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Re: URECHT: [FYI] Surfen auf vergangenen Websites



>  Das ist ja wirklich nett von diesem Unternehmen. Was, aber,
>  wenn ich als Anbieter mein Angebot aus gutem Grund vom Netz
>  nehme? Wenn ich es einfach nur nicht mehr anbieten mag, aus
>  welchen Gruenden auch immer? Wie ist ein solcher "Dienst an
>  der Menschheit" aus Sicht des Urheberrechts zu sehen?

Gute Frage.
Auf debate@ gab es die Diskussion einmal a propos dejanews-Werbebanner.
Eine aehnliche Situation gibt es auch bei Papier-Bibliotheken.

Ich wuerde dazu neigen, einem oeffentlichen Interesse an
Geschichtsarchivierung den Vorrang vor Urheberrechten zu geben, wenn der
Urheber die Seiten bereits oeffentlich verfuegbar gemacht hat.

Zumindest muss es hier eine pauschale Loesung geben.  Eine HTML-Option

	<meta name=archivable content=no>

o.ae. waere zu erwaegen.  Allerdings muesste es auch dann immer wieder
Faelle geben, in denen das oeffentliche Interesse diese Wunschaeusserung
ueberwiegt, etwa wenn es sich um ein wichtiges Nachrichtenorgan oder gar
eine Regierungsveroeffentlichung handelt.

Ein Werk verliert in dem Masse den Charakter der individuellen Schoepfung,
wie es Teil einer oeffentlichen Infrastruktur wird.  Das Problem kennen
wir ja schon von den Interoperabilitaets-Ausnahmen der EU-SoftwareUrh-Rili
von 1991/92 und von den Diskussionen um Benuteroberflaechen-Urheberrechte.
In China hat eine Privatperson erfolgreich urheberrechtliche Forderungen
auf "Der Osten ist Rot" (dong1fang1 hong2, Lied der Kulturrevolution)
angemeldet.  Abgesehen davon, dass dadurch die naheliegende symbolische
Verwendung dieses Liedes in zeitgenoessichen Werken blockiert und damit
die kuenstlerische Ausdrucksfreiheit bezueglich zeitgeschichtlichen Themen
eingeschraenkt wird, ist es auch ungerecht, aus zeitgeschichtlichen
Umstaenden, die nichts mit der individuellen Schoepferleistung zu tun
haben, Kapital zu schlagen.  Zlatko, Becker & Co zeigen, welche
Anreizstruktur heute vom "geistigen" Eigentum ausgeht, wenn man das
Urheberrecht formalistisch handhabt und den Ausgleich zwischen
individueller Schoepfung und de facto oeffentlich gewordenen Guetern nicht
mehr in die Ueberlegungen einbezieht.

--
Hartmut Pilch                                      http://phm.ffii.org/
Schutz der Innovation vor der Patentinflation:   http://swpat.ffii.org/
90000 Stimmen gegen Logikpatente:            http://www.noepatents.org/



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