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Re: Stasimuseum III.




Heiko meinte am 12.07.01 in /ML/FITUG zum Thema "Stasimuseum III.":

[Par. 6 III StUG]
Betroffene sind Personen, zu denen der Staatssicherheitsdienst
aufgrund zielgerichteter Informationserhebung oder Ausspaehung
einschliesslich heimlicher Informationserhebung Informationen
gesammelt hat.

> Da brauch man also gar nicht gross verfassungsrechtlich
> argumentieren, der Fall ist insoweit ganz simpel. Wie kann man
> darueber streiten ?

Man kann z.B. den Par. 6 weiterlesen:

Par. 6 VIII StUG
Ob Personen Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes, Begünstigte,
Betroffene oder Dritte sind, ist für jede Information gesondert  
festzustellen. Für die Feststellung ist maßgebend, mit welcher  
Zielrichtung die Informationen in die Unterlagen aufgenommen worden sind.

Personen sind also nicht automatisch und für alle Zeit Betroffene, bloß  
weil sie abgehört wurden. Der Status "Betroffener" kann sich nach Abs. 8  
bezüglich jeder einzelnen Information ändern.

Und auf diesen Umstand kommt es bei der Interpretation des angeblich so  
"eindeutigen" Wortlaut des Par. 32 I Nr. 3 entscheidend an. Danach bezieht  
sich nämlich der im ersten Spiegelstrich angehängte Relativsatz "soweit  
sie nicht Betroffene oder Dritte sind" nur auf die Informationen,  
hinsichtlich derer die Abgehörten "Betroffene" sind - eben auf  
Informationen aus ihrem Privatbereich. Die anderen über sie gesammelten   
und abgehörten Informationen, bezüglich ihrer Funktionen als Personen der  
Zeitgeschichte, als Inhaber politischer Funktionen oder als Amtsträger in  
Ausübung ihres Amtes machen sie nicht zu Betroffenen i.S.d. StUG. Man kann  
nach der speziellen Verwendung des Wortes "Betroffener" im StUG nur  
entweder Amts-/Funktionsträger oder Betroffener sein; der Privatmann Kohl  
kann Betroffener sein, der Politiker Kohl nicht. Ich neige dazu, das  
"soweit" eben als Einschränkung bezüglich bestimmter, nämlich dem  
Privatbereich zuzuordnender Informationen (RiS) zu verstehen und nicht als  
auf die Person bezogen. Übrigens auch aus logischen Erwägungen:

Wenn man der simplen (umgangssprachlich allerdings auch naheliegenden)  
Argumentation folgen würde, Abgehörte seien automatisch deshalb schon  
Betroffene, weil sie abgehört wurden, daher müsse man die Unterlagen nicht  
herausgeben, dann macht der ganze Par. 32 I Nr.3 überhaupt keinen Sinn.  
Der Anwendungsbereich der ersten Aufzählung in der Nr. 3 wäre durch diese  
Auslegung des "soweit" im darauf folgenden Halbsatz auf Null reduziert.  
Die vom Gesetzgeber - zumindest damals - ja ausdrücklich gewollte,  
politisch-historische Aufarbeitung bzw. politische Bildung wäre nicht  
möglich. Vgl. dazu auch Thomas Mosers Überlegungen in M 3/2001:
http://www.igmedien.de/publikationen/m/2001/03/21.html

Es gibt übrigens Rechtsprechung zum Par. 32 I StUG vom OLG Frankfurt, hab  
aber nur leider keinen vollen Zugriff drauf.


Gruß,
Mario
-- 
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