbereich des EPÜ klar zu 
> umreißen 

Im Gegenteil:  in der vorigen Fassung hatte Abs 2 definierenden Charakter.
Dieser Charakter wird nun beseitigt und durch einen biegsamen
Rechtsbegriff ersetzt, dessen Interpretation dem EPA obliegt  ...

> und augenfällig zum Ausdruck zu bringen, daß der Patentschutz grund-
> sätzlich technischen Erfindungen aller Art offensteht.  

... und der lediglich nach unten durch einen Universalitaetsanspruch
begrenzt wird:  d.h. mindestens alles, was das EPA unter "technisch"
versteht, muss patentierbar sein.
 
> 2. Angesichts der Neufassung von Artikel 52(1) EPÜ stellt sich die Frage, ob 
> weiterhin ein Bedürfnis für die Bestimmungen in Artikel 52(2) und (3) EPÜ 
> besteht, wonach die dort genannten Gegenstände oder Tätigkeiten nicht als 
> Erfindungen anzusehen sind.  

Ganz genau:  die Artikel 52(2) und (3) sind durch obige TRIPS-Formulierung
funktionslos geworden.

Es gibt rechtlich keinen Grund, eine Formulierung aus dem TRIPS-Vertrag in
das EPUe zu uebernehmen.  Diese der TRIPS-Formulierung diente schon in der
Vergangenheit zum Aushebeln von Einschraenkungen.  Es wurde jedoch immer
wieder von nationalen Gerichten (z.B. BPatG) festgestellt, dass die
TRIPS-Formulierung keine Rechtswirkung hat.  Ein peinliches Manko, das nun
vom EPA behoben wird.

> 3. Der Ausschuß "Patentrecht" und der Verwaltungsrat sprechen sich jedenfalls 
> dafür aus, daß die Programme für Datenverarbeitungsanlagen in Artikel 52 (2) c) 
> EPÜ gestrichen werden. 

Das "jedenfalls" steht abrupt im Raum.  Hier war vorher die Rede von einem
"breiten Konsens".  Immerhin musste man diese Behauptung nach der letzten
Verwaltungsratsitzung fallen lassen.

> Das EPA und seine Beschwerdekammern haben das EPÜ stets so ausgelegt
> und angewendet, daß diese Ausnahmevorschrift einen angemessenen Schutz
> für softwarebezogene Erfindungen, also Erfindungen, die ein
> Computerprogramm zum Gegenstand haben oder einschließen, in keiner
> Weise verhindert. Jüngere Ent-scheidungen der Beschwerdekammern (s. T
> 1173/97 – Computerprogramm-produkt/ IBM, ABl. EPA 1999, 609) haben
> bestätigt, daß Computerprogramme, die einen technischen Effekt
> bewirken, in der Regel patentierbare Gegenstände sind.

Unveraendert.
Natuerlich voll von Lug und Trug.
Das EPA hat nicht "stets" sondern seit 1986 die Gesetzregeln schleichend
geaendert.
Die juengeren Entscheidungen haben nichts "bestaetigt" sondern einen
entscheidenden weiteren Schritt getan: die Gewaehrung von Patenten auf
Computerprogramme als solche.  So sieht es zumindest das BPatG.

> 4. Gleichwohl ist festzuhalten, daß der Patentschutz Schöpfungen auf
> dem Gebiet der Technik vorbehalten ist. Die Neufassung von Artikel
> 52(1) EPÜ bringt dies nun klar zum Ausdruck. Um patentfähig zu sein,
> muß der beanspruchte Gegenstand "technischen Charakter" aufweisen oder
> - etwas präziser umschrieben - eine "Lehre zum technischen Handeln"
> zum Gegenstand haben, d. h. eine an den Fachmann gerichtete Anweisung,
> eine bestimmte technische Aufgabe mit bestimmten technischen Mitteln
> zu lösen. 

Eine tautologische Definition, die das EPA zu nichts verpflichtet und die
auch nicht im Gesetzesentwurf steht.

> Dieses Verständnis des Erfindungsbegriffs liegt auch der
> Erteilungspraxis des EPA und der Rechtsprechung der Beschwerdekammern
> zugrunde. Für die Beurteilung von Computerprogrammen gilt nichts
> anderes. Es bleibt daher weiterhin Rechtssprechung und Amtspraxis
> überlassen festzustellen, ob ein als Erfindung beanspruchter
> Gegenstand technischen Charakter aufweist, und den Erfindungsbegriff
> im Lichte der technischen Entwicklung und dem jeweiligen
> Erkenntnisstand entsprechend sachgerecht weiter zu entwickeln.

Weiterzuentwickeln = weiter zu zerstoeren.

Wenn das EPA den Technikbegriff seiner frueheren Pruefungsrichtlinien (der
auf heute noch praktikablen scharfen BGH-Definitionen beruht) nicht
mutwillig zerstoert haette, gaebe es heute keine Softwarepatente.

Das EPA ist eine Gruppe von uneherlichen, eigennuetzigen und
gesetzesbrechenden Sozialparasiten, die in einem internen Kreis
Gleichinteressierter mit 1/3-Minderheit die Patentierbarkeit von
Computerprogrammen in Europa durchsetzen wollen.  So sieht es die
Geschaeftsordnung der Diplomatischen Konferenz vom November vor.

Es bleibt nur noch der Austritt aus dem Europaeiscen Patentuebereinkommen.
Wir wuerden bei so einem Austritt nichts verlieren.  Wir koennten sogar
beschliessen, grundsaetzlich Patente anderer europaeischer Laender ohne
weitere Pruefung anzuerkennen.  Statt einer Pruefung koennte man die
Prozessregeln so aendern, dass derjenige, der ein Patent zu Fall bringt
oder den Anspruchsbereich einengt, vom Inhaber des schlechten Patentes
neben der Prozesskostenerstattung eine ueppige Belohnung erhaelt.
Dann haetten wir mehr Rechtssicherheit, koennten das Patentsystem flexibel
internationalisieren und brauchten keinen korrupten Machtapparat wie das
EPA.

-phm