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Softwarepatente hau-ruck per EU-Richtlinie? Offener Brief fordert5 Gesetzesinitiativen
- To: neues@ffii.org
- Subject: Softwarepatente hau-ruck per EU-Richtlinie? Offener Brief fordert5 Gesetzesinitiativen
- From: PILCH Hartmut <phm@a2e.de>
- Date: Wed, 20 Dec 2000 11:49:21 +0100 (CET)
- cc: swpat@ffii.org, debate@fitug.de
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- Sender: owner-debate@fitug.de
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Patentjuristen wollen Softwarepatente im Eilverfahren per EU-Richtlinie
einführen
IT-Fachleute halten mit 5 Gesetzesinitiativen dagegen
VERTRAULICH
Die Patentreferenten der Europäischen Kommission haben für Donnerstag,
den 21. Dezember 2000, einen nicht im einzelnen bekannten Kreis von
Patentjuristen und Patentreferenten der europäischen Regierungen zu
einem Sondierungsgespräch über die geplante EU-Richtlinie zur
Patentierbarkeit von "computer-implementierten Erfindungen"
eingeladen. Innerhalb der Europäischen Kommission ist die
Generaldirektion Binnenmarkt (GDBM) unter Kommissar Frits Bolkestein
für das Thema zuständig. Bisherige Verlautbarungen deuten darauf hin,
dass die Generaldirektion bis spätestens Anfang Februar die
umstrittene Softwarepatentierungspraxis des Europäischen Patentamtes
legalisieren und für alle eurpäischen Gerichte als verbindlich
vorschreiben will.
Wer zu der Sitzung in Brüssel eingeladen wurde, ist nicht öffentlich
bekannt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass im wesentlichen die
Generaldirektion Binnenmarkt (GDBM) ihre Pläne präsentieren und
ausgewählten Zuhörern das Rederecht einräumen wird, um einen Konsens
für ihre Position zu erzielen. Von Seiten der Bundesregierung werden
Patentreferenten des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) erwartet.
Derweil hat das Bundesministerium für Wirtschaft mehrere Studien über
die wirtschaftlichen Wirkungen von Softwarepatenten ausgeschrieben.
Eine Ende November abgeschlossene bisher unveröffentlichte Studie
kommt zu einem patentkritischen Ergebnis. Bei einer zweiten Studie ist
erst Mitte 2001 mit Ergebnissen zu rechnen. Dies deutet darauf hin,
dass man auf Seiten der Bundesregierung an einer allzu schnellen
Brüsseler Beschlussfassung nicht interessiert sein kann. Demgegenüber
drängt die GDBM auf schnelle Klärung der Rechtslage. Ob die
Bundesregierung sich durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.
Auf den Webseiten der Generaldirektion Binnenmarkt (GDBM) steht gleich
eingangs zu lesen, die Wichtigkeit des Patentwesens als Motor der
Innovation könne gar nicht überschätzt werden. In ähnlichem schlichtem
Geiste sind alle Dokumente der GDBM geschrieben, die sich mit der
Patentierbarkeit von Software befassen, angefangen vom "Grünbuch".
Ebenso wie das Europäische Patentamt (EPA), das BMJ-Patentreferat und
andere Mitglieder des "Europäischen Patentkonzerns" glaubt die GDBM an
die segensreiche Wirkung aller Formen des "Eigentums". Auf diesem
einfachen Glauben beruht ihre Arbeitsweise. Doch in den letzten Jahren
haben zunehmend leidvolle Erfahrungen und wissenschaftliche Studien
gezeigt, dass dieser Glaube falsch ist. Wachsender Kritik begegnete
die GDBM 1999 zunächst, indem sie eine "unabhängige Studie" vom
Londoner "Intellectual Property Institute" (IPI) anfertigen ließ.
Das IPI versteht sich als Sprachrohr des Patentwesens. Sein Vorstand
besteht vor allem aus Patentanwälten, Patentrichtern und Großkonzernen
mit großem Patentportfolio. Laut Satzung hat es sich zur Aufgabe
gesetzt, "Forschung zu fördern, deren Ergebnisse den Anteilseignern
des Institutes zugute kommen werden". Einer der Autoren des
IPI-Berichts, Robert Hart, ist überdies ein bekannter Verfechter der
Softwarepatentierung, der schon 1997 durch besonders
unwissenschaftliche Methoden den Boden für das Grünbuch bereitete.
