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Re: 10 Gebote




Hi!

"Neko (Simone Demmel)" schrieb:
> 
> > [...] muß es auch sowas wie Rechtssicherheit
> > geben; dann muß ich auch wissen, was geahndet wird und was nicht; und
> > wenn ich mich für einen Regelverstoß entscheide möchte ich auch wissen,
> > was wir ggf. droht.
> 
> Frei nach dem Motto: das bringt mir 10MIO, ich wandere dafuer 2Jahre in
> den Knast, macht: ein Jahresgehalt von 5 MIO unversteuert, genug Zeit,
> endlich mal all die Buecher zu lesen, die ich schon immer lesen wollte.
> Passt. Lass uns die Bank ueberfallen gehen. ;-)

Hey, Simone, Banküberfälle besser nicht per Mailingliste planen, sonst
kannst Du die 10 Millionen (seit wann springt soviel bei Banküberfällen
raus???) nicht mehr vor Deiner Verhaftung in Sicherheit bringen ;-)

Aber im Ernst. Wenn ich z. B. gemeinschaftlich die Bahngleise eines
Castortransport mit einer Sitzblockade belege, will ich wissen, ob ich
ein bißchen Geld wegen Unerlaubtem Betreten der Bahnanlagen
(Ordnungswidrigkeit) riskiere, oder 1 bis 10 Jahre Knast wegen spontaner
Bildung einer terroristischen Vereinigung (§129a StGB in Verbindung mit
§315 StGB).


> Vielleichtbin ich ja auch zu gutmuetig und sehe in den Dingern nur den
> guten Aspekt und gehe nicht davon aus, dass sie eigentlich die
> boesartigen Seite verkoerpern (ich kanns nicht besser ausdruecken,
> sonstmuesste ich Romane schreiben)

Ist schon gut genug ausgedrückt. Sehen wir halt anders, was ja nicht
weiter schlimm ist.


> > Und mindestens eine der Grundaussagen dieser Zehn Gebote, nämlich die
> > Autoritätsanerkennung, ist für einen Konsens, bei dem ich beteiligt sein
> > soll, ungeeignet.
> 
> Vielleicht muss man die Formulierung fue rdich nur ein bisschen
> aufpolieren, damit das nicht mehr ganz so negativ bei Dir ankommt?

Es sind für mich nicht nur einzelne Formulierungen, die mir nicht
passen, sondern etwas, das ich als "roten Faden" wahrnehme.
   Wir könnten zusammen sicher auf mehr als einigen Konsens kommen, aber
Kriterien, wie Kristian sie in
<20001204185511.20586.qmail@valiant.koehntopp.de> beschrieben hat, wären
aus meiner Sicht eine bessere Grundlage, als die Zehn Gebote. Aber wovon
wir auch immer ausgehen - das Ziel kann durchaus das selbe sein.


> [...] ich habe di eGebote so verstanden, dass davon
> ausgegangen wird, dass, wenn jemand Reichtum ha,t er sich diesen
> verdient hat.

Und davon gehe ich erstmal nicht aus. Zu viele Beispiele und Statistiken
deuten für mich darauf hin, daß Reichtum zu einem wesentlichen Teil -
nicht aber immer und ausschließlich - eine Frage von Glück,
Skrupellosigkeit und Bereitschaft, sich selbst zur Ware zu machen, ist.


> Stell Dir vor, Du hast mit viel Fleiss Dir etwas erschaffen und dann
> kommen Deine Nachbarn und nehmen es Dir weg... (passiert hier einmal
> monatlich, wenn die Steuer sich an meinem Gehalt bedient... *grummel*)

Passiert bei mir praktisch täglich - Mehrwert- und Tabaksteuer. Wenn das
Geld denn vernünftig verteilt würde, hätte ich da ja auch gar nix
dagegen, einen hohen Anteil abzugeben.


> [...] wer nicht miteinander
> redet, kann sich auch nicht auf einen Zeitpunkt und ein gemeinsames
> Vorgehen und eine gemeinsame Organisationsleitung einigen.

