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Fw: [FYI] Die E-Republik: Ist da wer?




----- Original Message -----
From: "Johann Bizer" <bizer@elektronische-demokratie.de>
To: "Markus Schaaf" <m.schaaf.exp-aug2001@gmx.de>
Cc: <elektronische-demokratie@uni-frankfurt.de>
Sent: Saturday, August 18, 2001 5:10 AM
Subject: Re: [FYI] Die E-Republik: Ist da wer?


Sehr geehrter Herr Schaaf,


At 19:27 17.08.01 +0200, you wrote:
> > Allenfalls Profis wie Sie bekommen Sie in die von Ihnen genannten Foren.
>
>So ähnlich hört man das oft. Zum einen ist dabei völlig
>unklar, woher der Umkehrschluß, ein Web-Forum würde breitere
>Akzeptanz finden, kommt; zum anderen frage ich ja gerade,
>warum sie die Gruppe, von der am ehesten Interesse an einem
>derartigen Projekt zu erwarten ist, explizit ausschließen
>möchten.


Hierzu zwei Antworten:

1. Der Beweis für den Umkehrschluss, dass ein solches Web-Forum auf
breitere Aktivitäten stoßen würde, ist in der Tat  noch zu führen. Meine
These ist, dass viele Nutzer nicht bereit sind, sich in anderen Welten
umzuschauen. Mit WWW und Email ist für die meisten das Maximum erreicht,

2. Natürlich soll die Gruppe, zu der Sie sich zählen, nicht ausgeschlossen
werden. Niemand hat daran ein Interesse. Dass Sie (und andere) einen
solchen Effekt annehmen, macht mir auch ernsthaft Sorgen. Leider betreue
ich als Moderator das Webforum nur inhaltlich, aber nicht technisch. Das
verdienstvolle Engagement des Partners beschränkt sich zunächst auf den
bereits angebotenen Piloten mit dem Ergebnis, dass substantielle
Veränderungen komplizierter Aushandlungsprozesse bedürfen. Mit dieser
Klarstellung will ich dem Eindruck vorbeugen, ich stünde einer Veränderung
der Plattform im Wege. Umgekehrt kann ich aber den von den Teilnehmern und
anderen gesehenen Veränderungsbedarf "kommunizieren".

> >> Niemand hindert den
> >> interessierten Volksvertreter daran, die etablierten
> >> Kommunikationskanäle des "Internets" zu benutzen und
> >> dort evtl. auch offiziell in ihrer Rolle als
> >> Volkvertreter aufzutreten.
> >
> > Natürlich - aber warum tun diese es nicht ?
>
>Auch wenn diese Frage vielleicht nur rhetorisch ist, erlaube
>ich mir zu antworten: Weil sie es gar nicht wollen. (Manche
>Politiker reden lieber, als daß sie zuhören.)

Meine Eindruck ist, dass dies für Abgeordnete ein echtes Zeitproblem ist.
Deswegen auch die Überlegung eines Modell, bei dem ein Moderator (im Sinne
von Vermittlung von
Inhalten und gezielter Ansprache) in einem solchen Forum tätig wird.
Ob das reicht ?

>Allerdings bedarf es zur Kommunikation immer mindestens
>zweier Partner. Wäre also zuerst zu klären, ob (und wieviele)
>MdBs den Wunsch nach zusätzlicher(!) Kommunikation mit
>Bürgern haben, wieviele potentielle Gesprächspartner es auf
>Bürgerseite gibt und ob die Schnittmenge aus beiden Lagern
>und denen, für die das "Internet" überhaupt ein Medium des
>täglichen Gebrauchs ist, groß genug wäre.

Auch hierzu dient dieses erste Experiment.
Es fordert die Abgeordneten und die Bürger ...
Vielleicht ist es inhaltlich zu anspruchsvoll ?
Wenn es das wäre, hätte dies jedenfalls Konsequenzen für optimistische
Erwartungen an E-Demokratie.

