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Re: [FYI] "Andy Mueller-Maguhn - der postmoderne Savigny?"




>Literatur
>
>Thomas Hoeren: "Andy Mueller-Maguhn - der postmoderne Savigny?"  
>NJW Bd. 54 (2001)m Nr. 16, Seiten 1184 bis 1185
>
>Leider nicht on-line verfuegbar.

Es geht in diesem Beitrag um einen Streit zwischen AMM und einem Herrn
namens Horst Prießnitz (muß man den kennen?!?) über Schutz von
Markenrechten.

Eine Kostprobe:

"[...]
Als postmoderner Savigny tritt Andy Müller-Maguhn auf. Dessen
"Regierungserklärung" ist journalistisch bereits brillant, zeigt aber
deutlich, daß der Verfasser - anders als sein Vorbild - auf eine auch
nur laienhafte juristische Vorbildung nicht zurückgreifen kann.
Überhaupt wird die Position von Müller-Maguhn deutlich überschätzt. Wenn
in der FAZ vom ICANN als einer "Internet-Behörde" geredet wird, sind
Mißverständnisse vorprogrammiert. Es handelt sich vielmehr um ein
Unternehmen mit Sitz in den USA, das weit gehend von der US-Regierung
dominiert wird. Diese Organisation hat nichts mit den meisten Fragen des
Internetrechts zu tun; Themen wie Datenschutz, Urheberrecht und
Verbraucherschutz gehen an dieser Einrichtung vorbei. Vielmehr werden
hier nur die technischen Standards für die Vergabe von Internet-Adressen
gesetzt. Die Entscheidung über neue Domain-Räume verkörpert allerdings
einen erhöhten wirtschaftlichen Wert, so daß der Einfluß der
US-Regierung ein ebenso wirtschaftlich brisantes Thema ist wie die
Legitimation des ICANN für die Domain-Aufsicht. Müller-Maguhn ist
seinerseits nur einer von vielen Direktorenm dessen anarchistischer
Drive wohl kaum innerhalb der Organisation zum Tragen kommen dürfte.
Angesichts des knallharten Geschäfts im Hintergrund wird die Rolle
dieses Direktors allenfalls in der eines "Polit Clowns" zu sehen sein;
dementsprechend hatte auch dessen Wahl zum ICANN-Direktor allenfalls
eienn Feigenblatt-Charakter. Das ICANN mußte eben der Weltöffentlichkeit
nachweisen, daß dessen Aktivitäten zumindest teilweise demokratisch
legitimiert sind. Wenn man sich allerdings klar macht, daß nur ein
winziger Bruchteil der europäischen Internetnutzer an der so genannten
Wahl überhaupt teilgenommen haben, ahnt man, warum der Stellenwert von
Andy Müller-Maguhn als äußerst gering einzustufen ist.

Nun hat er aber in seiner Regierungserklärung Fragestellungen
aufgegriffen, die man nicht so einfach vom Tisch wischen kann, wie dies
sein Gegenspieler Prießnitz getan hat. Den klassischen Juristen
heraushängen zu lassen und damit indirekt den Krawatti-Vorwurf von
Maguhn zu rechtfertigenm dürfte wohl kontra-produktiv sein. Vielmehr muß
man aus dem alten Kodifikationsstreit zwischen Savigny und Thibaut
lernen, daß die Wahrheit wohl eher in der Mitte bzw. auf einem anderen
Niveau zu suchen ist. Denn in der Tat findet sich eine Reihe von
Anzeichen dafür, daß es sich beim Internet um einen partiell
rechtsfreien Raum handelt. [...] Der Staat kann sein Recht nur innerhalb
der Grenzen seines Staatsgebiets durchsetzen. Das Internet seinerseits
hat aber keine territorialen Grenzen und erweist sich sofern als
deterritorialisierendes Element.[...] Die geschickte Wahl des Standorts
führt daher zu einem herrlichen Leben in einer Rechtsoase, das die
Bemühungen aller zivilisierten Nationen um ein faires und lauteres
Internetrecht konterkariert.

Es bringt daher nichts, wie Thibaut und Prießnitz auf das "gute alte
Gesetz" zu verweisen. Vielmehr sind neue Lösungsansätze und
Konfliktbereinigungsmechanismen zu suchen. Diese können zum Beispiel in
der Streitschlichtung über die Welturheberrechtsorganisation WIPO
liegen. Deren Bemühungen um Klärung von Problemen bei der Domain-Vergabe
sind nicht - wie Maguhn behauptet - einseitig vom Kläger gesteuert.
Vielmehr hat die WIPO in der Vergangenheit auch häufig zu Gunsten der
anderen Seite entschieden, die sich übrigens in den
Registrierungsbedingungen der Schlichtung durch die WIPO unterworfen
hat. [...] Wichtig ist bei allem allerdings die Entdeckung der
Langsamkeit. Es bringt einfach nichts, das Internet im Schnellverfahren
neu zu regulieren. Juristen sind Legastheniker des Fortschritts. Sie
müssen behutsam einen Kodifizierungsbedarf prüfen. Gesetzgeberische
Schnellschüsse gehen gerade in Bezug auf den elektronischen Handel
schnell nach hinten los, wie das vor einigen Jahren verabschiedete
Informations- und Kommunikationsdienstegesetz zeigt. [...]"


-ut