Außer der "Leitung": Zustimmung.
   (Ja, ich weiß, ich bin pingelig und finde immer ein Haar in der Suppe
;-).)


> > Den Luxus muß ich mir erstmal leisten können. Wenn mein reines Überleben
> > wirtschaftlich nicht gesichert ist (muß ich jetzt die Milliarden
> > Betroffenen zählen?), dann ist es wichtiger, Enteignung als legitim und
> > Reichtum als verwerflich (weil: anderen vorenthalten) zu betrachten. Und
> > (bevor Du oder andere fragen): Ja, auch ich habe unangemessen viel
> > Reichtum.
> 
> Dein Gedankengang ist fuer mich nachvollziehbar. Ich frage mich manchmal
> auch, warum meine Wohnung und das Haus hier nicht mir gehoert und
> niemals gehoeren wird... aber deswegen jetzt gleich Ammok laufen?

Nein.
   Aber zwischen Amoklaufen und Däumchendrehen gibt's noch ein paar
andere Möglichkeiten.


> > Auch wenn's nicht nur ums Überleben geht, finde ich die Frage nach
> > gerechter oder ungerechter Besitz- bzw. Eigentumsverteilung richtig und
> 
> Es ist immer eine Sache, was man aus dieser Frage macht. Wenn das
> Ergebnis dann so aussieht, dass alle am Ende das gleiche haben, egal,
> was sie tun

... und egal, ob sie gleich viele Bedürfnisse haben ...

> dann wird das nicht lange gut gehen

Zustimmung.

> weil alle
> gemeinschaftlich versuchen werden, so wenig wie moeglich zu tun.

Nicht zwangsläufig. Oder läuft die Eigentumsverteilung in Deiner Ehe (Du
warst doch verheiratet, oder?) auch nach dem Prinzip: Wer häufiger der
Abwasch macht oder das Klo putzt, kriegt mehr Geld?
   In kleinen Zusammenhängen (WGs, Kommunen, Familien ...) läßt sich
eine mehr bedarfsorientierte und weniger leistungsorientierte Verteilung
durchaus umsetzen. Und eine fähigkeits- und geschmacksorientierte
Aufgabenübernahme ebenfalls. Je größer die Zusammenhänge, um so weniger
geht das. Auch ein Grund, warum ich "Weltregierung" keine gute Idee
finde und lieber kleinere, als noch größere Wirtschaftsräume will.


> Das Problem ist haeufig die Durchsetzbarkeit dieses Konsenses. Wenn du
> dich erst durch 5 Gerichte und 27 Instanzen mit 70mal Schmiergeld
> durchkaempfen musst, um ein offensichtliches Recht einzuklagen, ist das
> daneben. Eine Instanz, die man anrufen kann und die das regelt und nicht
> 5 oder wie viele auch immer.

Wenn's nur eine Instanz gibt, ist die Gefahr extrem groß, daß diese
Instanz "Unrecht" spricht. Vgl. die vielen "erfolgreichen" (im Sinne
von: anderer Ausgang) Verfahren in höherer Instanz.
   Gegen Bestechlichkeit hilft nur eine Instanz auch nicht.
   Wer soll entscheiden, was "offensichtliches" Recht ist? Ich war schon
in mehreren Verfahren, wo nicht nur aus meiner moralischen Sicht,
sondern auch aus meinem juristischen Verständnis offensichtliches
Unrecht gesprochen wurde. Da war es gut, daß es weitere Instanzen gab;
da war es schlecht, daß es finanziell und/oder psychisch trotzdem nicht
tragbar war, in die näxte Instanz zu gehen.


> Nebenbei: ein bisschen mehr allgemeiner Konsenz waere in
> einigen anderen punkten nicht schlecht. Ich befuerchte naemlich, dass es
> den nur nicht gibt, weil noch keiner danach gefragt hat.

Zustimmung.
   Offene Meinungsäußerung und -diskussion sind erstmal zu begrüßen! Und
nicht immer warten, bis eineR fragt ...


> > Wieso falsch? Da ist ein Kind; unbeschreiblich toll und liebenswert;
> 
> Ja eines, aber nicht seines. Menschen sind da manchmal komisch...

