[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

heise online: Europaeische Software-Patente durch die Hintertuer



Diese Meldung aus dem heise online Newsticker wurde Ihnen
von Heise Online <debate@lists.fitug.de> gesandt.
--------------------------------------------------------------------
Europäische Software-Patente durch die Hintertür

Obwohl die politische Entscheidung über Software-Patente in Europa noch
nicht gefallen ist, hat das europäische Patentamt (EPA[1]) die
entsprechenden Richtlinien für die Prüfung im europäischen Patentamt auf
eigene Faust geändert. In einer jetzt veröffentlichten Änderung[2] des
Artikels 52 werden Computerprogramme explizit als "computer-implementierte
Erfindungen" tituliert, die prinzipiell patentierbar sind, sofern sie einen
"technischen Charakter" haben.

An diesen "technischen Charakter" werden dabei keine hohen Anforderungen
gestellt: Er "könnte zum Beispiel in der Steuerung eines gewerblichen
Verfahrens, in der Verarbeitung von Daten, die Gegenstände verkörpern, oder
in der internen Funktionsweise des Computers selbst oder seiner
Schnittstellen unter dem Einfluß des Programms zu finden sein und
beispielsweise ... die Verwaltung der erforderlichen Computerressourcen
oder die Datenübertragungsgeschwindigkeit einer Kommunikationsverbindung
beeinflussen", so die neue Formulierung der Richtlinie. Es ist schwierig,
sich ein Computerprogramm vorzustellen, das nicht irgendwelche Daten
verarbeitet, Schnittstellen anspricht oder beispielsweise seinen Speicher
verwaltet.

Auch "Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele
oder für geschäftliche Tätigkeiten" sind jetzt nach der neuen
EPA-Richtlinie europaweit patentierbar. Damit könnte es möglich werden,
auch in Europa Geschäftsprozesse vom Kaliber des Amazonschen
One-Click-Verfahrens[3] zu patentieren. 

Das Brisante ist, dass das EPA hier auf dem Verwaltungsweg eine politische
Entscheidung vorweg nimmt -- die Eurolinux-Allianz[4] spricht von einem
"juristischen Putsch". Ende letzten Jahres war auf einer Konferenz zur
Überarbeitung des Europäischen Patentübereinkommens ausdrücklich
beschlossen worden, die bestehende Regelunge zur Nicht-Patentierbarkeit von
Software vorerst beizubehalten und damit grundsätzlich keine
Software-Patente[5] zuzulassen. Nachdem die mögliche Einführung von
Patenten auf Software nach dem Muster der USA Kritik aus unterschiedlichen
Richtungen ausgelöst hatten, wollten die beteiligten Staaten zunächst ein
umfassendes Meinungsbild[6] gewinnen und auch die Patentpraxis in den USA
studieren. Gerade dort zeigen sich zunehmend die Schattenseiten[7] einer
hemmungslosen Patentierpraxis. (odi[8]/c't)

URL dieses Artikels:
 http://www.heise.de/newsticker/data/odi-07.11.01-000/

Links in diesem Artikel:
 [1] http://www.european-patent-office.org
 [2] http://www.european-patent-office.org/legal/gui_lines/d/c_iv_2.htm
 [3] http://www.heise.de/newsticker/data/ad-03.12.99-000/
 [4] http://www.eurolinux.org/
 [5] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-22.11.00-003/
 [6] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-09.12.00-008/
 [7] http://www.heise.de/ct/01/17/170/
 [8] mailto:odi@ct.heise.de

--------------------------------------------------------------------
Copyright 2001 by Verlag Heinz Heise

-- 
To unsubscribe, e-mail: debate-unsubscribe@lists.fitug.de
For additional commands, e-mail: debate-help@lists.fitug.de