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Re: Zu widerrufende EPA-Swpat auf FFII-Rechner



Axel H Horns antwortete Heiko R.:

> > Dachte nur an die allgemeinen Regeln ueber die Ruecknahme
> > rechtswirdrig erteilter aber bestandkraeftiger Verwaltungsakte. Sind
> > Patente spezieller?
> >
> > Dass Patente eh nur eine begrenzte Gueltigkeitsdauer haben spricht
> > nicht dagegen, sie als Eigentum (i.S.v. Art 14 GG) zu betrachten.
>
> Patente werden derzeit (und auch in Zukunft, jedenfalls solange das
> GG gilt) dann und nur dann als von Anfang an ungueltig angesehen und
> widerrufen, wenn sie aufgrund unheilbarer Rechtsmaengel (im Gesetz
> enumerativ aufgezaehlte Einspruchs- und Nichtigkeitsgruende) nie
> haetten erteilt werden duerfen (Bspw. fehlende Neuheit usw.)

auch fehlende Technizitaet, Nicht-Zugehoerigkeit zum Bereich der
patentfaehigen Gegenstaende nach Par 1 PatG.

> . Andere
> Rechtsmaengel (Formfehler im Erteilungsverfahren usw.) gelten als mit
> dem Erteilungsbeschluss geheilt und zaehlen insoweit nicht.
>
> Alle anderen Widerrufe von Patenten sind wegen Verletzung der
> Eigentumsgarantie grundgesetzwidrig.

Wo im GG findet man eine Vorschrift, nach der

(1) "geistiges Eigentum"
(2) Patente
(3) aus Patenten ableitbare Ausschlussrechte

als Eigentum im Sinne von Art 14 zu betrachten sind?

Was faellt sonst noch unter diese "Eigentumsgarantie"?

> Natuerlich koennte der Gesetzgeber beschliessen, beispielsweise ab
> morgen keine Patente mehr auf computer-implementierbare Erfindungen
> zuzulassen. Das ware m.E. zwar nicht sehr weise, aber GG-konform.

NB:  es waere in der Tat nicht weise, einen Gummibegriff wie
"computerimplementierbare Erfindungen" ins Gesetz zu schreiben.
Andererseits war der Gesetzgeber 1976 weise genug, "Programme fuer
Datenverarbeitungsanlagen" nicht zuzulassen, und er koennte die Weisheit
besitzen, dies demnaechst zu bekraeftigen.   Etwa im Sinne von

	http://swpat.ffii.org/stidi/eurili/

> Ab der Gesetzesaenderung wird mit der Patentanmeldung eben eine
> Anwartschaft auf ein Patentrecht mit geringerem Inhalt erworben, und
> nur diese Anwartschaft (und natuerlich das das daraus erwachsende
> Patent) unterfaellt der Eigentumsgarantie.
> Gleiches gaelte (mal abgesehen von der TRIPS-Problematik), wenn der
> Gesetzgeber beschliessen wuerde, dass Patente nur noch eine Laufzeit
> von 5 Jahren ab Anmeldetag haben.
>
> Durch die Patentanmeldung wird eine Anwartschaft auf ein Patent mit
> einer spezifischen materiell-rechtlichen "Ausstattung" erworben, und
> eine rueckirkende Verschlechterung muesste mit der Eigentumsgarantie
> kollidieren.
>
> Denn diejenigen Anwartschaften (Patentanmeldungen), die noch zu den
> Bedingungen des "alten" Rechtes (auf dieses fiktive Beispiel bezogen)
> erworben worden sind, kann man nicht ohne besondere GG-konforme
> Begruendung rueckwirkend beschraenken auf die engeren Bedingungen des
> "neuen" materiellen Rechtes. (Grundsaetze des intertemporalen Rechtes
> im gewerblichen RS: Bei einer Aenderung des materiellen Rechtes kommt
> es auf den Anmeldetag an; reine Verfahrensaenderungen koennen auch
> aeltere Verfahren mit erfassen).

> Wenn die SWPAT-Kritiker die Gerichte uberzeugen koennten, dass die
> Patente im "Gruselkabinett" nach geltendem materiellen Recht nicht
> haetten erteilt werden duerfen - und zwar aus einem der Gruende, die
> im Katalog der Einspruchs- bzw. Nichtigkeitsgruende abschliessend
> aufgezaehlt sind (!) - koennen diese GG-konform widerrufen werden.

Den 17. Senat des Bundespatentgerichtes wird man schon mal nicht gross
ueberzeugen muessen.  Wenn der Gesetzgeber nun dessen (und unserer)
Auffassung Recht gibt, wird auch der 10. Zivilsenat des BGH dieser
Auffassung Folge leisten und seine Fehler korrigieren.

> Alle anderen Aenderungen gehen nur durch Aenderung des materiellen
> Rechtes mit Wirkung ausschliesslich fuer die Zukunft.

Man koennte bei einer Spielvariante also die Situation erhalten, wonach ab
2001 erteilte Patente nach der alt/neuen Regel beurteilt werden, waehrend
die jetzt bereits im Gruselkabinett etablierten Patente nach den Regeln
beurteilt werden, die man in gewissen BGH-Urteilen der 90er Jahre
vorfindet.  Aber welche Urteile sollten als Vorbild dienen?

	Sprachanalyse + Logikverifikation ? (BGH?  BPatG?)
	Chinesische Schriftzeichen?
	Tauchcomputer?
	Pension Fund System?

Die Bandbreite ist ziemlich gross, und Thomas Winischhofer (Dissertation
"Computerprogramme und Patentrecht") beklagt zu Recht, dass keine
systematische Judikatur entwickelt wurde.

> Auf meiner ToDo-Liste:
>
> Fechner, Frank: Geistiges Eigentum und Verfassung. Schoepferische
> Leistungen unter dem Schutz des Grundgesetzes. Verlag J.C.B. Mohr
> (Paul Siebeck), Tuebingen 1999, XX+553S (Tuebinger
> Rechtswissenschaftliche Abhandlungen, Bd. 87)

Hoffentlich nicht wieder ein Jurist nach dem Schlage eines Daniele
Schiuma, der auf rechtsexegetischer Ebene entscheidende Regeln unseres
Gemeinswesens beschliessen will, vgl.

	http://swpat.ffii.org/vreji/papri/iic-schiuma00/

> Uwe Fitzner und Christian Waldhoff: Das patentrechtliche Einspruchs-
> und Einpruchsbeschwerdeverfahren. Eine Analyse aus oeffentlich-
> rechtlicher Sicht. Mitteilungen d. dt. Patentanwaelte Bd. 91 (2000),
> Nr. 11, S. 446 bis 454.

Danke fuer die Literaturhinweise!

-phm