Viele: ja. Zum Glück nicht alle! Und auch das hat nicht nur mit den
"komischen" Menschen zu tun - die sind ja nicht "komisch" auf die Welt
gekommen -, sondern damit, daß es zu viel gesellschaftliches Verständnis
für biologisch begründete elterliche gefühle und zu wenig
gesellschaftliches Verständnis für sozial / emotional begründete
elterliche Gefühle gibt.


> > erstmal bereit, alle zu lieben, die sich um es kümmern. Bereit, den
> > sozialen Vater zu lieben, von ihm zu lernen, ... es macht sich erstmal
> > keine Gedanken um biologische Vaterschaft [...]
> 
> Das Baby nicht - aber die Menschen um es herum.

Da sind wir völlig einer Meinung. Und (u. a.) genau darum nervt mich
dieses Tamtam um biologische Elternschaft.


> >    Wie kann dieses Kind ein "falsches" sein???
> 
> Es ist nicht das eigene Kind, soll heissen, das selbst ge/erzeugte (hat
> erst mal nichts mit Besitzerstolz zu tun, sondern mit Weiterfuehren der
> Erb-Linie).

Du meinst vermutlich nicht die wirtschaftliche Erblinie, sondern die
biologische Genvererbungs-Linie?
   Tja, wer sich selbst in erster Linie über seine Natur (sein
Gen"material") definiert, hat da natürlich ein Problem. Wer sich in
erster Linie über seine Kultur (Denken, Fühlen, soziales Verhalten,
Wissen, Moral ...) definiert, nicht. Letzteres läßt sich auch an
biologisch nicht-verwandte Kinder weitergeben. Wir sind doch schließlich
inzwischen seit einiger Zeit von den Bäumen geklettert ;-)


> Sondern irgendwas Fremdes, von einem fremden Menschen, etwas was etwas
> in sich hat, was man nicht kennt.

Tja, Xenophobie, ein altes Problem ...


> > Sehe ich nicht. Meine eigene Erfahrung spricht dagegen.
> 
> Na, ich hoffe, Deine Frau weiss das ;-)

Meine Freundin, meinst Du? ("Deine Frau" klingt so nach verheiratet.)
   Sie weiß. Wenn sie nicht wüßte, dann würde ich (und wohl auch sie)
daß als Untreue oder Vertrauensbruch verstehen.
   Und ich weiß bei meiner Liebsten auch ...


> > Ich habe mich nicht geeinigt. Ich bin in vielen Punkten mit der
> > Gesetzgebung nicht einverstanden. Von einem Konsens kann daher keine
> > Rede sein.
> 
> Das mag sein, aber Deine Meinung zaehlt nur begrenzt. Auch wenn Du nicht
> damit einverstanden bist, musst Du Dich an die Gesetze halten.

Zumindest sollte ich mir über die Konsequenzen Gedanken machen, die es
hat, wenn ich mich nicht daran halte ;-)
   (Was wohl die wenigsten "GesetzesverstößerInnen" tun. Aber es begehen
wohl auch die wenigsten bewußt einen Gesetzesverstoß, sondern meist aus
einer Situation heraus, in der sie intuitiv und ohne großes Nachdenken
über Legalität oder Legitimität handeln.)


> > wie die Zehn Gebote "eigentlich" lauten. Einfach für Menschen wie mich,
> > die keinen direkten "Draht" zu Gott haben.
> 
> Wahrscheinlich wuerde das Gleiche rauskommen, wie wahrscheinlich schon
> einmal: aufgeschrieben, mit bestem Wissen und Gewissen und von
> irgendwelchen Leuten spaeter verdreht, in den Dreck gezogen und
> missbraucht. (Das ist shcon lange vor unserer Zeit hier passiert, also
> nicht auf Dich beziehen)

Ich kann ja mal 'ne "gemeine" (will sagen: provokante) Gegenbehauptung
aufstellen: Die Zehn Gebote waren vor den Verdrehungen und Veränderungen
im Laufe der Jahrtausende noch viel schlimmer, als sie uns heute
überliefert sind.
   Was macht Dich so sicher, daß es genau andersrum ist?


