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"Software-Patentierung"



Sehr geehrter Herr Roessler,

in der Diskussion geht es nicht darum, daß die Kunst des Programmierens
durch Patente gestört werden soll. Software als solche, d.h. der Quellcode,
ist durch Urheberrecht zu schützen und von der Patentierung ausgeschlossen.
Es geht auch nicht um die viel bemühten "Trivialpatente" (one-click ect.),
die, wenn sie denn wirklich (d.h. im Umfang das gesamten Anspruchs) trivial
sind, kein Drohpotential entfalten können, da sie im Ernstfall, d.h. bei
Einspruch oder Nichtigkeitsklage, keinen Bestand haben. 

Nein, was die Open Source- Vertreter (und natürlich auch andere) wirklich
stört, sind technische Verfahren, die über geeigneten Software auf einem
Computer zum Einsatz kommen und für die z.B. schnelle und verlustfreie
Verarbeitung der Daten von Bedeutung sind . Z.B. handelt es sich um
Verschlüsselungsverfahren (wie RSA, jetzt nicht mehr unter Patentschutz)
oder Verfahren zur Kompression von Daten, z.B. im Umfeld von MP3 oder auch
gif ..... . Deren Qualität wird in der Regel anerkannt, sie sind nicht
leicht zu Fall zu bringen oder zu umgehen und man möchte sie eben auch gerne
einsetzen können. Das kann man zu privaten Zwecken oder für Versuche ohne
weiteres auch machen, nur will man sie eben auch gewerblich nutzen können,
d.h. mit ihrer Einbindung (zum Null-Tarif) in eigene Open Source-Software
auch Geld verdienen. 

Das - und nur das - nenne ich den Wunsch nach dem unbeschränkten Zugriff auf
das geistige Eigentum anderer, d.h. der Entwickler dieser Verfahren. 

Dagegen sind diese Verfahren durch Patente geschützt und sie wären anders
als durch Patente praktisch auch nicht zu schützen. In einer Gesellschaft,
die wesentlich am Gewinn orientiert ist, erscheint es mir nicht angemessen,
wenn jeder drittklassige Schlagertext (oder auch drittklassige Software) bis
zu 70 Jahren nach dem Tod ihres "Schöpfers" geschützt ist und die Entwickler
der beispielsweise genannten und für die Datenverarbeitung wichtigen
Verfahren bei deren gewerblicher Verwertung leer ausgehen sollen.

Deren Qualität zeigt sich auch daran, daß sie nicht am kurzfristig sich
ändernden Quellcode hängen, sondern - wie das Beispiel RSA zeigt, auch noch
nach 20-jähriger Patentlaufzeit für die Open Source-Vertreter interessant
sind.    


MfG

Wolfgang Tauchert, DPMA, Abt. 1.53 (Datenverarbeitung und
Informationsspeicherung)