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Re: Frz Presse zu EPA-Putsch und FHG/MPI-Studie (fwd)



> Ob man ein Reizwort wie "Luege" nicht vielleicht trotzdem nach Kraeften
> meiden sollte, ist eine Geschmacksfrage.  Sicherlich war das mal wieder
> hart an der Grenze.

"Grenze des gesellschaftlich akzeptablen" meine ich damit.

Ein weiteres Beispiel fuer Unehrlichkeit in der Studie:
Der BGH-Beschluss "Chinesische Schriftzeichen" von 1992 wird als Beleg
dafuer herangezogen, dass laut "restriktiver europaeischer
Patentierungspraxis" nur "ingenieurmaessige Software" nicht aber
Textverarbeitungssoftware patentierbar sei.

Jeder Kenner weiss indes, dass bei "Chinesische Schriftzeichen" deutsche
Doktrinen der Technizitaet+Kerntheorie zur Anwendung kamen, die vom EPA
schon 1986 und vom BGH auch schon um 1993 ueber Bord geworfen wurden. Nack
mischt alte und neue Rechtsprechung zu einem Gesamtbild zusammen, welches
ein falsches Bild der derzeitigen Praxis des EPA abgibt.  Ausserdem
zitiert er Aussagen von Richtern ueber die Wirklichkeit so als waeren sie
die Wirklichkeit selber.  Wenn etwa das EPA ein "Pension Fund System" als
"reine Geschaeftsmethode" zurueckweist, heisst das nicht unbedingt, dass
reine Geschaeftsmethoden am EPA nicht in anderen Faellen mit anderer
Anspruchsformulierung patentierbar sind.  Der Inhaber des Patents auf das
Pensionfondsystem konnte vielleicht nur nicht ausweichen, weil es an
unterstuetzender Offenbarung zum Prioritaetsdatum mangelte.  Somit sind
Aussagen dieser Art, wie Nack sie trifft, nichtssagend. Eigentlich waere
es nicht schwer gewesen, mal die Patentschriften der letzten Jahre zu
sichten.

Im Juli habe nicht nur ich im BMWi den Finger in diese Wunde gelegt.  Ich
glaube die Mehrheit der Leute im Saal, egal ob Swpat-Befuerworter oder
Gegner, teilte diese Ansicht.  Aber es scheint, dass die Argumente keinen
Eindruck hinterlassen haben. Die Nacksche Methode war wohl erforderlich,
um das gewuenschte Bild einer behutsamen europaeischen Patentierungspraxis
zu stuetzen.  Vielleicht ergab sie sich auch aus dem gewaehlten
Auslegungsansatz, der wohl der Wertjurisprudenz zuzurechnen ist.  Diese
Art der Auslegung ist bekanntlich mit groesster Vorsicht zu geniessen,
weil sie der Willkuer den groessten Spielraum eroeffnet.  Nack und Straus
wissen dies als Juristen wohl, aber sie brauchen den Spielraum.

Sachlich kann ich also kaum vom Vorwurf der "Luege" abruecken.  Es bleibt
die Geschmacksfrage und die Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz.

-- 
Hartmut Pilch                                      http://phm.ffii.org/
Schutz der Innovation vor der Patentinflation:   http://swpat.ffii.org/
95000 Stimmen gegen Logikpatente:            http://www.noepatents.org/



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