>Eine wichtige Erfahrung, die man
>dort (im Usenet) beispielsweise gemacht hat, ist die, daß eine Diskussion
>nicht dadurch entsteht, daß man ihr ein Forum gibt. Es ist
>genau andersherum: Wenn es Partner gibt, die ein wirkliches
>Interesse daran haben, sich auszutauschen, finden diese immer
>einen Weg. Die Einrichtung einer Newsgroup vereinfacht und
>kanalisiert die vorhandene Kommunikation, sie erzeugt sie
>aber nicht.

Zustimmung. Ohne Interesse läuft nichts.
Aber es gilt auch umgekehrt: Technik eröffnet auch Optionen - kann auch
Kommunikationen stimulieren: Das beste Beispiel ist Email oder Newsgroup.
Ohne diese Technik würde ich ja auch nicht auf die Idee kommen, mich mit
Ihnen auszutauschen.

Aber Ihre Frage geht ja tiefer - Wenn sich keiner für
Datenschutzmodernisierung interessiert,
dann kann es hierzu auch kein Web-Forum/Usenet geben, ist Ihre These.

Dieses Interesse kann niemand erzwingen, aber die Möglichkeit zu eröffnen,
kann auch
Interesse bewirken.  Dass man es besser machen kann, keine Frage.
Wir sammeln.

> > Und warum sie die von Ihnen genannten Kommunikationsmöglichkeiten
> > auf kleine Expertenkreise begrenzt ?
>
>Was meinen Sie damit genau? Was ist ein "Experte" in diesem
>Zusammenhang? Jemand, der einen Newsreader oder ein
>E-Mail-Programm bedienen kann?

Natürlich auch mit denen - aber es geht auch um die thematisch
Interessierten, die sich
aufgrund eigener Anschauung oder beruflich bspw. mit Datenschutzfragen
befassen und ihre Erfahrungen und Überlegungen in die Diskussion über die
politische Datenschutzmodernisierung
einfließen lassen wollen. (Mein "Expertenbegriff" reicht also vom Laien bis
zum Professionellen - der Moderator ist dazu da, nach Kräften
Vermittlungsarbeit zu leisten. Zum Experten wird man eigenlich schon, wenn
man eine Frage formuliert - denn diese bedeutet ja schon, dass man über ein
Problem nachgedacht hat).

Vielleicht ist dies in Ihren Augen die Quadratur des Kreises:
Die Adressaten sind fachlich Experten im oben genannten Sinne, Sie sind
aber auch mit dem Medium vertraut. Um ersteren eine Möglichkeit zu bieten,
muss zweiteres möglichst einfach und vertraut sein.


> >>Um es auf den Punkt zu bringen: Ihr Angebot wird nicht
> >>funktionieren, da für Profis das Medium indiskutabel
> >>ist und der Web-klickende Konsument andererseits nicht
> >>aktiv über Politik diskutieren möchte.
> >
> > Sie meinen Nutzerprofis ? Digital Devide lässt grüßen.
> > Sie haben einen schönen avantgardistischen Anspruch-
>
>Das sind doch aber die, die am ehesten _dieses_ Medium
>nutzen werden. Lieschen Müller wird sich doch nicht mit
>einem Computer rumärgern, während sie sich sowieso kaum
>für Politik interessiert. Ich zitiere mal von einer Seite
>Ihres Projekts:
>
>"Gegenstand des Projektes wird die Modernisierung des
>  Informationsrechtes sein. In ihrem Mittelpunkt stehten
>  die Reform des Datenschutzrechtes sowie die Erarbeitung
>  des Informationsfreiheitsgesetzes"
>
>Ich finde, die Zielgruppe ist recht klar. Vermutlich war
>die Thematik überhaupt der Auslöser der Idee, das Gesetz
>"im Internet" zu diskutieren.
>
>Ihre Argumentation läuft ein bißchen in die Richtung "auch
>Otto-Normal-DAU von der Straße muß teilnehmen können". Das
>ist doch --mit Verlaub-- Quatsch.

Nix *Laub  - es ist noch Sommer.

Ein paar Beispiele:

A hat eine spez. Erfahrung mit der Schufa gemacht, die ihn nachdenklich
stimmt.
Entweder wird das geltende Recht nicht richtig angewendet oder es muss
seiner Meinung geändert werden.

