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Re: Anfaenge inhaltlicher Kontrolle von Nachrichten



At 22:21 09.05.01, Guenther H. Merkens wrote:
>NACK. Hetze ist nie ein gutes Mittel von Politik. Der Spammer als
>Konstrukt ist überhaupt nicht greifbar und die beste Korreleation
>dürfte sich allenfalls bei Spammer und Ausländer ergeben. Mit der
>Ächtung des Fremdem und Unkontrollierbaren und dem Verlust der
>Übersichtlichkeit (nicht nur der Mailbox) hat es in jedem Fall zu
>tun.

Was soll das? Menschen sind keine Automaten, die ohne
Beruecksichtigung jeder Intention alles abarbeiten. Es
gibt _offensichtlichen_ Spam, Muell in Form von E-Mail.
Wer so etwas verschickt, schert sich einen Dreck um das
Funktionieren des Ganzen und insbesondere um die
Verfuegbarkeit fuer alle. Wieso sollte jemand, der das
in grossem Masse auf Freiwilligkeit basierende System
_offensichtlich_ ausnutzt und damit schaedigt, die
Vorteile unwidersprochen fuer sich nutzen duerfen?
Die meisten Diskussionsteilnehmer haben vermutlich die
Erfahrung gemacht, dass implizite Information sehr oft
voellig ausreichend ist, um zwischen Muell und dem Rest
zu unterscheiden. Niemand erwartet von der Debate-
Mailingliste eine Penisvergroesserung oder billigen
Toner, und das obwohl nicht explizit darauf hingewiesen
wurde, dass diese Themen nicht erwuenscht sind. Das
funktioniert auch dann noch weitgehend, wenn es um die
Unterscheidung zwischen ontopic und offtopic geht.
Man kann sich darueber streiten, ob man automatisch als
Spam "erkannte" Nachrichten gleich loeschen oder wegen
der Fehlermoeglichkeit zunaechst doch lieber nur als
solche kennzeichnen soll, um das Loeschen den Lesern bzw.
deren Mailprogrammen zu ueberlassen. _Offensichtlichen_
Spam aber als Notwendigkeit einer offenen Informations-
gesellschaft hinzustellen und Spam ablehnende Personen
in die Naehe von Auslaenderfeinden zu ruecken, ist
gelinde gesagt abenteuerlich.

Aus der Diskussion um ein Kriterium, das das Aufkommen
von Spam einschraenken soll, hat sich das Thema entwickelt,
ob jegliche unerwuenschte Information als Spam abzulehnen
oder als notwenige Pluralitaet zu tolerieren ist.

Es wurde jetzt schon unzaehlige Male darauf hingewiesen,
dass ohne die Aechtung von Spammern das wegzuwerfende
E-Mail-Aufkommen in Groessenordnungen laege, die
letztendlich das Medium ad absurdum fuehren wuerden,
weil dann auch im Vergleich zu den meistens voellig
hirnverbrannten Spams, die heute ihren Weg in die Inbox
finden, weniger unsinnige - aber immer noch themenfremde -
Nachrichten massenweise verbreitet wuerden.
Auf das Problem, dass man nicht unbegrenzt Aufmerksamkeit
auf die Anliegen x-beliebiger Personen oder Interessen-
gruppen verwenden kann, wird aber schlicht mit dem
Argument reagiert, dass eben diese Aufmerksamkeit einfach
fuer ein "offenes" Netz notwendig sei. Das ist stets auch
ein Argument der opt-out Befuerworter.
Es gibt unzaehlige Moeglichkeiten, auf seine Sache
aufmerksam zu machen. Unsolicited Email gehoert nicht
dazu. Nicht weil ich der Meinung bin, dass kein Bedarf
besteht, fuer unbekannte Anliegen zu werben, sondern weil
unerwuenschte Email die Faehigkeit des Menschen zur Selektion
von relevanter Information in unverhaeltnismaessiger Weise
strapaziert. Dass diese Selektion teilweise delegiert
wird, ist wegen der fuer den Einzelnen nicht sinnvoll zu
bewaeltigenden Komplexitaet notwendig. Offenheit heisst
nur, dass man andere Informationsanbieter (im Sinne von
Zusammenstellern oder Auswaehlenden) nicht be- oder
verhindert.
Was das aber damit zu tun hat, ob man in To:
oder Cc: debate@fitug.de verlangen soll oder nicht,
ist mir trotz der endlosen Diskussion nicht klar
geworden. Es hat dem Anschein nach etwas damit zu
tun, dass der Teil einer Email, der maschinenlesbar
definiert ist, zum Inhalt gezaehlt wird, und deshalb
nicht als formales Ablehnungskriterium herangezogen
werden darf, um die Informationsfreiheit nicht zu
gefaehrden. So oder so aehnlich. Nur einleuchten
will mir das nicht.

Johannes Schellen