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Akute Gefahr durch "Gesetz zur Förderung des Patentwesens an den Hochschulen"
- To: neues@ffii.org
- Subject: Akute Gefahr durch "Gesetz zur Förderung des Patentwesens an den Hochschulen"
- From: PILCH Hartmut <phm@a2e.de>
- Date: 27 Apr 2001 17:42:30 +0200
- Cc: swpat@ffii.org, debate@fitug.de, info@sffo.de
- Comment: This message comes from the debate mailing list.
- In-Reply-To: Bernhard Reiter's message of "Fri, 27 Apr 2001 13:45:47 +0200"
- Sender: owner-debate@fitug.de
- User-Agent: Gnus/5.0808 (Gnus v5.8.8) Emacs/20.7
Durch ein im Eilverfahren zu verabschiedenes "Gesetz zur Förderung des
Patentwesens an den Hochschulen" und ein dazugehöriges "Gesetz zur
Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen" soll das Recht des
Hochschullehrers, seine Forschungsergebnisse im Geiste der Ethik eines
Benjamin Franklin der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, restlos
abgeschafft werden.
Der Hochschullehrer wird verpflichtet, alles, was möglicherweise
patentrechtlich verwertbar sein könnte, der Patentverwaltung seiner
Hochschule zu melden, bevor er darüber schreibt. Die
Patentverwaltung, die mit staatlicher Anschubfinanzierung bis ca 2003
aufgebaut und später unternehmerisch eigenständig werden soll, verfügt
dann über alles "geistige Eigentum". Die Einwilligung der Professoren
in ihren Verlust an Freiheit und Würde wird ihnen durch
Vorteilsgewährung versüßt: sie erhalten 30% der erwirtschafteten
Einnahmen.
Bezüglich der wirtschaftlichen Seriosität des Vorhabens sind größte
Zweifel angebracht. Schon heute haben Professoren das Recht, ihre
Erfindungen selber zu patentieren. Ihnen stehen dabei
privatwirtschaftlich organisierte Patentagenturen nach Bedarf zur
Seite. Wenn dies nicht gelingt, deutet dies darauf hin, dass es sich
unter den Bedingungen des freien Marktes nicht rechnet. Das gibt
wenig Anlass zu der Annahme, dass es unter Bedingungen der
bürokratisch organisierten Unfreiheit besser läuft.
Bernhard Reiter (breiter@ffii.org) schreibt aus seiner Kenntnis der
deutschen und amerikanischen Hochschulpolitik heraus:
> Die in Amerika üblichen Verwertungsstrategien machen es dem
> einzelnen Hochschullehrer und sogar oft den Studierenden u.U. sehr
> schwer Freie Software oder Freien Inhalt anderer Art zu produzieren.
> Insofern gibt es hier wirklich eine Gefahr, da die meisten
> Hochschulen es dann nicht zur Regel werden lassen solche Dinge als
> Forschungsergebnisse im Sinne der Wissenschaft zu veröffentlichen
> sondern zu verkaufen und zu deckeln.
>
> Damit wird Freie Software dann pratisch of _verboten_.
> Das kann sich sogar auf die Studierenden auswirken, welche sogar
> u.U. in Praktika oder andern Arbeiten keine Freie Software schreiben
> dürfen.
>
> Meiner Ansicht nach, sollten die Hochschulprofessoren und Assistenen
> auf jeden Fall ein Verwertungsrecht behalten!
> Um zu verhindern, dass diese die Ergebnisse nicht für sich behalten
> kann ja die Uni ein weiteres nicht-ausschliessendes Verwertungsrecht
> bekommen.
...
> Gerade die deutsche Tradition an Universitäten bezüglich der
> teilweise selbstverantwortlichen Studienorganisation und
> Allgemeinbildung hat zu viel guter Freier Software geführt und
> Deutschland zu einer guten Position verholfen.
> (Und gerade hier habe ich Angst, dass eben abgeholfen wird.)
