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Siemens-Telekommunikationsabteilungen gegen Swpat



Kuerzlich sprach ich mit einem Leiter eines Geschaeftsbereichs der
Mobilfunktechnik (Oeffentliche Kommunikationsnetze) von Siemens ueber
die Wirkung von Patenten in seinem Bereich.

Er sagte etwa folgendes:

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In unserem Bereich ist alles an Patenten orientiert.  Wir fordern unsere
Leute staendig auf, patentrechtlich verwertbare Ideen zum Patent
anzumelden.  Allerdings arbeiten die meisten Entwickler in der
Produktentwicklung, wo selten Patente anfallen.  Auf hundert Entwickler
kommt in etwa ein Patent.

Um wirklich Patente zu erhalten, darf man nicht Produktentwicklung
betreiben sondern muss in Bereichen experimentieren, wo vielleicht in
Zukunft mal eine Entwicklung stattfinden koennte.  Deshalb haben sich in
letzter Zeit zunehmend Firmen wie Qualcomm gebildet, die all ihre
Produktentwicklungskapazitaeten abgebaut und verkauft haben, um sich ganz
auf die Entwicklung von Patenten zu konzentrieren.  Was diese Firmen
entwickeln ist technisch nicht beeindruckend, meistens irgend ein
Softwarekonzept oder gar ein allgemeiner Begriff, ueber den jeder stolpern
wuerde, der sich mit diesen Fragestellungen befasst.  Die meisten der
angemeldeten Patente sind wertlos, aber einige erweisen sich tatsaechlich
als Stolpersteine, um die man nicht herumkommt.  Da muss man dann 10% des
Umsatzes an Lizenzgebuehren an so eine Firma abfuehren oder aber
komplizierte Umwege entwickeln.  

Noch bis vor kurzem war das anders.  Da gab es nur ein paar Grossfirmen
auf dem Telekommunikationsmarkt, und die gewaehrten sich gegenseitig
pauschale Lizenzen ueber ihr gesamtes Portfolio.  Inzwischen aber wird
jedes Patent einzeln von Patentfachleuten bewertet, und die
Differenzbetraege zwischen dem Wert der Portfolios muessen bezahlt
werden.  Wir bewegen uns zunehmend in einem unwegsamen Gestruepp. 

Softwarepatente haben unsere Branche sicherlich schon um Jahre
zurueckgeworfen, und wenn man sie abschaffen koennte, wuerde die ganze
Branche aufatmen.  In der Pharma-Industrie ist das anders, aber bei uns im
Telekommunikationsbereich ist der Entwicklungsaufwand fuer ein neues
Konzept gering aber der Nachahmungsaufwand gross.  Wir brauchen fuer
unsere Softwarekonzepte eigentlich keinen Investitionsschutz durch
Patente.

Einige Leute aus unserer Patentabteilung plaedieren fuer eine Ausdehnung
des Patentwesens.  Sie tun das nicht deshalb, weil etwa Siemens sich
Gedanken ueber die Frage "Wollen wir Softwarepatente oder nicht?" Gedanken
machen wuerde.  Diese Frage steht fuer Siemens nicht zur Debatte.  Wir
haben nicht das Gefuehl, dass wir das irgendwie beeinflussen koennen.  
Mit den Fragen beschaeftigen sich allenfalls die Patentjuristen, und von
deren Argumenten leuchtet uns immerhin eines ein: Die USA dominieren mit
ihrem Patentsystem die Welt, und wenn wir hier das gleiche System haetten,
wuerde auch Siemens mehr Patente anmelden, denn unsere Ingenieure sind in
ihrem Denken doch ziemlich am Heimatmarkt orientiert.  Natuerlich koennten
wir die Patente auch nur in Amerika anmelden, aber damit ist es schwerer,
unsere Leute zur Patententwicklung anzuspornen. Siemens hat schon immer
konservativ gedacht und sich mit politischen Aeusserungen zurueckgehalten.  
Mit dem Patentwesen befassen sich nur die Patentjuristen, und wenn die
mehrheitlich eine Meinung vertreten, wird niemand bei Siemens so leicht
oeffentlich davon abweichen.  Wir wuerden auch nicht an einer
EU-Konsultation oder Petition teilnehmen, aber wenn man uns etwa im Rahmen
einer wissenschaftlichen Studie fragen wuerde, wuerden wir schon in dem
Sinne Stellung nehmen, wie ich es Ihnen gerade erklaert habe.

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