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[FYI] Eröffnungsrede Margareta Wolf anlässlich des Linuxtages 2001 zum Thema: "Open Source - Chance für Wirtschaft und Gesellsc



<http://www.bmwi.de/Homepage/Presseforum/Reden%20%26%20Statements/200 
1/1705Rede1.jsp>  

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Rede vom 05. 07.2001  

Eröffnungsrede der Parlamentarischen Staatssekretärin beim 
Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Margareta Wolf 
anlässlich des Linuxtages 2001 zum Thema: "Open Source - Chance für 
Wirtschaft und Gesellschaft" am 5. Juli 2001 in Stuttgart  

Es gilt das gesprochene Wort!  

Anrede  

I.  

Deutschland ist auf dem Weg ins Informationszeitalter, die private 
und berufliche Nutzung des Internet ist bereits Alltag.  

[...]

Meine Damen und Herren,  

nirgendwo wird dies klarer als bei den täglichen Zielkonflikten, auch 
in der Informationsgesellschaft:  

Sichere, verlässliche Datennetze Vertrauen der Verbraucher und 
Unternehmen Aufgaben der Strafverfolgung Schutz vor 
Wirtschaftsspionage  

Die Politik muss permanent nach einem Ausgleich widerstreitender 
Interessen sorgen.  

Die aktuellen Themen wie die Europaratskonvention zur 
Datennetzkriminalität oder Telekommunikationsüberwachungsverordnung 
belegen dies sehr lebendig.  

Für diese Bundesregierung sind die Realisierung von demokratischen 
Freiheiten eine oberste Priorität.  

Dies gilt auch für das Medium "Internet".  

Natürlich gehört dazu auch die Verpflichtung, uns alle als Mitglieder 
dieser Gesellschaft auf der Basis unseres gemeinsamen, demokratisch 
legitimierten Wertesystems in wichtigen Lebensbereichen zu schützen.  

Deshalb ist die Arbeit von Strafverfolgungsbehörden eine legitime, 
notwendige Staatsaufgabe.  

Dennoch müssen wir uns hüten, aus verständlicher Abwehr gegen 
Kriminalität, Kinderpornografie, Naziseiten und ähnliches, das 
Internet einer totalen Kontrolle zu unterwerfen.  

Dies kann nicht gelingen. Deshalb müssen wir die Medienverantwortung 
stärken. Das ist ein sinnvoller, präventiver Schutz.  

Daneben müssen wirkungsvolle Mittel zur Verfügung stehen, die unter 
Berücksichtigung von vernünftigen, technisch machbaren und 
verhältnismäßigen Maßnahmen, auch die Arbeit der zuständigen Behörden 
gewährleisten.  

Meine Damen und Herren,  

eine breite Bewegung wie die der OpenSource-Community, die sich in 
großem Umfang auch mit den bisher angesprochenen Fragen befasst, kann 
und sollte dazu beitragen, die gestellten Fragen in der 
Öffentlichkeit zu diskutieren und auch zu beantworten.  

Ein zunehmend wichtiges Element unserer Strategie ist deshalb - nicht 
erst seit heute - die Unterstützung der Open Source-Bewegung in 
Deutschland, in Europa und weltweit.  

Meine sehr verehrten Damen und Herren,  

Open Source ist keine Wunderwaffe im Kampf für mehr Sicherheit im 
Internet.  

Aber - wenn der Quellcode eines Programms offen liegt und von 
zahlreichen kompetenten Fachleuten weltweit eingesehen, untersucht 
und geprüft werden kann, erhöht das natürlich die Sicherheit der 
Software um ein ganz erhebliches Stück.  

Open Source setzt darüber hinaus auf ein überaus wertvolles Gut, das 
unsere Gesellschaft fördern sollte: gemeinschaftliche, kreative und 
selbstverantwortliche Arbeit.  

Der Open Source-Prozess macht es jedem Programmierer möglich, die 
bereits vorhandene Arbeit anderer zu nutzen und gleichzeitig selbst 
zum allgemeinen Fortschritt beizutragen.  

Damit andere diese Arbeit nutzen können, muss sie gut sein - die 
Community wird sie eingehend untersuchen und testen.  

Bevor ein Stück dieser Arbeit beispielsweise für das nächste Linux-
Release akzeptiert wird, hat es zweifellos mehr Tests hinter sich, 
als es in einem traditionellen Entwicklungsunternehmen auch nur 
denkbar wäre.  

Open Source hat eine wichtige Funktion bei der Herstellung von mehr 
Wettbewerb auf dem Softwaremarkt. Open Source ermöglicht es, 
Wettbewerb und Kommunikationsfähigkeit unterschiedlicher Software-
Lösungen sicherzustellen.  

Das Open-Source Betriebssystem Linux setzt sich mehr und mehr durch - 
gegen Microsoft-Windows und andere proprietäre Betriebssysteme.  

Es läuft stabiler, ist billiger und kann den jeweiligen Bedürfnissen 
der Nutzer dank seines offenen Quellcodes besser angepasst werden.  

Zudem lässt sich Linux wesentlich besser gegen Angriffe von außen 
sichern.  

Meine Damen und Herren,  

es geht uns nicht darum, bestimmte Unternehmen in die Schranken zu 
weisen.  

Aber ich bin sicher: mehr Wettbewerb im Bereich der PC-
Betriebssysteme wird auch der Datensicherheit zugute kommen.  