>
> Was den meisten Politikern nicht klar ist, wenn sie bei
> Hochschulorganisation in die Staaten schauen, ist die Tatsache,
> dass Deutschland mit viel weniger Geld und Leuten trotzdem
> hervorragend wissenschaftlich arbeiten. Insofern können wir unser
> System schon stark schlechter machen....
Erich Bierampel (http://www.sensortime.com) schreibt aus reicher Erfahrung
als Patentinhaber und Erfinder:
> Hier geht es nur um das EINE:
> Der Statt hat kaum noch Geld, um in Hinkunft Hochschulprofessoren
> und Assistenten anständig zu bezahlen. Er weiß, dass die budgetäre
> Situation immer prekärer wird, daher das Ersatzangebot, Patente
> auf Erfindungen und Forschungen selber zu vermarkten...
> (auch im Bereich Medizin, Pharmazeutik und Biologie kam der
> vermehrte Trend zu Patenten erst dann, als die staatlichen Gelder
> nicht mehr wie gewohnt flossen....nicht nur in Europa!)
Die wirtschaftliche Begründung des BMJ-Referententwurfs (der auf die
BMBF-Patentinitiative zurückgeht) ist ein Schlag ins Gesicht für jeden
Menschen mit volkswirtschaftlichem Grundwissen. Es wird allen Ernstes
behauptet:
(1) Eine wirtschaftliche Verwertung von Forschungsergebnissen sei idR nur
unter Monopolschutz möglich
(2) Das Patentwesen erzeuge keine Kosten.
Problem: Patente lasten wie eine indirekte Steuer, deren
Großteil in Transaktionskosten und monpolistischen Verzerrungen
verbraucht wird. Nach manchen Rechnungen ist jede DEM die der
Patentinhaber verdient ist mit 3 DEM Kosten für die Allgemeinheit verbunden.
(3) Das Thema dränge: entweder jetzt sofort ohne weitere Beratung oder
goldene Gelegenheiten werden verpasst.
(4) Das Hochschulpatentwesen werde langfristig Gewinne abwerfen.
Problem: Hochschulen sind nicht Privatunternehmen, somit
fehlt die für eine Patentbürokratie unerlässliche Steuerung durch
unternehmerisches Kalkül.
(5) Alles, was wirtschaftlich nutzbar ist, müsse dem
Verwertungsanspruch der Hochschule unterliegen.
Problem: Nach derzeitiger EPA-Praxis soll "jede wiederholbare praktische
Problemlösung" (http://swpat.ffii.org/vreji/papri/jwip-schar98/)
mittels Verbotsrecht zum verwertbaren Wirtschaftsgut werden.
Es wird nicht unterschieden zwischen materiellen und immateriellen
Gütern. Nur erstere erfordern wirklich eine industriemäßige
Verwertung. Letztere (z.B. Software) hingegen gehorchen genau den
gleichen informationsökonomischen Gesetzmäßigkeiten, denen auch
die Forschung und Lehre gehorcht, für die noch immer Freiheit
beansprucht wird. Die einzige Verwertungsmöglichkeit für
solche immaterielle Güter besteht in der Aufhebung eben jener
Freiheit. Das ist eine künstlich durch die Patentinflation der
letzten Jahre geschaffene Möglichkeit.
