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Re: Kontrollverlust



>>>>> Mario Dueck writes:

> Da steht vieles Interessantes, aber wenig bis nichts von
> der Unterscheidung von privat und öffentlich.

Für mich ist der Aspekt der Kontrolle wesentlich. Der
Vorschlag ist, die Topologie des Kommunikationsnetzes, das
ein Dienst bereit stellt, zu berücksichtigen. Im Web
funktioniert die Kontrolle i.d.R. hervorragend, weil Sender
und Verteiler den zentralen Knoten des Netzes bilden. Im
Usenet hast Du eine Mischform aus dezentralisiertem und
verteiltem Netz in dessen Knoten Sender/Empfänger/Verteiler
zusammen fallen. Die Kontrolle wird unvollständig durch die
dezentralisierten Bestandteile ermöglicht und ist
schwierig. Bei P2P stehst Du vor einem verteiltem Netz
dessen Knoten ebenfalls alle drei Funktionen übernehmen.
Kontrolle ist so gut wie unmöglich.

Du kannst das Private als den Bereich bezeichnen, den die
Öffentlichkeit den Einzelnen zugesteht. Ein Teil des
Zugeständnisses entsteht, weil nicht alles kontrollierbar
ist. In diesem Sinne ist m.E. P2P eine Ausdehnung des
Privaten, besser des nicht kontrollierbaren Bereichs.

> Ein wenig cookie-induzierter Individualisierungsklimbim am
> Rande (Werbekram, persönliche Anrede) sollte dabei nicht
> vom im wesentlichen gleichbleibenden Inhalt ablenken.

Du untertreibst hier deutlich. Die Online-Broker sind schon
relativ weit mit ihren persönlichen Accounts. Im Prinzip
kann die Entwicklung darauf hinauslaufen, dass Dir ein
persönlicher "Desktop" geboten wird.

>> Als die australische Regierung ihre Maßnahmen zur
>> Zensur einführte, kursierte die Aufforderung,
>> Adressen die zu gov.au (o.ä.) gehören, mit einer
>> Standardseite ("Nicht für Zensoren") zu bedienen.

> Lustig das. Und was hat das geholfen? Sind Gesetze
> zurückgenommen bzw. die Maßnahmen eingestellt worden?

Frag die Australier, aber ich glaube es nicht. Die Löcher im
Netz sind zu groß, als das unrealistische Gesetze irgend
eine Wirkung entfalten könnten.

> Öffentlichkeit herzustellen durch Bündelung von
> Aufmerksamkeit.

Glaubenssatz: Das Netz bewirkt insgesamt eine zunehmende
Zersplitterung von Aufmerksamkeit.

> Braucht das immer noch so viel Bandbreite?

Die MP3-Files werden ja nicht kleiner.

> es gibt da offenbar reale Umsatzeinbrüche. - Sonst würde
> die Musikindustrie nicht so schreien. Legitime Interessen?

Die Musikindustrie verfällt in Hektik, weil der CD-Absatz
angeblich sinkt. Das mag sein, aber dem billigen
Erklärungsmuster ("Schuld sind Raubkopien übers Netz")
stehen einige Fragen gegenüber:
1. Spielt Musik noch die bekannte identitätsstiftende Rolle?
(Wo sind Hipster, Mods, Punks usw. geblieben?)
2. Sind CDs zu teuer fürs Taschengeld?
3. Bestand ein großer Teil des CD-Booms in Neukäufen bereits
vorhandenen Vinyls?
4. Hat sich das Konsumverhalten schlicht verändert (weniger
Musik, mehr Computer)?
5. Wandert die Kundschaft ab zu kleineren Anbietern?

> Die Diskussion sollte dabei meines Erachtens auf der Ebene
> von Rechten der Beteiligten geführt werden, nicht auf der
> Ebene von technischen Sachzwängen,

Was für Sachzwänge? Niemand zwingt die Industrie ihr Zeug
digital auf den Markt zu werfen.

    > Handhabe? Elektronischer Verwaltungsakt,
    > vollautomatisiert :-) Wenn es nichts
    > Spezialgesetzliches gibt: irgendwie in die Richtung
    > effektive Gefahrenabwehr nach Polizeirecht

Und damit wären wir wieder beim Aspekt der Kontrolle. Der
Preis dafür wäre ein PC der die Rolle des Televisors
übernimmt. 

                    Patrick

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all which isn't singing is mere talking
and all talking's talking to oneself

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