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Re: EPA weitet Patentierbarkeit aus



On 1 Dec 2000, at 0:11, PILCH Hartmut wrote:

>    Im materiellen europäischen Patentrecht hat die Konferenz den
>    Schutzbereich europäischer Patent mit der ausdrücklichen
>    Einbeziehung sogenannter "Äquivalente" präzisiert und verstärkt.
>
> Das ist höchst revolutionär und gefährlich.  Die
> Äquivalenz-Argumentation ist bereits heute eine Extravaganz des EPA,
> die es in Japan und den USA nicht gibt.

Nein. Die "aequivalente Patentverletzung" ist ein ganz alter Hut: Wer
eine Off-Line-Bibliothek zur Hand hat, moege mal in einem
Patentrechtskommentar unter "Patentverletzung, aequivalente" oder so
nachschlagen. Selbstverstaendlich gibt es aehnliches auch im Ausland.

Was im EPÜ versucht worden war, ist eine "Harmonisierung" der
Auffassungen in den einzelnen EPÜ-Mitgliedslaendern, wie weit der
Schutzbereich eines Patentanspruches reichen soll. Im Basic Proposal
war deshalb auch ein Versuch einer Definition des
Aequivalenzbegriffes enthalten, der aber meines Wissens in der
Konferenz gekippt worden ist. Es bleibt daher m.W. bei einer blossen
Erwaehnung, dass auch der Aequivalenzbereich zum Schutzumfang eines
Patentanspruches gehoert.

Wie man hoert, will das EPA erst in der kommenden Woche die
Endfassung des "Revision Act" auf den Webserver legen.

Danach ist erstmal fuer einige Zeit Sendepause: Die Schose kann
ohnehin nur in den Laendern in Kraft treten, in denen sie im
Parlament behandelt und ratifiziert worden ist. Sollte ein Land die
Ratifizierung der Aenderungen ablehnen, scheidet es automatisch aus
dem EPÜ aus; vgl. Artikel 172 Abs. (4) EPÜ.

phm kann dann ja bis dahin eine Antipatentpartei gruenden und,
nachdem er die BT-Wahl gewonnen hat, die nicht-Ratifizierung
beschliessen lassen. Egal ob SPD oder CDU/CSU - keine dieser Parteien
duerfte dafuer zu gewinnen sein, das EPÜ zu verlassen. Wenn sich die
EU als Ganzes an das EPÜ 'dranhaengt [was ja derzeit von der
Kommission energisch betrieben wird], ginge das letzlich wohl auch
nicht ohne Austritt der Bundesrepublik Deutschland au der EU. Im
Uebrigen bliebe dann ja noch das nationale Patentgesetz - da stuende
man vor denselben Problemen innerhalb desselben von TRIPS
abgezirkelten Gestaltungsspielraumes. Aber vielleicht will phm dann
ja auch gleich noch die WTO in die Luft sprengen, damit er TRIPS los
ist. Dann haetten wir endlich den patentfreien nationalstaatlichen
Schrebergartenverein, nach dem sich phm offenbar zu sehnen scheint.

Im uebrigen duerfte es wohl im Jahr 2001 oder 2002 zu einer zweiten
Revisionskonferenz kommen, auf der u.a. die Art. 52-Frage und die
Neuheitsschonfrist zu verhackstuecken waeren.

>    Darüber hinaus hat die Konferenz die Rechtsgrundlagen geschaffen,
>    mit besonderen Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten die
>    Übersetzung europäischer Patente und die Einführung eines zentralen
>    Gerichtssystems für die Durchsetzung europäischer Patente zu
>    regeln. Diese Fragen sind auch für das von der Europäischen
>    Kommission vorgeschlagene Gemeinschaftspatent von grosser
>    Bedeutung.
>
> Das ist wiederum sehr gefährlich.
> Ein solches Gericht steht außerhalb der nationalstaatlichen
> Verfassungsordnung.

Der nationale Souveraen kann selbstverstaendlich Gerichtsbefugnisse
auf der Ebene voelkerrechtlicher Vertraege an supranationale
Koerperschaften abtreten. Wie sonst koennte es einen EuGH geben? Oder
den EuGMR? "Nationalstaatlich" kann heute nicht mehr das Kriterium
sein.

Welche Qualitaet das Gericht haben wird, steht demgegenueber auf
einem anderen Blatt. Aber das ist unabhaengig davon, ob die
Rechtsgrundlage national oder EU-weit ist. Jedenfalls ist eine
Harmonisierung der Patentverletzungsverfahren innerhalb der EU
dringend erforderlich.

--AHH