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Re: FR: TRIPS unter Druck



> Das wäre wohl auch eine Gelegenheit, über die Flexibilisierung
> des Zeitrahmens für den Patentschutz nachzudenken.

Waere natuerlich nicht schlecht. Damit waere das von Axel/Lutterbeck
her bekannte Patentlobby-Argument durchbrochen, wonach eine Unterscheidung
zwischen verschiedenen Arten von Patentierungsgegenstaenden nicht moeglich
sein soll (wegen "Aequivalenzbereich" oder dergleichen).

> Hartmut, ich weiss, dass ich mich damit in die Logik der
> Patentbefürworter begebe und könnte Deinen Kommentar schon
> vorwegnehmen.

Offenbar nicht, wie du oben siehst.

Allerdings begibst dich hier freiwillig in die "Logik" von Leuten, die
ueberhaupt mit niemandem verhandeln und niemandem zuhoeren sondern ganz
stur ihrem Glaubensbekenntnis folgen.

Lassen wir die Frage doch auf uns zukommen, bis sie jemand stellt, der
wirklich fuer die Patentbewegung sprechen und diese steuern kann.
Dazu gehoerst weder du noch Axel.

> Wenn wir uns also in eine Logik des Investitionsschutzes begeben
> haben, dann muss dieser vernünftig gestaltet werden. (Das steht
> bisher ja noch zu Debatte, aber die Realität sieht wohl so aus)

> Man kann jetzt argumentieren, dass die Dias von Softwarepatenten
> auf 20 Jahre und keine Patente eine Polarisierung herbeiführt,
> die den SW-Patentgegnern nützlich ist.
>
> Dennoch frage ich mit O'Reilly et.al (und auch Axel glaube ich),
> ob der Investitionsschutz wirklich 20 Jahre Monopol rechtfertigt.

Diese Frage stellt jeder Volkswirt.
Es gibt Untersuchungen ueber die "ideale Patentdauer", und die haengt
natuerlich von

(1) Investitionskosten
(2) Produktionskosten

ab.  Bei Softwareideen ist (1) meist sehr gering und (2) gleich null.

Aber es ist tatsaechlich nicht sehr einfach, zwischen verschiedenen
Arten von Patenten zu unterscheiden.  Das ist wohl der Hauptgrund dafuer,
dass Juristen lieber alles ueber einen Kamm scheren.
Rechtssicherheit ist auch nicht ganz unwichtig.

> Eine gute Fallback-Argumentation scheint mir, dass man zumindest
> eine Flexibilisierung des TRIPS hinsichtlich der Schutzdauer
> erreichen sollte. Das bedeutet nicht, die Forderung nach
> Patentfreiheit von Software aufzugeben. (Diese ist ohnehin eher
> eine marketingmässige Verkürzung) Es bedeutet vielmehr, dass man
> für die im Lutterbeck/Horns - Gutachten beschriebenen Erfindungen
> eine andere Regelung zu finden.

Wiederum alles Traeume.
Im Moment steht die Frage der Patentierbarkeit an.

Man kann natuerlich auch einen zweiten Kriegsschauplatz eroeffnen und
daraus auch eine Frage der Durchsetzbarkeit machen, etwa "Abgrenzung der
patentierbaren Gegenstaende ist zu schwierig, also grenzen wir lieber die
Gegenstaende ein, gegen die etwas durchgesetzt werden kann
(Schrankenbestimmungen).  Informationsstrukturen (Produkte und Prozesse,
z.B. alles was auf einem normalen Buero-PC laeuft) nehmen wir aus.

Uebel ist es allerdings, wenn man, wie durch LuHoGe geschehen, auf dem
aktuellen Kriegsschauplatz mit schlechter Begruendung zum Kapitulieren
raet und den zweiten in Wirklichkeit gar nicht eroeffnet.

> Wenn das TRIPS dies nicht zulässt, hat man starke Argumente.
> Diese können in einem Wenn-Dann Szenario sehr schön deutlich
> gemacht und verkauft werden..

Die starken Argumente haben wir schon laengst.
Und bei einer flexibilisierten Patentlaufzeit muesste die im
Softwarebereich bei 0-1 Jahren liegen.

> Um wirksam zu sein, muss man auch akzeptieren, dass nicht alle
> Player und Teilnehmer dem "alles ist frei und kostenlos" -
> Paradigma folgen wollen.

Muessen sie auch nicht.  Es gibt das Urheberrecht und zahllose andere
Mechanismen des Investitionsschutzes, die sehr gut funktionieren.
Selbst in der Oekonomie der physischen Gueter ist das Patentwesen laut
Machlup, den LuHoGe ja gerne zitieren, eine ziemlich lahme Ente und von
sehr zweifelhaftem Wert als Innovationsfoerderungselement.  Wobei die
meisten Wirtschaftswissenschaftler vor und nach Machlup diese Ansicht
bestaetigen.  Neue Studien zeigen, dass selbst heute das Patentwesen fuer
den praktischen Investitionsschutz in etwa der stark patentbepflasterten
Halbleiterindustrie nur an siebter Stelle steht.

Wenn man nun die Grenze zu den Informationsguetern ueberschreitet, sieht
die Bilanz fuer das Patentwesen einfach vernichtend aus.  Das ist pure
Idiotie, und es hat keinen Zweck in der Hoffnung auf irgendwelche
vermeintlich kompromissbereite Patentbewegungsleute diese Wirklichkeit zu
verstecken.  Es mag sein, dass die Patentbewegung im Moment uebermaechtig
ist.  Dann wird sie uns aber sowieso ueberrollen, egal ob wir stehen oder
knien.  Ich stehe lieber.

Viele Gruesse

-phm