[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Swpat-Einnahmen des EPA und DPMA



> >On Thu, Nov 09, 2000 at 09:58:20AM +0100, Tauchert Wolfgang wrote:
> >> Wer konkret und ernsthaft etwas gegen ein erteiltes Patent einzuwenden
> >> hat, der möge dies auf dem dafür vorgesehenen Rechtsweg vorbringen.    
> >
> >Das Problem sind glaube ich die Kosten und der Zeitverlust dieses
> >Rechtsweges. Das amerikanische Patentamt hat Leuten wie Tim
> 
> Wobei der "Verwaltungsakt" Einspruch ja noch vergleichsweise günstig
> ist. Eine Begründung inklusive der nötigen Beweisstücke geht sicher
> auch schnell ins Geld, von eventuellen Anwaltskosten mal abgesehen.

Hinzu kommt, dass das Patentamt nur noch relativ belanglose Kriterien wie
"Neuheit" und "erfinderische Taetigkeit" akzeptiert. Beide sind praktisch
immer dann gegeben, wenn jemand als erster ueber ein neues Problem
gestolpert ist.  An "mangelnder erfinderischer Taetigkeit" scheitert 
nur sehr selten ein Patent.  Die Patentrechtssprache ist genau so
doppelzuengig wie die Politbuero-Sprache.

Selbst dann, wenn man umfangreiche Beweisrecherchen anstellt und gegen
eines von zig tausenden von Patenten klagt, kratzt man nur an der
Oberflaeche des Problems.

> Eine ganz andere Frage ist doch, wie ich von einem mich bedrohenden
> Patent erfahre. Vor der (Software-)Entwicklung nach Patenten zu suchen
> ist zwar sicher ein Weg, doch wird man bei einer entsprechenden
> Recherche nicht alle Tretminen finden. Die Quittung zum fertigen Produkt
> erhält man dann per Post, wenn die vergleichsweise günstige 
> Einspruchsfrist längst abgelaufen ist. :-(

Die Suche ist zudem sehr teuer.

> >O'Reilly angeboten, dass sie auf Anregung auch Dinge von Amts
> >wegen auf absolute Hindernisse erneut Überprüfen.

Das geht nur in Amerika.  Dort gehoert es zu dem System der Neupruefung
(reexamination), das Patentpropagandisten von PA Markus Hoessle (der sich
mit einem Artikel in Linux Enterprise dieses Monats einschleichen konnte)
bis zu den BMJ-Leuten gerne madig machen, um von dem grundlegenden
Problem der Aufweichung des Technizitaetsbegriffs abzulenken.
 
> Wenn - im Gegensatz zum Gebrauchsmuster - zur Erteilung des Patents
> eine Prüfung notwendig ist (man bezahlt schließlich für die Prüfung),
> warum wird dann nicht gleich vernünftig geprüft? Zur Bananensoftware
> das Bananenpatent?
> 
> Eine vernünftige, strenge Prüfung würde beiden Seiten nutzen: nicht alles
> wird patentiert, dafür zahlt man aber auch nicht Jahre umsonst die
> Schutzgelder, oops... Jahresgebühren.

Eine solche Pruefung ist m.E. unrealistisch:

(1) es fehlen die Pruefungskriterien, s.o.
(2) Schon jetzt liegen Patentanmeldungen von 1996 noch vielfach 
    ungeprueft im EPA herum

Bei den Pruefern liegt die Genehmigungsquote bei 96-100%.  Viele Pruefer
haben in 10 Jahren Arbeit noch keinen einzigen Antrag zurueckgewiesen.  
Zurueckweisen erfordert 1 Woche Begruendung, genehmigen lediglich 1/2
Stunde.  Das hat auch systemimmanente Gruende.

Das Schlechte kann man nicht optimieren sondern nur abschaffen.

Beim Pruefungssystem koennte das so aussehen:  Patente gelten sofort, wie
in DE bei Gebrauchsmustern und in FR auch bei Patenten ueblich.  Um
dennoch fuer eine Trennung von Spreu und Weizen zu sorgen, verpflichtet
man den Patentinhaber, dem erfolgreichen Einsprecher nicht nur die Kosten
zu erstatten sondern darueber hinaus eine Praemie zu zahlen.  D.h. die
Aufgabe des Pruefens wird gleich ganz an die Oeffentlichkeit uebergeben,
und zwar ernsthaft, mit echter Belohnung.

Die heutige Offenlegungsfrist des EPA dient meinem Eindruck nach
hauptsaechlich als Feigenblatt fuer die Propagandisten des Patentsystems.
Es wird kaum in Anspruch genommen.  Im Swpat-Bereich hat es in Muenchen
bisher in 0% der Faelle Einsprueche gegeben, obwohl wir es in >>90% der
Faellen mit laecherlich und gruselig breiten Trivialanspruechen zu tun
haben.  Auch der Einwand von Lutz gegen das IBM-Patent auf GUI-basierte
Netzwerkadministration hat zu keinem Einspruch gefuehrt.

Mich wuerde es interessieren, einmal auszurechnen, wie viel das EPA und
DPMA bereits an Swpat verdient haben.

Das EPA hat je nach Rechnungsweise 10-30000 Swpat erteilt.  Nach
EPA-Angaben kostet ein Patent den Anmelder bis zur Erteilungsphase 4300
EUR an Gebuehren.  Beim DPMA duerften im Durchschnitt pro Patent etwa
Jahresgebuehren von 5000 DEM angefallen sein.  Damit kaemen wir auf
Einnahmen von

EPA	100 Mio EUR
DPMA	100 Mio DEM

Stimmt das etwa?

> >An die Entwickler gerichtet: Der Patent-Pool der OS-Szene lässt
> >immer noch auf sich warten. Ich glaube, es gäbe genügend gute
> >Patent-Juristen, die das betreuen könnten. Die finanzielle
> >Absicherung muss diskutiert werden. Aber bisher ist einfach
> >nichts passiert.
> 
> Kostet IMHO viel Geld und bietet recht wenig Nutzen für die OS-Szene.
> Was nützt ein *gewerbliches* Schutzrecht auf eine Software, wenn ich
> es mir nicht leisten kann, es gegen starke absichtliche Verletzer
> zu verteidigen? 

Abgesehen davon haben OSS-Entwickler kein Interesse daran, irgend jemandem
etwas zu verbieten.  Haetten sie ein solches Interesse, dann wuerden sie
die fraglichen Verfahren nicht in frei verfuegbarer und veraenderbarer
Software implementieren.

-phm