So verwundert es nicht, dass das IPI seiner Studie nur die Praxis des
EPA zugrunde legte und keine Handlungsoption in Betracht zog, die zu
weniger Patenten führen könnte. Dennoch wiesen die Autoren darauf hin,
dass es keine fundierten wirtschaftspolitischen Argumente für eine
Ausweitung des Patentwesens gebe. Die GDBM hielt diese Studie von März
bis Oktober 2000 unter Verschluss.
Angesichts wachsender Kritik von Kollegen innerhalb der Europäischen
Kommission veröffentlichte die GDBM schließlich am 19. Oktober die
IPI-Studie zusammen mit einem eigenen "Konsultationspapier", welches
bis ins Detail den Standpunkt des Europäischen Patentamtes vertritt.
Die Öffentlichkeit wurde aufgefordert, zu diesen beiden Papieren
Stellung zu nehmen. Daraufhin gingen viele Schreiben von
Patentjuristen diverser Gewerbeverbände in Brüssel ein. Der
Europäische Patentkonzern wurde mobilisiert. Aber auch die Gegenseite
veröffentlichte hunderte von Eingaben. Eine offizielle Stellungnahme
der Eurolinux-Allianz wurde mit über 1000 Seiten Anhang nach Brüssel
übersandt.
Auch ein interdisziplinäres Forscherteam bräuchte einige Wochen, um
diese Unterlagen auszuwerten und zu würdigen. Bei der GDBM arbeiten
jedoch nur eine handvoll Patentjuristen, die nur das tun, was sie
gelernt haben: die dominierenden Rechtsmeinungen des Europäischen
Patentkonzerns wortgetreu wiedergeben und in Gesetzesregeln umsetzen.
Bei der Europäischen Kommission braucht man hierfür noch nicht einmal
ein Parlament. Es genügt, sich mit den Patentreferenten der nationalen
Regierungen kurz zu schließen und innerhalb des Europäischen
Patentkonzerns einen einstimmigen Beschluss zu fassen.
Angesichts dieser Umstände haben namhafte IT-Firmen und Verbände in
einem Offenen Brief an zahlreiche Politiker ihr Schicksal in ihre
eigene Hand genommen und fünf Gesetzesinitiativen formuliert:
"Freiheit der Veröffentlichung selbstgeschaffener Informationswerke",
"Freiheit des Zugangs zu Kommunikationsstandards", "Präzisierung der
Patentierbarkeitsgrenzen", "maßgeschneidertes System zur Förderung
geistiger Innovationen" und "Entbürokratisierung des Patentwesens".
Der Offene Brief stützt sich auf zahlreiche kompakte Anhänge, durch
die interessierte Leser schnell zu weiteren fundierten
Informationsquellen geführt werden. Ein Vorgänger dieses Briefes vom
August hatte mit dazu beigetragen, einen Konsens aller
Bundestagsfraktionen gegen Softwarepatente herzustellen. Auch diesmal
rechnen die Initiatoren mit breiter Unterstützung.
Verweise
* Eurolinux Petition für ein softwarepatentfreies Europa -
http://petition.eurolinux.org/index.de.html
* Schutz der Informatischen Innovation vor dem Missbrauch
des Patentwesens - http://swpat.ffii.org
Über den FFII - www.ffii.org
Der (FFII e.V.) ist ein gemeinnütziger Verein, der die Entwicklung
offener Schnittstellen, quelloffener Programme und frei verfügbarer
öffentlicher Informationen fördert und sich für ein kraftvolles
Zusammenwirken freier und proprietärer Software zum Zwecke eines
langfristigen Aufbaus informationeller Gemeingüter auf der Grundlage
offener Standards, fairen Wettbewerbs und der Achtung legitimer
Urheberrechte einsetzt. Der FFII koordiniert eine Arbeitsgruppe zum
Schutz der digitalen Innovation vor Softwarepatenten, die von
erfolgreichen deutschen Softwarefirmen unterstützt wird. Der FFII ist
Gründungsmitglied der EuroLinux-Allianz für eine Freie Informationelle
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