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Re: Werthebach: wer blamiert sich?




Klaus Daessler wrote:
> 
> Sehr geehrter Herr Jäckel,
> 
> [...]

> 
> > > Ihr Ansatz, daß die Benennung der Dinge unwesentlich sei,
> > > weil man ja doch bei jedem Fachwort erst lernen muß, was es bedeutet,
> > > ist schlichtweg falsch.
> > Beweis? Erklärung?
> 
> Ihre Behauptung war, daß die Benennung unwesentlich sei. Mein ganzer
> folgender Text (> >) war die Begründung. Einen formalen Beweis kann ich
> nicht führen, da wir uns nicht in einem formalen System bewegen. 

Wie können Sie dann behaupten das etwas "falsch" ist. Diese Aussage kann
nur in einem formalen System getroffen werden. Ansonsten ist diese
Aussage, das etwas wahr oder falsch ist, immer eine inhaltslose
Aussage, da weder das eine noch das andere "beweisbar" ist und sich
Aussage und Aussage unabhängig gegenüberstehen. 
Mit ihrer Aussage "schlichtweg falsch" zeigen sie also nur die
Ablehnung meiner These - und das auf eine sehr schroffe
Art und Weise. Einen Kompromiss - das anstrebbare Ergbenis
jedweder Diskussion - scheinen Sie nicht zulassen zu wollen.

> Meine
> Behauptung ist: Der überwiegende Teil (ich schätze 90%) der Begriffe
> und auch der Zeichen eines Modells werden intuitiv, aus dem Kontext
> erlernt, ohne je eine formale Definition zu bekommen.

Ich geben Ihnen recht, dass wir Begriffe und Zeichen intuitiv lernen
und erfassen können. Aber das gilt auch für "ausländische" Begriffe,
da auch der Klang Inhalt transportiert. 

> 
> > > Zuviel unverständliches, das umständlich über Versuch und Irrtum
> > > erlernt werden muß, tötet die Wissenschaft. Bitte beobachten Sie
> > > sich doch einmal, wenn Sie sich in eine wissenschaftliche Disziplin
> > > wirklich einarbeiten. Nur wenige Begriffe werden Sie bewußt lernen, die
> > > übergroße Menge nehmen Sie intuitiv auf.
> > Siehe Philosophie: Jedes intuitiv verstandene Wort hat nicht die
> > Bedeutung, die man üblicherweise darunter versteht. Ergebnis:
> > man versteht erstmal nichts, obwohl die Worte bekannt sind.
> 
> Das liegt aber nicht am intuitiven Verstehen, sondern an der Schwierigkeit
> wirklicher Philosophie. Deren Kategorien sind im Gegensatz zu den praktischen
> Disziplinen nicht durch allgemein bekannte Objekte der Realität
> abgedeckt oder instanzierbar (wie im größten Teil der Mathematik).
?? In der Mathematik gibt es Konstrukte, die nicht mal mit enorm viel
Phantasie in Objekte der Realität übertragbar sind.

> Ich glaube, Sie sind auf dem falschen Wege, wenn Sie intuitives Erfassen
> als Ursache für Mißverständnisse hinstellen. Es ist genau umgekehrt.
> Intuition, d.h. nichtsprachliche Intelligenz, ist die eigentliche
> Intelligenz. Bitte beobachten Sie doch einmal Ihren persönlichen Lernvorgang!

Mißverständnisse entstehen dadurch, dass etwas Geschriebenes/Gesagtes
nicht richtig beim Rezipienten ankommt - er/sie es falsch versteht.
Angenommen jedes Wort müßte aktiv gelernt werden (im Gegensatz zu 
intuitiven Erfassen), wäre dann nicht die Wahrscheinlichkeit höher, 
dass zwei Menschen ein Wort/Begriff gleich verstehen würden, als wenn
sich jeder eigene Vorstellungen/Erklärungen von Worten/Begriffen
machte?

> 
> [...]
> 
> > Siehe Mathematik: Völlig losgelöst? Da eigentlich nur
> > Symbole benutzt werden.
> 
> Aber wie haben Sie denn Mathematik gelernt?
> Ich habe Mathematik an völlig natürlichen Dingen gelernt. Arithmetik,
> Algebra, Mengenlehre usw. ist doch nur an konkreten Modellen zu
> verstehen!
Sehen Sie, das ist der Unterschied. 
Ich brauche mir keine Äpfel vorzustellen, um zwei Zahlen 
zu addieren.
Mathematik ist ein reines Symbolsystem, das teilweise aus 
Abstraktionen der Realität entstanden ist. Der wesentliche
Teil kann ohne Bezg zur Realität gelernt und erfasst werden
- also völlig abstrakt.

> Sie sind doch kein Theorembeweiser, d.h. ein abstrakter Automat!
> Diese sind unendlich ineffizient, weil ihnen die Interpretation
> der Symbole, das heißt,
> die Constraints, das heißt (intuitiv), die Wertbedingungen fehlen.
> Wir Menschen müssen aber leben, d.h. problemlösen. Und deshalb
> dürfen wir nicht unendlich ineffizient sein, d.h. die Assoziation
> unseres Begriffsnetzes zu realen Gegebenheiten muß optimal sein.