Auf den ersten Blick sollten unsere Forderungen lauten:
(1) unbedingtes Recht aller Hochschulbediensteten, ihre
Forschungsergebnisse der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen
(das Recht auf Monopolschutz kann vielleicht zugunsten der
Hochschule beschränkt werden, obowhl auch das nicht klug erscheint)
(2) keine Patentierung von Erfindungen, deren Verkörperung ein
immaterielles Gut ist, d.h. keine Hochschulpatente auf logische
Innovationen. (das ist zwar nicht unbedingt ein
hochschulspezifisches Problem, aber es sollte für die Hochschule a
fortiori gelten, da es mit dem Grundsatz der Freiheit von
Forschung und Lehre = Freiheit von Informationsgütern zussammenhängt)
---------------------
Lesen Sie selbst, was der BMJ-Referent vorschlägt:
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Deutscher Bundestag
14. Wahlperiode
Drucksache 14/
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
Entwurf eies Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über
Arbeitnehmererfindungen
A. Zielsetzung
Das Gesetz dient dazu, die bisherige Regelung der Rechte an
Erfindungen von Hochschullerherern (das sog. "Hochschullehrerprivileg"
des §42 ArbEG) an die veränderten Rahmenbedingungen der Hochschule
anzupassen.
vgl "Beitragsanpassung". Der Lügendetektor schlägt schon leicht aus.
Nach bisheriger Rechtslage sind Erfindungen von Professoren, Dozenten
und wisenschaftlichen Assistenten bei den wissenschaftlichen
Hochschulen, die von ihnen in dieser Eigenschaft gemacht werden, freie
Erfindungen. Diese Regelung gibt den genannten Personen die freie
Verfügungsbefugnis über die von ihnen i Rahmen ihrer dienstlichen
Tätigkeit gemachten Erfindungen. Bei Schaffung des bisherigen §42
ArbEG im Jahre 1957 bezweckte der Gesetzgeber, mit dieser
Sondervorschrift dem Schutze der Lehr- und Forschungsfreiheit an der
Hochschule zu dienen und den Erfindergeist an der Hochschule durch die
Sonderstellung des Hochschullehrers anzuregen. Beide Prämissen tragen
dieses Ausnahmeregelung nicht mehr. Die grundrechtlich garantierte
Freiheit von Forschung und Lehre erfordert nicht, dass den Forschern
an Hochschulen die unbeschränkte Rechtsinhaberschaft an ihren
dienstlich gemachten Forschungsergebnissen eingeräumt werden müsse.
Erfordert sie nicht vielleicht, dass sie das Recht haben müssen, diese
Ergebnisse der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen?
Es sind auch keine Anzeichen dafür ersichtlich, dass die
wissenschaftlichen Leistungen und die Leistungsfähigkeit deutscher
Hochschulforschung in Verbindung mit dem Hochschullehrerprivileg
stünden.
... oder dass sie in Verbindung mit dem Patentwesen stünden.
Geändert hat sich zudem das forschungs- und wirtschaftspolitische
Umfeld der Hochschulen. Hochschulen sind nicht mehr Stätten reiner
Grundlagenforschung.
Das waren sie noch nie. Was hindert daran, weiterhin zwischen
Grundlagenforschung und Anwendungsforschung zu unterscheiden?
Offenbar soll das Modell der industriellen Anwendungsforschung zum
allein dominierenden Modell erhoben werden.
Die staatlich finanzierte Forschung dient neben der wissenschaftlichen
Erkenntnis als solcher
Freudscher Versprecher? Laut neuer EPA-Theorie ist jede "wiederholbare
praktische Lösung" nicht mehr die Lösung als solche und folglich
patentierbar (http://swpat.ffii.org/stidi/korcu/).
auch der Eröffnung neuer Chancen für Innovation und Stimulierung von
Neuerungen im wirtschaftlichen Bereich. Daher gehört die Förderung
des Wissens- und Technologietransfer zu den grundlegenden Aufgaben der
Hochschule (§2 Abs. 7 Hochschulrahmengesetz)
Zur Überführung von Forschungsergebnissen in wirtschaftliche Nutzung
ist es in aller Regel unerlässlich, dass solche Erfindungen durch ein
Patent- oder Gebrauchsmusterrecht gesichert werden. Erst der Patent-
oder Gebrauchsmusterschutz gibt begründete Aussicht auf Überführung
kommerziell verwertbarer Forschungsergebnisse in wirtschaftliche
Wertschöpfung.
