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Re: [FYI] Justizminister droht Providern "Daumenschrauben" an



On Tue, Nov 28, 2000 at 01:00:35PM +0100, Holger Voss wrote:
> Neko schrieb:
> > > Themen verbieten? Was sollen Tabus denn bringen?
[...]
> Aber was mir wichtiger ist: Wenn wir / wenn sich Techniken im Internet
> etablieren, die einen Ausschluß bestimmter Inhalte ermöglichen, dann werden
> diese Techniken mit Sicherheit auch gegen andere unliebsame Inhalte
> eingesetzt.

Hmmm, ich befuerchte eher, dass sich Systeme bilden werden, die Inhalte
nur noch fuer einen begrenzten Nutzerkreis bereitstellen werden. Dies
ist bereits heute teilweise gegeben, man versuche beispielsweise ohne
ein nachgewiesenes wissenschaftliches Interesse an bestimmte Publikationen
zu gelangen. Bibliothekare fuehren seit langem "Giftschraenke", zu denen
auch etwa "Mein Kampf" gehoeren. Der Inhalt wechselst bisweilen mit dem
Zeitgeist; so fielen vor nicht allzulanger Zeit auch noch erotische oder
pornographische Weltliteratur wie "Die Geschichte der O", die Schriften
von Henry Miller und Anais Nin u.v.a. darunter. Andere historische
Dokumente wie Evangeliarien sind ebenfalls nicht frei zugaenglich,
wenngleich die Motivation dafuer durch ihren historischen Wert durchaus
gegeben ist.

Andererseits aber kann man auch heute so ziemlich alles Denkbare und
Machbare bekommen, wenn man nur hinreichend gute Kontakte und ausreichend
Tauschmittel ("Geld") hat.

>    Die einzige Möglichkeit, die ich für unzensierte Diskussion und
> unzensierten Informationsaustausch im Internet sehe, ist die Etablierung /
> Aufrechterhaltung von Techniken, die Lesbarkeit nur für die beabsichtigten
> GesprächspartnerInnen sowie Anonymität ermöglichen. Es spricht nichts
> dagegen, auch Räume im Internet zu haben, in denen Personen / Inhalte
> ausgeschlossen werden können. Es spricht aber sehr viel dafür, nicht nur
> solche Räume zu haben.

Woher nimmst Du diesen Optimismus? "Access" ist bares Kapital fuer 
denjenigen, der die Resourcen hat, sofern es eine Nachfrage fuer diese
Resourcen gibt. Das Nette an Information, im Gegensatz zu materiellem
Besitz, ist seine beliebige Kopierbarkeit und Modifizierbarkeit.
Wenn Du ein Auto verkaufst, dann kassierst Du vom Kaeufer einen einmaligen
Betrag. Wenn Du es vermietest, dann bekommst Du zwar regelmaessige Zahlungen
ueber einen bestimmten Zeitraum, aber der Gegenstand nutzt sich ab. Wenn
Du Information in Lizenz vergibst, kannst Du beliebig oft und beliebig
viel (je nach Nachfrage) dafuer bekommen, weil sich das Objekt nicht
abnutzt. Was meinst Du, warum die Medienmafia so sehr fuer Kopierschutz
von Musikdaten und Videodaten ist: waere die Musik frei, koennte sie
jeder haben - Gemein"eigentum" entwertet sich aber unmittelbar.

Holger

-- 
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