> > Aber es ärgert mich, wenn Leute sich auf etwas beziehen, und hinterher
> > behaupten, sie würden etwas ganz anderes meinen als das, was da zu lesen
> > ist.)
> 
> Du versuchst das Negative rauszulesen, ich versuche den positiven Teil
> rauszulesen. Es ist beides moeglich. Die Verse dahinter stehen nicht zur
> Debatte, auch wenn Du sie hier mit versucht hast reinzubringen.

Habe ich nicht in böser Absicht getan, sondern weil ich es sinnvoll
finde, Texte bei unklarer Interpretation in ihrem Kontext (literarisch,
historisch, biographisch ...) zu rezipieren. (Ich habe Exodus 21 erst
gelesen, nachdem wir hier angefangen haben, über Exodus 20 zu streiten.
Ich "gestehe" aber mich gefreut zu haben, daß das, was ich da gefunden
habe, besser in meine Interpretation paßt, als in Deine.)


> > Da weiß ich immer noch nicht, wie manche zu einer solchen Auslegung
> > kommen. In den uns überlieferten Geboten ist von Strafe und Eifersucht
> 
> Wie waere es, mit ein bisschen guten Willen und weniger Spitzfindigkeit?

Anders gefragt: Warum fehlt mir der gute Wille? Anderen Teilen der Bibel
kann ich doch - wie schon geschrieben - durchaus Gutes abgewinnen.
   Warum sollte ich ausgerechnet den Zehn Geboten gegenüber so viel
weniger "guten Willen" haben, als anderen Teilen der Bibel gegenüber?
   Deine Mutmaßung über meine Gründe für die Kritik an den Zehn Geboten
kann ich nicht nachvollziehen.


> > die Rede, von Strafe auch für an sich unschuldige Kinder (bzw. Söhne)
> > und Besitzansprüchen gegenüber Menschen.
> 
> Das ist nicht aus den 10 Geboten, das hast Du aus einem Text danach
> rausgekramt.

Das ist _doch_ aus den Zehn Geboten.
   Strafe gegenüber an sich unschuldigen Nachkommen: Exodus 20, Vers 5.
(imho eindeutig)
   Besitzansprüche gegenüber Menschen: Exodus 20, Vers 17. (imho auch
anders interpretierbar, auch wenn ich "meine" Interpretation für weniger
weit hergeholt halte ;-))


> die 10 Gebote. Denn die kann man weitestgehendst akzeptieren. Sie
> sind nicht so schlecht, wie Du sie hingestellt hast.

Lassen wir's dabei, daß wir da anderer Meinung drüber sind?


> >    Wie sich das ganze friedlich auslegen läßt, ist mir ehrlich
> > schleierhaft.
> 
> Ach ja? (*nerv* [...]

Sorry, ich finde Deine Ausführungen teilweise auch nervig. Aber ich
glaube nachvollziehen zu können, was Du meinst, und bemühe mich deshalb
(auch wenn's vielleicht nicht immer gelingt), trotzdem vernünftig zu
argumentieren und mein "Genervtsein" nicht allzu sehr raushängen zu
lassen.


> 1. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.
> 
> streichen wir, weil Kreuzzuggefaehrdet.

ok


> 2. Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht mißbrauchen.
> 
> Das tut niemandem weh [...] Man koennte auch [...]

ok


> 3. Du sollst den Sabbattag heilig halten.
> 
> Das muss aus einer anderen Religion kommen - wie heisst das christliche
> Pendant? (auf jeden Fall ist das eine Verpflichtung zum Urlaub machen und
> ausspannen)

Klingt ja fast nach Gewerkschaft ;-)
   (Wer fragte hier in der Liste nochmal, ob Gewerkschaften abgeschafft
werden sollen? Nein! Sollen sie nicht! - Zumindest nicht ohne Ablösung
durch was Besseres, und das ist aktuell nicht in Sicht.)