Diese Behauptung steht hier unbegründet, und sie widerspricht allem
volkswirtschaftlichem Grundwissen. Gute Ideen finden ihren Weg zur
Anwendung. Nicht nur bei den Immaterialgütern (Software etc) aber
besonders dort gelingt das am schnellsten ohne Monopolschutz. Dass
der Monopolschutz dem "Technologietransfer" diene, ist einer der
lächerlichsten Mythen der Patentbewegung.
Bei materiellen Gütern ist der Wettbewerb mit oder ohne Patentwesen
oligopolistisch, und die Anbieter sind schon durch Netzwerkeffekte
u.v.m. gezwungen, nach den neuesten Ideen Ausschau zu halten.
Gelegentlich führen Patente sogar dazu, dass eine Methode gemieden
oder nur in erfolglosen Produkten eingesetzt wird. Viele
Patentinhaber wie z.B. der bekannte Reifenerfinder Goodyear sind an
ihrem Lebensabend durch Patentprozesse verarmt. Im Gegensatz zu
Hochschulen operierten sie aber immerhin an privatunternehmerischem
Kalkül. Man lese im Detail Fritz Machlup
http://www.sffo.de/machlup1.htm
Dies ist nach der gegenwärtigen Rechtslage wegen des in §42 ArbEG
enthaltenen Sonderrechts für HOchschullehrer, das diesen die freie
Verfügungsbefugnis über ihre in dienstlicher Eigenschaft gemachten
Erfindungen gibt, nicht gewährleistet. Gleichzeitig wird die Mehrzahl
der Erfindungen im Hochschulbereich dem Zugriff der Hochschule
entzogen. Dies macht es für Hochschulen in den meisten Fällen
wirtschaftlich uninteressant, eine Patentinfrastruktur aufzubauen und
die Verwertung von Forschungsergebnissen gezielt zu betreiben.
Ziel dieses Gesetzes ist es, den Wissens- und Technologietransfer an
den Hochschulen zu fördern und damit mehr zur Innovation beizutragen.
Zu diesem Zweck soll den Hochschulen die Möglichkeit eröffnet werden,
alle wirtschaftlich nutzbaren Erfindungen in ihrem Bereich schützen zu
lassen und auf dieser Basis stärker und effektiver als bisher einer
industriellen Verwertung zuzuführen.
Besonders übel ist hier die Formulierung "alle wirtschaftlich
nutzbaren Erfindungen". Besser wäre "alle Erfindungen, deren
Verkörperung ein materieller Gegenstand ist, dessen Reproduktion
einen industriellen Produktions- und Verteilungsapparat erfordert."
Ohne eine solche Einschränkung ist "jede praktische wiederholbare Lösung"
(so EPA-Richter Schar) schon dadurch "wirtschaftlich nutzbar", dass
man sie per Patent anderen verbieten kann.
Gleichzeitig sollen die Hochschullehrer durch eine Besserstellung
bei der Erfindervergütung motiviert werden, aktiv an der
Schutzrechtserlangung und Verwertung ihrer Erfindungen mitzuwirken.
Diese Änderungen sollen schnell erfolgen. Die Verbesserung der
Erfassung und Verwertung von Hochschulerfindungen ist ein
vordringlich zu bewältigendes Problem, das wegen des langen
organisatorischen Vorlaufs keinen Aufschub verträgt. Zudem ist die
Diskussion zu diesem Themenkomplex nach einer intensiven Behandlung
in der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und
Forschungsförderung nunmehr abgeschlossen.
Wo ist diese Diskussion dokumentiert?
Wer nahm, außer der BMBF-Patentlobby, noch daran teil?
Schließlich besteht nur jetzt eine auf den Zeitraum 2001 bis 2003
begrenzte Möglichkeit, den Aufbau von Patentinfrastruktur an
Hochschulen mit Bundesmitteln im Rahmen des
Zukunftsinvestitionsprogramms zu unterstützen. Daher soll die
Novellierung dieses Sonderbereichs des
Arbeitnehmererfindungsgesetzes von der geplanten generellen
Überarbeitung des Gessetzes über Arbeitnehmererfindungen abgekoppelt
und vorgezogen werden.