B möchte wissen, warum überall opt in gilt, aber nicht im allgemeinen
Datenschutzrecht.

C - betriebl. Datenschutzbeauftragter - sieht mit wachsendem Ärger die
Kontrollwut in Hinblick auf Emails und fragt (unter Pseudonym), ob man hier
nicht endlich etwas tun solle.

Anbieter D grübelt über Sinn und Zweck einer Datenschutzpolicy und fragt,
was der Unsinn solle.

Anbieter E hat etwas über Gütesiegel Datenschutz gehört etc...

Nix Otto-Normal-Dau, aber eben auch nicht nur die Klientel des Usenet.



>Ich will Ihnen das Webforum gar nicht madig machen. Ein
>_zusätzlicher_ Zugriff über NNTP auf dieses Forum oder das
>Spiegeln auf eine Mailing-Liste wären jedoch wünschenswert.
>Das bedarf keines großen Aufwands: Tatsächlich existieren
>genug freie Lösungen dafür,

Vielen Dank für diese Überlegung.
Usenet ins Web zu überführen- ok - aber freie Lösungen für den umgekehrten
Weg ?
Haben Sie noch einen weiterführenden Hinweis.


>Teilnehmer bekommen Sie dadurch vielleicht auch nicht mehr,
>aber es wäre zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.
>Für jemanden, der sich mit dem Medium auskennt, wäre IMO
>news:de.soc.datenschutz der natürliche Anlaufpunkt, wenn er
>ein Datenschutzgesetz in möglichst großem Kreis diskutieren
>möchte.


Ich habe persönlich keine permanenten Erfahrungen mit
news:de.soc.datenschutz, d.h.
nach einer "Testphase" schaue ich da nur noch rein, wenn mir jemand einen
Hinweis auf einen interessanten Beitrag gibt. Und dies, obwohl ich
sicherlich kein Laie auf diesem Themengebiet bin.
Die Fragen sind häufig ganz spannend - aber subtantielle Antworten mit
Blick ein Gesetzgebungsverfahren? Das hat auch etwas mit der Klientel zu
tun - oder etwa nicht ?

Umgekehrt ist es bei news:de.soc.recht.datennetze       - hier kommt hinzu,
dass diese Liste so ziemlich alles abdeckt.

Weiteres Problem: Man muss die Debatte mehr oder weniger ständig verfolgen.
Einen fixen Sammelpunkt gibt es nicht.

Ob ein Webforum dies besser kann, muss man schlichtweg ausprobieren.
Vielleicht kommen Sie auch zu dem Ergebnis und sagen: Das Medium ist
sekundär - die Rolle des Moderators macht es (und auch hier kann man ja
viele Fehler machen ....;-)  )

Es wäre jedenfalls schön, wenn die Debatte auch über die Inhalte in
www.elektronische-demokratie.de trotz der "Schönheitsfehler" (ich weiß, es
gibt auch Argumente, die diese für eine Untertreibung halten und von
konzeptionellen Mängel reden) in Gang kommen könnte.

Der Vorteil des Webforums ist , dass es einem Standort einer Institution
zugeordnet wird.

Letztlich ist das Webforum eine Mischung aus Usenet und WWW - vielleicht
muss man über das Mischungsverhältnis noch mehr nachdenken - vielleicht
aber auch über die Inhalte.
Schließlich: Selbst "Kleinkleckersdorf" wurde nicht über Nacht erbaut - von
Rom ganz zu schweigen.

>BTW: Hätten Sie etwas dagegen, daß ich unseren Schrift-
>wechsel auch an debate@lists.fitug.de weiterleite? Dort
>lesen nämlich genau solche Leute mit, die sowohl Ihr
>Projekt an sich als auch dessen eigentliche Thematik
>interessiert.

In Ordnung.
Aber ich verfolge diese Liste nicht.
(nicht aus Desinteresse, sondern aus Kapazitätsgründen)
Wird die Debatte im Web archiviert?

Johann Bizer