> 4. Du sollst Vater und Mutter ehren, auf daß es dir wohlergehe und du
>    lange lebest auf Erden.
> 
> Der Nachsatz ist merkwuerdig

Den habe ich auch nicht so ganz verstanden ... gibt verschiedene
Möglichkeiten ... eindeutig ein Fall, wo eine unkommentierte
Bibelübersetzung unbefriedigend ist!

> Deine Eltern meinen es meistens gut, auch wenn es Dir gerade ungerecht
> und gemein erscheint. Du hast eine besondere Verantwortung Deinen Eltern
> gegenueber (insbes. im Alter).

Für meine und viele andere Eltern: ok
Für viele noch andere Eltern: nein

... mich stört an diesem Gebot auch die Einseitigkeit. Es gibt kein
Gebot "Du sollst Deine Kinder ehren und achten." (Lassen wir an dieser
Stelle mal die Diskussion um biologische Elternschaft weg!?)
   Oder anders formuliert: Diese Einseitigkeit bestärkt mich in der
Vermutung, daß es sich im wesentlichen um ein autoritätssicherndes Gebot
handelt.

Aber - wie geschrieben - teilweise Zustimmung.


> 5. Du sollst nicht töten.
> 
> Nur weil man sich gerade ueber seinen Nachbarn aufregt, darf man nicht
> einfach rueberspazieren und ihn umnieten.

ok, aber nix Neues.
   Daß Töten nur unter sehr bedingten Umständen als legitim angesehen
wird, durchzieht alle menschlichen Kulturen soweit überliefert und mir
bekannt. Interessant wird's erst bei den Umständen ... und da schweigen
sich die Zehn Gebote aus.


> 6. Du sollst nicht ehebrechen.
> 
> Das tut man nicht, dann koennen wir uns das mit Versprechen und
> gemeinsam auch gleich schenken, nur haetten wir dann eine Gesellschaft
> von herumspringenden Eigenbroetlern.

Ich nehm's mal nicht persönlich, aber ich kann Dir versichern, daß
Verantwortung, Gemeinsamkeit und Treue füreinander auch in einer
langjährigen Beziehung funktionieren, in der die Beteiligten auch
sexuelle Kontakte zu Dritten haben.

> Keiner wuerde mehr zusammenhalten,
> wenn es darum ging schwierige Probleme zu loesen.

Behauptung ohne Begründung.
   Die Bereitschaft, füreinander Verantwortung zu übernehmen auch in
schwierigen Lebenssituationen, hat imho nix, aber auch gar nix mit einem
entsprechendem Versprechen zu tun (Wer das schon alles gegeben und
gebrochen hat ...). Ohne Versprechen geht's auch ... Du kannst auch
einfach fühlen, daß der/die andere zu Dir hält. Und auf mein Gefühl (und
meine Erfahrung) verlasse ich mich da mehr, als auf ein Versprechen.


> 7. Du sollst nicht stehlen.
> 
> Was Dir nicht gehoert, darfst Du Dir nicht einfach aneignen.

Na ja, bleibt die Frage, warum jemandem etwas gehört. Bei extrem
ungleichen Lohnverhältnissen, Landverteilung, bei Vermögenswahrung über
Generationen hinweg, bei Beachtung der Tatsache, daß Geld meist dahin
geht, wo schon viel Geld ist, usw. usf. ist die Frage alles andere als
einfach, wem was "zusteht" bzw. "gehört".

> Das
> bemerkst Du spaetestens, wenn Dir jemand alles, was Du Dir hart
> erarbeitet hast wegnimmt

Stimmt. Arbeitgeber können ganz schön gemein sein!


> 8. Du sollst nicht falsch Zeugnis geben wider deinen Nächsten.
> 
> Klingt wie: Du sollst nicht luegen und andere damit ungerechtfertigt
> in Misskredit bringen.

Das war ja das Gebot, über das wir uns bisher noch am meisten einig
waren.
   Ich kann mir Ausnahmesituationen vorstellen, aber im Grundsatz (und
darum geht's wohl) stimme ich diesem Gebot zu.


