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Re: Telepolis über Lutterbeck-Gutachten und FFII



> On Fri, Dec 29, 2000 at 01:24:18PM +0100, PILCH Hartmut wrote:
 
> Leider wird der innovative Ansatz des Gutachtens aus juristischen
> Verständnisschwierigkeiten heraus übersehen. Das Beharren auf
> einer Formulierung (Richtlinienentwurf) führt nicht weiter, weil
> die Patentvoraussetzungen kaum den FFII-Vorstellungen angepasst
> werden. Die Schranken-Diskussion wird vom FFII nicht angenommen.
> Das ist schade. Ich schiebe das auf die Verständnisprobleme.

Der FFII hat sich, mit anderen Verbänden und Firmen zusammen, genau das
auf die Fahnen geschrieben, was du und AHH fordern.  Allerdings ist das
dort nur eine von fünf Gesetzesinitiativen.

	http://swpat.ffii.org/xatra/patg2C/patg2Cde.pdf

Die Verständnisprobleme liegen m.E. auf deiner Seite, wie man auch an
folgendem sieht:
 
> Folgendes ist exemplarisch:
> 
> > > > > Dann waere der Chemiker aussen vor, solange er Kunststoffe nur als
> > > > > ungeformte Klumpen synthetisiert. Sobald aber jemand etwas
> > > > > herstellt, was mehr ist als "Kunststoff als solcher", beispielsweise
> > > > > ein aus Kunststoff gefertigtes Getriebe, muesste er sich mit allen
> > > > > Patenten herumschlagen, die auf "Getriebe" ohne naehere
> > > > > Spezifikation des Werkstoffes erteilt worden sind, denn man kann ja
> > > > > nie wissen, ob diese Patentgegenstaende nicht vielleicht auch aus
> > > > > Kunststoff herstellbar sind. 
> > > > 
> > > > Und das wäre für die beispielgemäß patentfrei zu haltende
> > > > Kunststoffindustrie kein Problem.  Exzellentes Beispiel.  So in etwa
> > > > wollen wir es für Computerprogramme.
> >  
> > > Ja meine Guete, so ist es eben nicht. Der FFII will - in diesem Bilde
> > > - sinngemaess erreichen, dass auch ein Getriebe nicht mehr unter einen
> > > auf ein "Getriebe" gerichteten Patentanspruch faellt, wenn es aus
> > > Kunststoff gefertigt ist.
> > 
> > Nein, wollen wir nicht, s. obiges Zitat aus unserem Richtlinienentwurf.
> 
> Wenn ihr das nicht wollt, dann seid ihr bei dem jetzigen status
> quo. 

Nein.  Hast du unseren Eurolinux-Richtlinienentwurf gelesen?

	http://swpat.ffii.org/stidi/eurili/
	http://petition.eurolinux.org/consulation/ec-consult.pdf

> Wenn ich ein Patent auf ein Getriebe habe, dann kann ich es
> DERZEIT auch durchsetzen, wenn das Getriebe aus Kunststoff ist,
> um im Beispiel zu bleiben. 

So war es immer und so muss es immer bleiben. Um es nochmal klar zu sagen:

Wenn jemand ein Patent auf eine echte technische Innovation mit
industriellem Charakter hat (Abgrenzungskriterien siehe o.g.
Eurili-Vorschlag), soll er darauf auch dann ein Patent bekommen, wenn der
Prozess von einem Computerprogramm gesteuert wird.  Näheres siehe
o.g. Richtlinienentwurf.

Ihr unterstellt uns allzu primitive Standpunkte, was wiederum ein er
Unzulänglichkeit Eurer eigenen Sicht liegen könnte.  Ich kann es mir nur
damit erklären, dass du meine Ausführungen nicht gelesen hast.

> Damit haben wir uns zum x-ten Mal im Kreis gedreht. Das bringt nichts.
> Ich denke, wenn der FFII auf seiner (wenig realistischen) Lösung
> beharrt, dann kann er das auch weiter verfolgen. Allerdings dürfte es
> bei FITUG keine Mehrheit für diese Lösung geben (was noch
> festzustellen wäre)
 
> Horns/Lutterbeck schlagen einen eleganten Ausweg vor, der mir
> allerdings nicht weit genug geht.  Die Lösung muss einher gehen mit
> einer Ausweitung der Schranken für den privaten Gebrauch und einer
> Schranke für Meinungsfreiheit.

Alles, was du noch als "Ausweitung" forderst, schlagen Horns/Lutterbeck
bereits vor.  Unser Offener Brief geht in Initiative 1 schon etwas weiter,
und man könnte auch noch einen Schritt weiter gehen.  Es gibt m.E. drei
Schichten von Schranken:

(1) quellenoffene Informationswerke
(2) alle Informationswerke
(3) alle Software-Prozesse, die auf Universalrechnern mit gängiger
    Peripherie, insbesondere Büromaschinen, ablaufen.

LuHoGe schlagen nur Schicht 1 vor.  Unser Offener Brief geht bis zu 2 und
vielleicht, nach Abstimmung unter den Unterzeichnern, demnächst auch zu 3. 

> Bloss diskutiert das der FFII in Form von Hartmut aus Beharrlichkeit
> und krampfhaftem Festhalten an einer einmal gefundenen und
> propagierten Lösung nicht.
 
> Ausserdem vergiftet die erkennbare Polemik einen sachlich effektiven
> Austausch. Wenn man feststellt, dass es nicht passt, hilft lauter
> werden auch nicht.

Ich finde den Austausch auch hinreichend sachlich und weitgehend effektiv.  
Wenn auch Kreisbewegungen wie deine obige mich sehr enttäuschen.

Wie auch immer FITUG entscheiden möge: es kann keinen Grund geben, gegen
weitergehende Initiativen anderer zu polemisieren.

Man erinnere sich daran: zur Debatte stehen in der EU derzeit nicht die
Schrankenbestimmungen sondern die Erteilungsvoraussetzungen.  Man wird den
FITUG e.V. danach beurteilen, was er in dem historischen Moment
beigetragen hat, als zu diesem Thema entschieden wurde.

Wenn es so weiter geht wie bisher, könnte das Urteil bald lauten:  

Die FITUG-Mitglieder zeigten sich desinteressiert und ließen ihre Juristen
gewähren, die wiederum für die Rechtsauffassung der Patentmaximalisten
(EPA, BGH) und gegen die der gesetzestreuen Gerichte (BPatG, s. auch
http://swpat.ffii.org/stidi/korcu), für die Legalisierung von 30000
trivialen Softwarepatenten und für eine grenzenlose Patentierbarkeit nach
amerikanischem Vorbild plädierten.  Dies alles konnte deshalb geschehen,
weil die FITUG-Mitglieder sich von allerlei begleitenden
Opensource-Bekenntnissen das Gewissen benebeln ließen.  Die im Rahmen
dieser Bekenntnisse geforderten "Schrankenbestimmungen" kamen nie zustande
und gerieten in dem Moment in Vergessenheit, wo die EU-Richtlinie
verabschiedet und das Thema Swpat somit weitgehend entpolitisiert war.
Gelegentlich flammte die Debatte wieder auf, aber die Juristen, denen die
FITUG-Mitglieder vertrauten, rieten von einem nationalen Sonderweg ab und
wiesen darauf hin, dass es rechtssystematisch und im Hinblick auf TRIPS
u.a. unvertretbar sei, wenn erteilte Patente nicht in der Praxis
durchsetzbar seien.

-phm