B. Lösung
Durch Änderung der bisherigen Sonderregelung für Hochschullehrer,
frei über die Anmeldung und Verwertung ihrer Erfindungen entscheiden
zu können, sollen die Hochschulen die Möglichkeit erhalten, solche
Erfindungen zur Verwertung an sich zu ziehen. Dadurch soll die
Menge der den Hochschulen zur Verfügung stehenden Erfindungen
wesentlich erhöht werden. Die Möglichkeit umfassender
Inanspruchnahme aller an der Hochschule anfallenden Erfindungen
schafft die Voraussetzungen dafür, dass im Hochschulbereich der
Aufbau eines aus Verwertungserlösen finanzierten Patent- und
Verwertungswesens in Angriff genommen werden kann.
C. Alternativen
Keine
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
Durch die Gesetzesänderung entstehen für den Bundeshaushalt keine
Kosten.
Für die Länderhaushalte entstehen unmittelbare Kosten für
Dienstleistungen zur Patentierung und Verwertung von
Forschungsergebnissen. Mittelbare Kosten entstehen bei der
Schaffung eines hochschulspezifischen Patent- und
Verwertungssystems. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Einnahmen
durch erfolgreiche Verwertungen mittel- bis langfristig die Kosten
der Schutzrechtserteilung und Verwertung übersteigen werden. Der
Bund wird im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms finanzielle
Hilfen für den notwendigen Anschub geben.
E. Sonstige Kosten
Keine.
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
...
Will der Erfinder seine Erfindung .. veröffentlichen, so hat
er dem Dienstherrn die Erfindung unverzüglich zu melden.
Dem Erfinder bleibtim Fall der Inanspruchnahme der
Diensterfindung ein nichtausschließliches Recht zur Benutzung
der Diensterfindung im Rahmen seiner Lehr- und Forschungstätigkeit.
Verwertet der Dienstherr die Erfindung, beträgt die Höhe der
Vergütung 30% der durch die Verwertung erzielten Einnahmen.
...
[ sehr viele Regelungen werden gestrichen, nicht im Detail geprüft ]
...
Begründung
[der Hochschullehrer hat bisher] das Recht, auf schutzrechtliche
Sicherung und Verwertung völlig zu verzichten.
Gerade letzteres geschieht häufig. Grund hierfür ist zum einen die
nachvollziehbare Scheu vor den Kosten, dem Risiko und dem zeitlichen
Aufwand für den Schutz und die Verwertung von
Forschungsergebnissen. Viele Hochschullehrer verfügen derzeit auch
nicht über ein ausgeprägtes Patent- und Verwertungswissen.
Schließlich steht in vielen Fällen für den Hochschullehrer die
frühestmögliche Publikation seiner Ergebnisse im Vordergrund des
Interesses. Eine Veröffentlichung ohne vorhergehende
Patentanmeldung macht die Erfindung zum Stand der Technik; dies
führt -- mangels einer Neuheitsschonfrist im deutschen und
europäischen Patentrecht -- dazu, dass eine spätere Patentanmeldung
mangels patentrechtlicher Neuheit zurückgewiesen werden würde.
Der Großteil der Hochschulerfindungen unterliegt damit nach
geltendem Rechtnicht der Verwertungsmöglichkeit der Hochschulen.
Gleichzeitig kann nicht davon ausgegangen werden, dass die
Rechtsinhaber (Hochschullerher, Dozenten undwisenschaftliche
Assistenten) in hinreichendem Maße für die Erlangung eines patent-
oder gebrauchsmusterrechtlichen Schutzes der Erfindung Sorge
tragen. Zudem lohnt sich für die Hochschulen unter den jetzigen
gesetzlichen Bedingungen nicht der Aufbau eines
Hochschulpatentwesens. Dies hat zur Folge, dass in der Regel auch
solche Erfindungen, die nicht von dem durch §42 begünstigten
Personenkreis stammen, von den Hochschulen nicht in Anspruch
genommen, sondern frei gegeben werden.