> 9. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.
> 
> Das Haus sollst Du ihm nicht versuchen wegzunehmen oder ihn daraus zu
> vertreiben

Was ist mit der Villa des Großgrundbesitzers / SklavInnenhalters? Dürfte
gerade zum Zeitpunkt der Entstehung der Zehn Gebote eher die Regel des
begehrten Hauses gewesen sein, als die Ausnahme!

> nur damit Du dann jetzt drin leben kannst.

Das hast Du jetzt dazugedichtet. Die Interpretationsmöglichkeit "damit
_alle_ bisher versklavten / unterjochten (und nicht nur ich) darin leben
können", läßt Du geschickt außen vor. Gerade bei der von Dir angemahnten
historischen Zeitbezogenheit der Zehn Gebote ein imho wichtiger Faktor.


> 10. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib.
> 
> Und seine Frau ist schon vergeben, anbaggern ist sinnlos...

"sinnlos" muß sich erst noch rausstellen, und "anbaggern" ist zum Glück
nicht die einzige Möglichkeit des sich-Näherkommens.

> und nerv sie gefaelligst nicht so lange, bis sie endlich, um Ruhe zu
> haben nachgibt und Dich anhoert...

So viel Bedacht auf die Interessen der Frau traust Du dem Verfasser (ich
zweifele nicht daran, daß es nicht eine Verfasserin war) der Zehn Gebote
zu? Ich nicht.

> Das gehoert sich einfach nicht

Bekanntlich kein Argument.

> und artet gerne mal in Schlaegereien aus.

Ach so, doch nicht nur Bedacht auf die Interessen der Frau, ich war
schon irritiert ...
   Aber ob eine zusätzliche Legitimation für Eifersucht ausgerechnet
gegen Eifersucht oder daraus resultierende Gewalttaten hilft, wage ich
dann doch zu bezweifeln!


> Von 10 Geboten habe ich 1 rausgeschmissen, eines mit: Wenn's gluecklich
> macht als Nebeneffekt zur Seite gelegt und 0.5 als eigenartig zur Seite
> gelegt.
> 
> Ich finde, ueber 70% gar keine schlechte Ausbeute.

Reines Zählen finde ich nicht den richtigen Ansatz ... ich könnte Dir
vermutlich problemlos zehn Gebote vorlegen, von denen Du achten oder
neunen zustimmen würdest, die Du in ihrer Gesamtheit aber ablehnen
würdest.
   Aber als Zwischenbilanz bei wohlmeinender Interpretation: sechs Mal
abgelehnt (Gebote 1, 2, 6, 7, 9, 10), ein Mal wegen Einseitigkeit
gestrichen (Gebot 4), ein Mal wegen Inhaltslosigkeit gestrichen (Gebot
5), zwei Mal akzeptiert (Gebote 3 und 8). ("Akzeptiert" heißt dabei: Die
weltliche Grundaussage bei relativ wohlmeinender Interpretation nicht
abgelehnt. Z. B. Gebot 3 ("Siebter Tag"): Die (nicht weltliche)
Begründung ist imho hanebüchen, aber bleiben wir beim "Weltlichen". Die
Beschränkung auf nur einen freien Tag pro Woche ist nicht ausreichend,
aber die Grundaussage bei wohlmeinender Interpretation lautet "überhaupt
freie Tage" und ist positiv.)

Eine deutlich schlechtere Bilanz, als bei Dir. Auch wenn - da war ich am
Schwanken - das Nicht-Töten-Gebot noch dazu kommt, komme ich auf 30 und
nicht auf 70 Prozent. - Und das bei sehr wohlmeinender Auslegung.

Aber - wie gesagt - es geht mir weniger um das Abzählen von 0 bis 10,
sondern auch um eine Gewichtung und um eine Gesamtbeurteilung.


Für Weltgesetze (auf Grundlage der Zehn Gebote oder auch auf anderer
Grundlage) sehe ich jedenfalls schwarz und freue mich darüber, aber
Diskussionen global zu führen und weltweit zu versuchen,
Moralvorstellungen emanzipatorisch und unter
Menschenrechts-Gesichtspunkten zu beeinflussen, finde ich gut.

Schöne Grüße,
ich sollte eigentlich schon lange schlafen


Holger