Da gibt es sicher ein paar Professoren der Informatik, die Ihnen
sicher mindestens bedingt "effziente" Theorembeweiser präsentieren
könnten.

> 
> > > Rein aus einer Fremdsprache  konsumiert, quält sie sich
> > > mit vielen Irrtümern dahin, bis sie muttersprachliche
> > > Qualität erreicht hat.
> > >
> > > Und gerade diese versuchen die deutschen Kultusbürokraten im Moment
> > > der deutschen Wissenschaft wegzunehmen!  Ein Vergehen an
> > > der deutschen Wissenschaft!
> > >
> > > > Was z.B. ein "eingebettet System" oder "embedded system" ist, bleibt dem
> > > > Laien unabhängig von der Sprache zunächst verschlossen.
> > >
> > > "embedded system" ist ein schlechtes Beispiel, weil hier der
> > > Muttersprachler sofort vom Klang her eingebettetes System versteht.
> > > Und wenn er eingebettetes System hört, dann denkt er sofort an
> > > System und an (in etwas anderes) eingebettet.
> >
> > Diese Assoziation ist dennoch völlig unzureichend um das Gemeinte
> > nur annähernd zu erfassen.
> 
> Es ist der erste, damit wichtigste Kontakt, denn hier wird ein
> neuer Begriff angelegt - das eingebettete System. Die allgemeinsten
> Merkmale, nämlich ein System, d.h. eine rel. abgeschlossene Menge
> wechselwirkender Komponenten zu sein, die in ein anderes System
> eingebettet ist, d.h. das System ist in seiner Wechselwirkung nach
> außen "eingehüllt" in ein anderes. Wenn Sie diesen Begriff intuitiv
> so in ihrem relationalen Netz ablegen, liegt er gleich richtig.
> "Wrdlbrmpf"  liegt überhaupt nirgends.

Bei mir liegt "Wrdlbrmpf" nicht im Nirwana. Intuitiv kann man 
jedes Wort erfassen, so auch "Wrdlbrmpf". Da es aber so ungewöhnlich 
ist (keine Vokale!), ist es aber nicht leicht erfassbar.
Es erinnert an eine Unmutsäußerung, wie sieht in Comics verwandt
wird ... eine Erklärung/Definition würde Unklarheiten beseitigen.

> [...]
Zu dem Begriff (Web-)Sites:

Sites sind keine Netzknoten! Sites sind eher die Summe der 
aufbereiteten Information eines Anbieters (z.B. Firma), die 
im Internetdienst HTTP unter einer (Ober-)Adresse zu erreichen sind.

> Seiten sind es auf keinen Fall. Und nur das
> wollte ich sagen. Daß dazu noch Drehkreuze und Transporter
> und wer weiß was noch alles gehört, daß verschiedene Netzprotokolle
> gelten usw. ist doch vollkommen unerheblich. Ich bin zufällig
> Spezialist für Agenten in Netzwerken.

Wer seine Aussagen durch den Hinweis auf sein Spezialistentum zu 
untermauern versucht, darf sich nicht wundern, wenn er nicht
ernst genommen wird. 
Ich bin übrigens nicht nur zufällig Spezialist!

> 
> [...]
> 
> 
> > > Erstens sind z.B. deutsche Informatikbegriffe
> > > i.A. sehr viel präziser als anglo-amerikanische.
> >
> > Z.B. Rechenmachine: Abakus oder was?
> 
> Darf ich Sie erinnern, daß Computer "Rechner" heißt? Da ist
> Rechenmaschine in der Tat schon weit präziser. Da weiß man,
> daß es eine Maschine ist.
Bei Computer weiß ich sogar, dass es üblicherweise eine "elektronisches
Datenverarbeitungsmachine" ist.
Die reine Übersetzung von dem englichen "Computer" in den
deutschen "Computer" greift zu kurz! In Deutschland
bezeichnet Computer mehr als nur einen "Rechner".

> [...]
> 
> > Fachleute werden Begriffe durchaus
> > verstehen, wärend Laien - das ist das eigentliche Problem - nichts
> > damit assozieren können, weil ihnen der Kontext fehlt.
> 
> Es gibt keine reinen Fachleute, die alles schon wissen, und reine Laien,
> die überhaupt nichts wissen. Deshalb ist kontextabhängige, intuitiv
> stimmige Benennung neuer Begriffe unerläßlich für das Verstehen,
> für den Laien UND den Fachmannm!

Hier haben Sie recht. Deswegen heißt der Computer auch Computer
und das Handy Handy, etc.. Weil es kontextabhängige, intuitiv
stimmige Benennung sind - jedenfalls für diejenigen, die diese
Wörte am Anfang benutzt haben. Wären Sie nicht stimmig, würde
der Rest der Menschen andere, stimmigere Wort benutzen. 

Thomas