Dieser Zustand ist unter forschungs- und innovationspolitischen
Gesichtspunkten nicht hinzunehmen.
..
Die Neuregelung unterstelt im Grundsatz die Erfindungen des gesamten
Personals an Hochschulen den allgemeinen Regelungen des Gesetzes
über Arbeitnehmererfindungen. Damit kann der jeweilige Dienstherr
alle dort gemachten Erfindungen unbeschränkt oder beschränkt in
Anspruch nehmen; eine Freigabe gegen Erlösbeteiligung entsprechend
§40 Nr 1 ist für den Hochschulbereich allerdings verwehrt.
Sonderregelungen sichern die positive und negative
Publikationsfreiheit und eine für den Erfinder günstigere
Erfindervergütung in Form einer der Höhe nach festgelegten
Erlösbeteiligung. Der Erfinder behält zudem auch bei
Inanspruchnahme seiner Erfindung ein Benutzungsrecht im Rahmen
seiner wissenschaftlichen Tätigkeit. Eine Übergangsregelung soll
die Möglichkeit der Abwicklung oder Anpassung von
Kooperationsverträgen gewährleisten, die von Hochschullehrern
in der Vergangenheit geschlosen wurden.
Durch die Gesetzesnovellierung sollen die rechtlichen Möglichkeiten
der Hochschulen gestärkt werden. Bei Inanspruchnahme der Erfindung
können sie bei erfolgreicher wirtschaftlicher Verwertung der
Erfindung Einkünfte erzielen. Damit werden die Voraussetzungen für
die langfristige Sicherung eines Patent- und Verwertungswesens im
Hochschulbereich geschaffen, das sich in einem im Laufe der Zeit
immer größeren Maße aus Verwertungserlösen selbst finanzieren und
sich im Endeffekt aus diesen Einkünften selbst tragen
soll. Patentierung und Verwertung müssen vom jeweiligen Dienstherrn
nicht selbst betrieben werden. Dieser kann sich für die Wahrnehmung
dieser Rechte und Aufgaben externer Stellen bedienen und diese
beauftragen. Entsprechende Regelungen bleiben den Ländern
vorbehalten.
Für die Hochschulwissenschaftler stelt insbesondere die Regelung der
Erfindervergütung in §42 Nr 4 ArbEG einen erheblichen Anreiz dar.
... Es werden also nicht nur solche Hochschullehrer profitieren, die
bisher keine Patentaktivitäten entfaltet haben. Auch patentaktive
Hochschullehrer werden aufs Ganze gesehen besser gestellt, da ihnen
das mit der Schutzrechtsanmeldung und Verwertung verbundene
finanzielle Risiko abgenommen wird und sie zusätzlich noch in
beträchtlichem Maße am Verwertungserlös partizipieren.
Fraglich ist hier, wer eigentlich das unternehmerische Risiko der
Patentverwertung trägt. Wenn "externe Stellen" beauftragt werden
sollten, kann zwar ein gewisser Wettbewerb zwischen Anbietern
veranstaltet werden, aber zu einem wirtschaftlich verantwortlich
kalkulierenden Privatunternehmen wird die Hochschule damit noch nicht.
Im Gegensatz hierzu unterliegen die Patentierungsanstrengungen von
Professoren in Zusammenarbeit mit Patentagenturen heutzutage den
Regeln eines freien Marktes. Die vorgeschlagene Regelung soll diesen
Markt beseitigen und stattdessen einer auf Zwang zur Privatverwertung
beruhende Staatsbürokratie mithilfe von Subventionen auf die Beine
helfen.
--
Hartmut Pilch
Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur e.V.