Das Internet selbst basiert auf offenen Standards und Open Source-
Software.  

Lücken in der Sicherheit des Internets werden vor allem dort 
aufgerissen, wo der Versuch unternommen wird, offene Standards durch 
geschlossene, nicht einsehbare Standards zu verdrängen.  

"Security through Obscurity", Sicherheit durch Unbekanntheit, ist 
also ein Motto von gestern.  

Immer wieder wird es gelingen, Wege in diese geschlossenen Systeme zu 
finden.  

Der Slogan lautet heute "Security through Transparency".  

Denn durch die öffentliche Diskussion über erkannte Schwachstellen 
können Sicherheitslecks schnell beseitigt werden oder können erst gar 
nicht entstehen.  

Wir sehen hier enorme Potentiale.  

Deshalb unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und 
Technologie die Entwicklung des Verschlüsselungsprodukts GnuPG 
(sprich: Gnu pee gee) auf Open Source-Basis.  

GnuPG bietet den Anwendern eine einfach zu nutzende, transparente 
Verschlüsselung an.  

Diese Entwicklung wird auch von den Datenschutzbeauftragten des 
Bundes und der Länder begrüßt.  

Ich würde mich übrigens freuen, wenn auf deren Webseiten bald auch 
GnuPG als Download angeboten wird. Bisher weit verbreitete 
Kryptoprogramme sollten nicht alternativlos bleiben.  

Auch das nationale Open Source-Kompetenzzentrums BerliOS bei der GMD-
Focus in Berlin wird in einer Private-Public Partnership von uns 
gefördert.  

Dieses Zentrum soll als technische Infrastruktur, Diskussionsforum 
und Marktplatz die zentrale Drehscheibe für die Open Source Community 
und Software-Anwender werden.  

[...]

Meine Damen und Herren,  

in diesem Zusammenhang hat auch die Diskussion zur Frage der 
Patentierbarkeit von Software-Innovationen in der Öffentlichkeit 
breite Beachtung gefunden.  

Das im Auftrag des BMWi erstellte Gutachten der Technischen 
Universität Berlin hat die besonderen Aspekte der Open Source 
Software beleuchtet.  

Eine weitergehende empirische Studie unter Federführung des 
Fraunhofer Instituts Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) 
untersucht derzeit in unserem Auftrag umfassende mikro- und 
makroökonomische Implikationen der Software-Patentierung.  

Meine Damen und Herren,  

insbesondere Entwickler von Open Source Software sehen sich durch 
eine mögliche Ausweitung der Patentierbarkeit von Software gefährdet; 
einige halten die aktuelle Patentierungspraxis in Europa für zu weit 
gehend.  

Angesichts der zentralen Rolle, die Informations- und 
Kommunikationstechnologien in der modernen Wissensökonomie spielen, 
kommt der Ausgestaltung des Rechtsrahmens für den Schutz geistigen 
Eigentums in Bezug auf Softwareinnovationen besondere Bedeutung zu.  

Der Übergang von der Alten zur Neuen Ökonomie ist gekennzeichnet 
durch die globale Verfügbarkeit von Informationsgütern im Internet 
und beschleunigte technologische Neuerungen.  

Wirtschaftliches Wachstum ist heute in vielen Bereichen der 
Informationsökonomie von Interoperabilität, Kompatibilität und 
vielfältigen Netzwerkeffekten abhängig.  

Und schließlich haben sich im Softwarebereich einmalige Prozesse der 
interaktiven, transparenten Entwicklung von Innovationen 
herausgebildet, die ihren unbestreitbaren Erfolg gerade ohne den 
Patentschutz erzielt hat.  

Ich bin der Auffassung, dass der Wettbewerb um Innovationen nicht 
hinter juristischen Auseinandersetzungen zurücktreten darf.  

Auf der anderen Seite müssen natürlich die Rechte der Entwickler von 
Software gewahrt werden.  

Unternehmen und Programmierer müssen angemessene Erträge für ihre 
Arbeit realisieren können, damit sie einen Anreiz haben, in neue 
Entwicklungen zu investieren.  

Hinzu kommt, dass wir es mit ganz unterschiedlichen Teilmärkten in 
den Softwarebranchen zu tun haben und mit unterschiedlichen 
Unternehmensgrößenstrukturen:  

Innovationsmanagement und langfristige Interessen in Bezug auf 
gewerbliche Schutzrechte eines großen Automobilherstellers mit 
eigener Softwareabteilung werden sich kaum mit denen eines kleinen 
Softwareunternehmens oder freien Entwicklers decken, die einen Teil 
ihrer Wertschöpfung über produktbegleitende Dienstleistungen 
erzielen.  

Nicht vergessen dürfen wir darüber hinaus die Dimension der 
internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen 
Softwareindustrie.  

Es handelt sich hier um ausgesprochen komplexe Fragestellungen, zu 
denen ich von dem bereits erwähnten Forschungsprojekt 
richtungweisende Aussagen erwarte.  

Wir brauchen eine breite Debatte über den geeigneten Schutz der 
Rechte der Entwickler, die Gewährleistung von Anreizen zur Innovation 
und die Sicherung des Wettbewerbs auf den Softwaremärkten.  

Die Bundesregierung wird hierzu auch auf europäischer Ebene einen 
aktiven Beitrag leisten.  

[...]

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