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Re: heise online: Europaeische Software-Patente durch die Hintertuer



> Obwohl die politische Entscheidung über Software-Patente in Europa noch
> nicht gefallen ist, hat das europäische Patentamt (EPA[1]) die
> entsprechenden Richtlinien für die Prüfung im europäischen Patentamt auf
> eigene Faust geändert. In einer jetzt veröffentlichten Änderung[2] des
> Artikels 52 werden Computerprogramme explizit als "computer-implementierte
> Erfindungen" tituliert, die prinzipiell patentierbar sind, sofern sie einen
> "technischen Charakter" haben.

Wirklich neu an diesen Richtlinien ist vor allem

(1) Ansprueche auf "Computerprogrammprodukt", "Computerprogramm",
    "Datenstruktur" und sonstige informationelle Gegenstaende werden
    zulaessig

(2) Voellig widerspruechliche Aussagen im Text  ==> ex nihilo quodlibet

Details sind ueber

	http://swpat.ffii.org/cnino/epgl01A/
	http://petition.eurolinux.org/pr/pr14.html

zu finden.

Schade, dass Heise keine dieser Quellen erwaehnt.
Dem Leser wird es damit sehr schwer gemacht, sich ein Urteil ueber die
Eurolinux-Vorwuerfe zu bilden.

...

> Auch "Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele
> oder für geschäftliche Tätigkeiten" sind jetzt nach der neuen
> EPA-Richtlinie europaweit patentierbar. Damit könnte es möglich werden,
> auch in Europa Geschäftsprozesse vom Kaliber des Amazonschen
> One-Click-Verfahrens[3] zu patentieren.

Patente dieses Kalibers werden am EPA seit Jahren massenhaft erteilt.
S. auch

	http://swpat.ffii.org/vreji/pikta/xrani/1click/
	http://swpat.ffii.org/vreji/pikta/mupli/

Eigentlich aendert die Richtlinie wenig an der Patentierungspraxis des
EPA, wie sie 1998 durch den Praesidenten ("Anmerkung des Herausgebers"
unter einer an einer Entscheidung einer ansich in grundlegenden
Rechtfragen nicht entscheidungsbefugten Beschwerdekammer:  "Das Amt
beabsichtigt, seine Praxis an dieser Entscheidung auszurichten")
eingefuehrt wurde.  Diese Praxis wurde jetzt noch ein Stueck offizieller
gemacht, und zwar wieder an den zustaendigen Organen (Grosse
Beschwerdekammer, EPA-Verwaltungsrat) vorbei durch Beschluss des
Praesidenten.  Diese Beschwerdekammer-Entscheidungen beruhen wiederum
ihrerseits auf einer kabarettreifen Unlogik und sind dafuer auch schon
in juristischen Fachkreisen heftig kritisiert worden.

> Das Brisante ist, dass das EPA hier auf dem Verwaltungsweg eine politische
> Entscheidung vorweg nimmt -- die Eurolinux-Allianz[4] spricht von einem
> "juristischen Putsch".

Darin allein ist noch nicht der Putsch zu sehen.  Nicht nur die Politik
sondern auch die zustaendigen Gerichte wurden in einer Sache, die in einem
Brennpunkt oeffentlichen Interesses steht, uebergangen.

> Ende letzten Jahres war auf einer Konferenz zur
> Überarbeitung des Europäischen Patentübereinkommens ausdrücklich
> beschlossen worden, die bestehende Regelunge zur Nicht-Patentierbarkeit von
> Software vorerst beizubehalten und damit grundsätzlich keine
> Software-Patente[5] zuzulassen. Nachdem die mögliche Einführung von
> Patenten auf Software nach dem Muster der USA Kritik aus unterschiedlichen
> Richtungen ausgelöst hatten, wollten die beteiligten Staaten zunächst ein
> umfassendes Meinungsbild[6] gewinnen und auch die Patentpraxis in den USA
> studieren. Gerade dort zeigen sich zunehmend die Schattenseiten[7] einer
> hemmungslosen Patentierpraxis. (odi[8]/c't)

Leider zeigen sich die auch in Europa, wo das EPA bereits im Vorgriff auf
eine von seinem Freundeskreis angestrebte Gesetzesaenderung dem Beispiel
des USPTO gefolgt ist.  Dieser Umstand sorgt immer wieder fuer verwirrende
Wendungen in allen Debatten.  Deshalb sind wir auch gezwungen, jede noch
so einfache Darstellung der Sachlage (z.B. Flugblatt) mit dem Hinweis auf
das gesetzeswidrige Handeln des EPA zu beginnen.

> URL dieses Artikels:
>  http://www.heise.de/newsticker/data/odi-07.11.01-000/
>
> Links in diesem Artikel:
>  [1] http://www.european-patent-office.org
>  [2] http://www.european-patent-office.org/legal/gui_lines/d/c_iv_2.htm
>  [3] http://www.heise.de/newsticker/data/ad-03.12.99-000/
>  [4] http://www.eurolinux.org/
>  [5] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-22.11.00-003/
>  [6] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-09.12.00-008/
>  [7] http://www.heise.de/ct/01/17/170/
>  [8] mailto:odi@ct.heise.de

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