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Perens fordert Freistellung von Patenten



Unter

	http://www.zdnet.co.uk/news/2001/13/ns-22126.html

ist zu lesen, dass Bruce Perens von Firmen wie IBM und HP fordert, sie
moegen gewisse Patente zur Verwendung unter GPL freigeben, um der
Opensource-Gemeinde etwas zurueckzugeben, von der sie so viel profitiert
haetten.

Ich halte manche dieser Aktionen von Perens fuer nicht sehr gluecklich.
Vielleicht berichtet auch nur die Presse wie immer falsch darueber.
Wir werden noch genaueres erfahren.

Eine solche "Rueckgabe" ist oekonomischer Unsinn.  Wenn man jedoch auf
politischer Ebene gegen Swpat vorgehen will, sollte man sich nicht an IBM
oder HP sondern an seine Abgeordnete wenden.  Oder, falls doch IBM ins
Visier genommen soll, dann bitte die Finger in die Wunde legen und fragen,
warum IBM

- das Software Patents Institute spi.org finanziert und zum Misserfolg
  gefuehrt hat, woraus klar zu erkennen ist, dass es von vornehrein
  nur als Feigenblatt zur Ruhigstellung von Kritikern gedient hat
- eine geplante Studie der US-Regierung ueber die oekonomischen
  Auswirkungen und die Qualitaet der erteilten Swpat vereitelt hat
- seiner Patentabteilung freien Lauf laesst und ihr erlaubt, die
  Mittel des Konzerns fuer Ziele der Patentbewegung zu verwenden
- in Europa Softwarepatente (meist Breitband-Trivialpatente wie das auf
  Rechtschreibpruefung welches gerade beim BGH anhaengig ist)
  bis zu den hoechsten Gerichten treibt, um dort
  gesetzeswidrige Grundsatzentscheidungen zum Vorteil der Patentlobby
  zu erzielen, welche kein normaler Buerger anzufechten die Mittel hat.

Die gleichen Fragen/Vorwuerfe koennte man natuerlich an Siemens u.a.
richten und versuchen eine Boykottkampagne zu starten, um den
Unternehmensvorstand auf die Missstaende aufmerksam zu machen.  Ohne ein
solches Signal vertrauen die meisten Unternehmensvorstaende ja blind ihrer
Patentabteilung, sobald es um "Patentfragen" geht.

Wenn man aber nun anfaengt, moralinsauer mit der Patentabteilung zu
verhandeln, erreicht man vor allem eine Verwaesserung der eigenen
politischen Botschaft und einer Legitimitaetsstaerkung fuer die
Patentlobby.  Aehnliches erreicht Perens auch mit seiner Unterstuetzung
fuer IP.com.  Wer wirklich meint, eine Kampagne fuer die patentaehnlich
formulierte Veroeffentlichung neuheitsschaedlicher Ideen erfolgreich
organisieren zu koennen, sollte lieber gleich damit Patente erwerben und
daraus Kapital zu schlagen, nicht zuletzt um die die Kampagne in Gang zu
halten.  Dort wo es (finanziell) nicht fuer ein Patent reicht, ist eine
Veroeffentlichung am schwarzen Brett der Universitaet von Irkutsk einer
Veroeffentlichung auf IP.com vorzuziehen.  Denn Vorveroeffentlichungen
koennen bekanntlich dazu dienen, die Patentpyramiden des Gegenspielers
unerwartet zum Einsturz zu bringen.  Softwarepatente schaffen eine
Umgebung der systematischen Rechtsunsicherheit, und jeder der auf diesem
Terrain sich behaupten will, muss diese Tatsache fuer sich nutzen und nach
den Regeln spielen.  Das wichtigste ist dabei, wirtschaftliche und
politische Mittel jeweils getrennt voneinander optimal einzusetzen.  D.h.
unkompromittiert klare politische Forderungen

- keine Patente auf Geschaefts- und Programmlogik
- Zurueckdraengung der Patentinflation, Verfolgung der Verantwortung
  fuer die Missbraeuche

und gleichzeitig auf wirtschaftlicher Ebene zeigen, dass man nicht etwa
ein Moralist ist sondern mit dem Teufelszeug notfalls auch
realitaetsgerecht umgehen und es einsetzen kann.

-phm