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FWD: DVD-PE zur Auslaenderueberwachung im Anti-Terror-Paket



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Presserklärung der Deutschen Vereinigung für Datenschutz vom 16.11.2001

Datenschützer: Ausländer nicht zu Menschen zweiter Klasse machen!

Nachdem das Bundeskabinett am 7. November das zweite
Antiterrorismuspaket beschlossen hat, auf das sich zuvor das
Bundesinnenministerium und die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
geeinigt hatten, sind die Verfassungsrechtler gefordert, den
Gesetzestext auf seine Vereinbarkeit mit dem deutschen Grundgesetz zu
überprüfen. Eine erste ausführliche Stellungnahme zu den
Ausländer-Kontroll- und Überwachungsregelungen des Entwurfes durch den
Vorsitzenden der Deutschen Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD), Dr.
Thilo Weichert, liegt nun vor (abzurufen unter www.aktiv.org/DVD/). Das
Ergebnis Weicherts ist beängstigend:

"Jedem Verfassungspatrioten muss es angesichts dieses Entwurfes die
Zornesröte ins Gesicht treiben. Die Regelungen des Pakets, die sich mit
der Erfassung und der Datenverarbeitung zu Ausländern befassen, sind
fast durch die Bank hindurch verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar. Es
wird offensichtlich vergessen, dass es nicht nur terroristische
Ausländer gibt, sondern auch solche - die wie die meisten Deutschen
auch - sich nach bestem Wissen und Gewissen an Recht und Gesetz halten.
Ohne den Nachweis, dass von Ausländerinnen und Ausländern pauschal mehr
Extremismus, mehr Kriminalität, mehr Terrorismus oder mehr Gefahr
ausginge als von Deutschen, werden diese - unter Missachtung des
Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG - einem Überwachungsregime
unterworfen, das sie ohne konkreten Anlass in Ermittlungen der
Geheimdienste und der Polizei einbezieht. Dabei erfolgt - unter
Missachtung des Grundrechtes auf informationelle Selbstbestimmung nach
Art. 3 GG - eine Vorratsdatenverarbeitung, die die Betroffenen
schuldlos existenziellen Beeinträchtigungen aussetzen kann: von der
Verweigerung der Visaerteilung und der Einreise über massive
polizeiliche Ermittlungsmaßnahmen und den Verlust des Arbeitsplatzes
bis hin zum Risiko der Abschiebung und Ausweisung und der politischen
Verfolgung durch den Heimatstaat. Dass bei vielen Regelungen gegen das
verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot verstoßen wird, ist dabei
schon fast zu vernachlässigen.

Im einzelnen:
- - Die voraussetzungslose Zulassung der Datenweitergabe von allen Asyl-
und Ausländerbehörden an die Verfassungsschutzämter ohne Sicherung vor
einer Weitergabe an Heimatstaaten hätte - unter Verstoß gegen das
Asylgrundrecht des Art. 16a GG - zur Folge, dass die Begründungen aus
Asylanträgen zur weiteren politischen Verfolgung der Flüchtlinge
genutzt würden.
- - Die Zulassung von verschiedenen Ausländerausweisen mit biometrischen
Merkmalen auf der Basis einer Rechtsverordnung - nicht eines Gesetzes -
läuft darauf hinaus, dass der Probelauf der Bio-Ausweise bei Ausländern
durchgeführt werden wird.
- - Mit Einführung der Sprachanalyse zur Herkunftsbestimmung werden
Sprachdatenbestände aufgebaut, die der Polizei zur
Sprecheridentifikation zur Verfügung stehen.
- - Die Vorratsdatenspeicherung von Fingerabdrücken - bisher praktiziert
"nur" bei Flüchtlingen - wird auf weitere Ausländergruppen ausgeweitet
und ohne jede Einschränkung für polizeiliche Spurenabgleiche beim
Bundeskriminalamt vorgehalten.
- - Bei Erfüllung bestimmter Gruppenmerkmale von Visaantragstellern
werden deren Daten mit denen der Sicherheitsbehörden abgeglichen und
dort u.U. dauerhaft gespeichert.
- - Die Möglichkeit einer Rasterfahndung mit Daten aus dem
Ausländerzentralregister (AZR) wird nicht nur der Polizei, sondern mit
sämtlichen AZR-Daten sämtlichen Geheimdiensten erlaubt, ohne dass eine
konkrete Gefahr bestehen müsste.
- - Geheimdienste erhalten ungehinderten Zugriff auf sämtliche AZR-Daten,
so dass sämtliche Ausländer in deren Blickfeld geraten und insofern die
Trennung zwischen Verwaltung und Diensteen aufgehoben ist.

Die Regelungen schaffen nicht mehr Sicherheit, sondern sind dazu
geeignet, ein Klima der Angst, Abwehr und Aggression zu schüren, das
dem Terrorismus förderlich ist. Die Bundesregierung und die
Regierungsfraktionen sollten sich ihrer bürgerrechtlichen Wurzeln
besinnen und dieses Gesetzespaket einfach in den Papierkorb werfen."

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