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[ffii] GDBM-Bericht ueber Wirkung von Biopatenten (fwd)



---------- Forwarded message ----------
Date: Fri, 25 Jan 2002 02:49:55 +0100 (CET)
From: PILCH Hartmut <phm@a2e.de>
To: neues@ffii.org
Subject: [ffii] GDBM-Bericht ueber Wirkung von Biopatenten (fwd)

Unter

  http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/indprop/com02-2de.pdf
  http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/indprop/com02-2en.pdf

  http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/indprop/com02-2annex.pdf

berichten die Generaldirektionen Binnenmarkt und Forschung der
Europäischen Kommission gemeinsam über eine Studie, die sie dem
Europäischen Parlament im Zusammenhang mit der Verabschiedung der
Biopat-Richtlinie vor 2 Jahren versprochen haben.

Die Studie enthält eine Umfrage an zuständige Stellen (Patent-,
Technolgietransferabteilungen, patentierende Wissenschaftler,
Patentanwälte), die ermitteln soll, in wie weit die Einführung von
Patenten zu einer Verzögerung wissenschaftlicher Veröffentlichungen führen
kann.

Zunächst wird der Leser seitenlang in die Glaubensinhalte der
Patentbewegung eingeführt, die zu einem Kernsatz zusammengefasst werden:

  Die Patentierung kann zwar zu einer Verzögerung der Veröffentlichung
  führen, aber sie verhindert, dass die Ergebnisse wissenschaftlicher
  Forschung unter Verschluss bleiben.

Unberücksichtigt bleibt dabei, dass

  - Geheimhaltung und Patentierung gleichzeitig in Kombination werden
    können
  - Man vielleicht vor allem das patentiert, was sonst zu schnell bekannt
    würde

Dann wird der "enorme Erfolg" der amerikanischen Hochschul-Patentpolitik
speziell im Genetik-Sektor angepriesen.  Er wird an der Zahl der Patente
(5545), der Höhe der eingetriebenen Gebühren (800 Mio USD) und der Zahl
der Ausgründungs-Unternehmen (344) gemessen.  86% von alldem passierte
speziell im Genetiksektor.

Allein hieraus wird geschlossen:

  "Die Verwertung von patentierten Erfindungen, die das Ergebnis
   öffentlich finanzierter Forschung sind, kann somit eine erhebliche
   Wirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit und die wirtschaftliche
   Entwicklung haben.  Da die wissenschaftliche Forschung und die
   Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Industrie für die
   "wissensbasierte Gesellschaft" und die Entwicklung neuer Technologien
   eine wichtige Rolle spielen, dürfte diese Wirkung in Zukunft noch
   stärker werden.  Das gilt insbesondere für die Biotechnologie und
   die Gentechnik."

Man fühlt sich an das "Grünbuch" von 1997 erinnert.  Dort wurde von einer
enormen positiven Wirkung der Swpat auf die US-Softwarebranche gesprochen
und als Beleg dafür wurde angeführt, dass Microsoft bereits 400 Swpat
besitze.

Bezüglich des eigentlichen Gegenstands der Studie ergibt sich das Bild,
dass Patente zu einer gewissen Verzögerung führen, wobei vor allem
Wissenschaftler, die bislang wenig mit Patenten zu tun hatten,
mehrheitlich von einer "beträchtlichen Verzögerung" sprechen,
"patenterfahrene Wissenschaftler" hingegen mehrheitlich von einer
"marginalen Verzögerung".

Die Frage, ob die Patentierbarkeit zur Veröffentlichung von
Forschungsergebnissen geführt hat, die sonst geheim geblieben wären, wurde
von 8% der Uni-Forscher und 25% der Großindustrieforscher bejaht.

Ein Hauptthema der Studie ist die Neuheitsschonfrist.  Hier zeigt sich
eine Abneigung in der Großindustrie und eine Tendenz zur Befürwortung in
den Hochschulen.  Dabei werden die uns bereits bekannten Stellungnahmen
von Straus (pro) und Galama (contra) (s. EPA-Webseiten) nochmals
wiedergegeben.

Nebenbei werden die üblichen Gravamina und Forderungen der
Hochschul-Patentbewegung beschrieben:

 - Wir brauchen mehr Personal und Geld für die Patentabteilungen
   an den Universitäten
 - Das "Hochschullehrerprivileg" führt in manchen rückständigen
   Ländern (wie Deutschland, wo es gerade abgeschafft wird) dazu,
   dass den Patentabteilungen Forschungsergebnisse durch die Lappen
   gehen
 - Ähnliches gilt für "Zugriffsrecht auf geistiges Eigentum in öffentlich
   gefördeter Forschungskooperation usw", m.a.W. es gibt Auflagen, welche
   die Nutzung von Patenten im Interesse der zahlenden Öffentlichkeit
   beschränken.

Diesen Problemen muss durch öffentlich finanzierte Kampagnen zur
"Patentsensibilisierung" begegnet werden (vgl BMBF-Patentoffensive und
IPR-Helpdesk.org).

Ferner betont der Bericht die Wichtigkeit der billigen Erhältlichkeit von
Patenten.  Die Kosten der Souveränität der Völker werden ebenso als lästig
empfunden wie die Anforderungen an Patentanmelder, alles patentrelevante
zu melden, bevor man anderweitig veröffentlicht. Zur Entlastung der
Patentanmelder wird neben dem Gemeinschaftspatent insbesondere auch eine
europaweite "provisiorischen Anmeldung gemäß Art 5 des
Patentrechtsvertrages, der am 2. Juni 2000 in Genf verabschiedet wurde"
gefordert.  Die eventuelle zusätzliche Belastung der Öffentlichkeit kommt
in der Rechnung der Brüsseler Patentexperten nicht vor.

Derweil ist der Eurolinux-Standpunkt zum Gemeinschaftspatent

	http://www.eurolinux.org/news/cpat01B/

übrigens auch auf Spanisch abrufbar.

-- 
Hartmut Pilch                                      http://phm.ffii.org/
Schutz der Innovation vor der Patentinflation:   http://swpat.ffii.org/
100K Stimmen 300 Firmen gegen Logikpatente:  http://www.noepatents.org/
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