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Re: [FYI] Rundfunkgeb?hr ab 2005 auch f?r Computer



On Tue, Oct 16, 2001 at 10:56:39AM +0200, Martin Schröder wrote:
> On 2001-10-16 09:24:50 +0200, Holger Veit wrote:
> > Ja, andererseits ist der hier schon genannte Vergleich mit den Zeitungen
> > durchaus anwendbar: es ist dort keiner gezwungen, BILD zu lesen, und
> > dennoch bedarf es bei den Printmedien keinerlei Zwangsabgabe zur
> > Foerderung von "guter" informationeller Grundversorgung. Selbst wenn
> > die Bild nur 50Pf (?) kostet und ein serioeses Blatt 2DM. Es ist
> 
> IBTD. Die taz überlebt derzeit nur, weil jährlich neues Kapital
> nachgeschossen wird. Nach Marktgesetzen wären die taz oder junge
> Welt längst pleite.

Genau. Das nennt sich Marktwirtschaft. Das widerlegt meinen Punkt aber
nicht, im Gegenteil. Zu differenzieren ist dabei uebrigens, von wem
ein solches nicht-ueberlebensfaehiges Blatt da weiter ueber Wasser
gehalten wird. Bei der Taz sind es IMHO und AFAIK rote Philantropen, 
die alles in Bewegung setzen, um wieder einmal ein paar neue Abonnenten 
zu keilen, die nach einiger Zeit dann wieder abspringen und so eine neue 
Runde eroeffnen. Wenn sie ihr Blaettchen gerne weiterbestehen sehen wollen,
ist das ihr Vergnuegen. 

Ich wuerde mich allerdings vehement gegen eine Zwangsabgabe fuer alle
Zeitungsleser wehren, damit irgendwelche Politgazetten (gleich welcher 
Couleur - nicht, dass da gleich wieder der schwarz/braunes-Dreckspack-
Knueppel geschwungen wird, weil ich von der taz nichts halte) ueberleben 
koennen. Wenn es einen echten Markt fuer die taz gaebe, wuerde sie sich
von selbst halten koennen.

Unabhaengig vom Bestehen oder nicht der taz waere eine solche Zwangsabgabe,
egal ob man sie als "Sondersteuer" oder "Obulus" oder "Beitrag" euphemisiert,
fatal, weil sie anderweitige Begehrlichkeiten wecken wird. Denn wenn erst
mal ein Blatt von "oben" den Segen der Foerderung der politischen Pluralitaet
erhaelt, dann laesst sich dieses fuer jegliche andere Tageszeitung in ihrer
jeweiligen politischen Ecke gleichsam begruenden.

Um auf die ueberkommene Rundfunkabzocke zurueckzukommen, die vielleicht
vor Jahrzehnten mal eine Berechtigung gehabt haben koennte, aber definitiv
heute nicht mehr hat: sie ist nur mehr Selbstbedienungsladen weniger 
Nutzniesser. Die pseudointellektuellen Posthum-Rechtfertigungen (Bildungs-
auftrag, Grundversorgung, Broadcastmedium bei Katastrophen, etc.) sind
fuer die Praxis irrelevant geworden - die Zeiten, wo terrestrisch nur
zwei, drei Sender erreichbar waren und man sich fuer mehr aufwendig
wahre Funktuerme aufs Dach setzen musste, sind laengst passe. Wer auf diesem
Weg weitere Informationen haben will, genannt wurden die Feigenblaetter
3SAT, arte, Phoenix, Discovery, sowie Dritte, ist laengst gezwungen, sie 
sich ueber das Kabel oder Satellit heranzuholen. Dass ARD und ZDF laengst
denselben Tralala wie die Privaten produzieren, statt tatsaechlich ihrem
Anspruch eines Vollprogramms nachzukommen (das haben sie laengst in obige
Spartensender abgeschoben - Tagesschau und Literarisches Quartett begruenden
noch keinen Vollanspruch), ist ein weiterer Indikator, dass sich die OeR
von ihrem urspruenglichen Auftrag laengst verabschiedet haben. Der 
Unterschied zu den Privaten nivelliert sich in der Hatz nach dem immer
mehr an Cicenses, weniger an Panem interessieren Zuschauer.

Wenn dem tatsaechlich so ist, dass der Zuschauer mehr an Klatsch, denn
an der "First Culture" (i.S. von C.P.Snow) interessiert ist, warum soll
dann nicht dieses Publikum aehnlich wie bei den Privaten mit Werbung
zugemuellt werden - sie wollen es eben billig - waehrend der Rest der
Intelligenzia durchaus fuer ein verschluesseltes arte oder Phoenix einen
angemessenen Betrag zahlen sollte (genau wie diese als aufgeklaerte
Leser ohne Zoegern die Taler fuer Die Zeit oder FAZ oder SZ oder Spiegel
etc. am Kiosk auf die Theke legen werden). Es mag sich dann zeigen, im
koellschen Sinne "watt nix kost', is auch nix", und sich so eine Pay-per-
Interest-Kultur herausbilden, aber ich betrachte diese besser als zwangs-
gesponserten OeR-Mist, der sich vom selben Mist der Privaten nur durch das
Logo in der Bildschirmecke unterscheidet.

Holger

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