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Re: AW: Swpat-Einnahmen des EPA und DPMA



> > Hinzu kommt, dass das Patentamt nur noch relativ belanglose Kriterien wie
> > "Neuheit" und "erfinderische Taetigkeit" akzeptiert. Beide sind praktisch
> > immer dann gegeben, wenn jemand als erster ueber ein neues Problem
> > gestolpert ist.  An "mangelnder erfinderischer Taetigkeit" scheitert 
> > nur sehr selten ein Patent.  Die Patentrechtssprache ist genau so
> > doppelzuengig wie die Politbuero-Sprache.
 
> 	[Tauchert Wolfgang]  "Nur" ca. ein Drittel aller Anmeldungen
> scheitert an Neuheit und erfinderischer Tätigkeit. 

Dem habe ich nicht widersprochen.
An Neuheit scheitern einige Patente, an Erfindungshöhe kaum eines.
Es wird inoffiziell von Patentanwälten und Prüfern immer wieder
gesagt:  wenn man das gegnerische Patent nicht mit der Neuheitshürde zu
Fall bringt, hat man praktisch keine Chance.  Erfinderische Tätigkeit
kommt allenfalls dann zum Tragen, wenn schon die Neuheit sehr fraglich
ist.

Gerade im Software-Bereich ist die Zurückweisungsrate sehr gering. Einige
Prüfer weisen in 10 Jahren kein einziges Patent zurück.  Andere sind stolz
darauf, dass sie mit 6% Zurückweisungen einen Rekord aufstellen.  Eine
Zurückweisung ist schließlich sehr anstrengend und wird auch meistens
vereitelt, weil es Kollegen gibt, die die Anstrengung nicht mittragen und
weil es Tausende von EPA-Trivialpatenten gibt, angesichts derer die
Zurückweisung ungerecht scheint.

> Man sollte die Fakten schon realistisch darstellen, ansonsten leidet
> die eigene Glaubwürdigkeit (wie beim Politbüro).

Auch das kann ich nur unterstreichen.
 	
> 	 Selbst dann, wenn man umfangreiche Beweisrecherchen anstellt und
> gegen
> > eines von zig tausenden von Patenten klagt, kratzt man nur an der
> > Oberflaeche des Problems.
> > 
> > > Eine ganz andere Frage ist doch, wie ich von einem mich bedrohenden
> > > Patent erfahre. Vor der (Software-)Entwicklung nach Patenten zu suchen
> > > ist zwar sicher ein Weg, doch wird man bei einer entsprechenden
> > > Recherche nicht alle Tretminen finden. Die Quittung zum fertigen Produkt
> > > erhält man dann per Post, wenn die vergleichsweise günstige 
> > > Einspruchsfrist längst abgelaufen ist.
> 	[Tauchert Wolfgang]  
> 	Man kann auch warten, bis man auf Verletzung verklagt wird. Wenn die
> Patente von so minderer Qualität sind wie unterstellt wird, sollte eine
> Nichtigkeitsklage im Gegenzug große Erfolgsaussichten haben.Der Aufwand her
> ist in beiden Fällen vergleichbar. Beim Einspruchsverfahren zahlt jede
> Partei  ihre eigenen Kosten. Im Unterschied dazu zahlt bei der Nichtigkeit
> der Verlierer alles, auch die Kosten des Gegners. 

Bei der Nichtigkeitsklage werden die Kosten nach Streitwert bemessen.
Gerade bei einer etwa vom FFII im öffentlichen Interesse zu führenden
Klage ein halsbrecherisches Berechnungsprinzip.  Wir haben kein privates
kommerzielles Interesse.  Es geht um die Verteidigung eines Bürgerrechts.

Angesichts Tausenden von gültigen Trivialpatenten erscheint es den
EPA-Beschwerdekammern sicherlich "ungerecht", ein bestimmtes Trivialpatent
für nichtig erklären.  Unmöglich ist es ohnehin meistens, da "Neuheit" und
"erfinderischer Schritt" selten eine ernsthafte Hürde darstellen.  Gerade
im geistigen Bereich entstehen dauernd neue Probleme.  Den darauf
aufbauenden Patentansprüchen sind durch keinerlei Naturkräfte irgendwelche
Grenzen gesetzt.  Beim Durchsuchen der EPA-Datenbank habe ich noch kein
Patent gefunden, bei dem nicht ein Problem patentiert wurde.

> > Im Swpat-Bereich hat es in Muenchen
> > bisher in 0% der Faelle Einsprueche gegeben, obwohl wir es in >>90% der
> > Faellen mit laecherlich und gruselig breiten Trivialanspruechen zu tun
> > haben. 
> 	[Tauchert Wolfgang]  
> 	Ich weiß nicht, woher Sie diese Feststellung nehmen. Wenn man Ihren
> Begriff von SW-Patent zugrundelegt, gibt es Einsprüche und sie sind
> jedenfalls zum Teil erfolgreich. 

Für Hinweise wäre ich dankbar.  Ich weiß von keinen, und zahlreiche
Patentamtsmitarbeiter, mit denen ich sprach, auch nicht.
 	
> >  Auch der Einwand von Lutz gegen das IBM-Patent auf GUI-basierte
> > Netzwerkadministration hat zu keinem Einspruch gefuehrt.
> > 
> 	[Tauchert Wolfgang]  
> 	Einsprüche müssen von den Betroffenen selbst erhoben und eingereicht
> werden. 

Eben.  Das Einspruchssystem ist nur für kommerziell potente Betroffene
geschaffen.  Diese Voraussetzung gilt im Bereich der Software nicht.
 
> > Mich wuerde es interessieren, einmal auszurechnen, wie viel das EPA und
> > DPMA bereits an Swpat verdient haben.
> > 
> > Das EPA hat je nach Rechnungsweise 10-30000 Swpat erteilt.  Nach
> > EPA-Angaben kostet ein Patent den Anmelder bis zur Erteilungsphase 4300
> > EUR an Gebuehren.  Beim DPMA duerften im Durchschnitt pro Patent etwa
> > Jahresgebuehren von 5000 DEM angefallen sein.  Damit kaemen wir auf
> > Einnahmen von
> > 
> > EPA	100 Mio EUR
> > DPMA	100 Mio DEM
> > 
> > Stimmt das etwa?
> > 
> 	[Tauchert Wolfgang]  Stimmt nicht. Ich schlage vor, daß Sie sich auf
> der Honepage des DPMA (www.dpma.de) über Jahresgebühren informieren und den
> Jahresbericht lesen und zur Kenntnis nehmen. 

Im Jahresbericht finde ich keine Angaben zur Zahl und durchschnittlichen
Dauer von Softwarepatenten aka nicht-technischen Patenten.

Arnim Rupps Pro-Swpat-Argumentations-Howto gilt übrigens nur für Anwälte,
nicht für Beamte.  Von letzteren erwartet man, dass sie dem Gemeinwohl
dienen und bei jeder Bemühung um objektive Information freundlich
Hilfestellung leisten.
 	  
-phm