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[ffii] Neues von Tauchert zum Erfindungbegriff (fwd)



---------- Forwarded message ----------
Date: Sat, 2 Feb 2002 20:50:56 +0100 (CET)
From: PILCH Hartmut <phm@a2e.de>
To: neues@ffii.org
Subject: [ffii] Neues von Tauchert zum Erfindungbegriff

Unter

   http://www.jurpc.de/aufsatz/20020028.htm

stellt Wolfgang Tauchert, Leiter der Swpat-Abteilung des Deutschen
Patentamtes, seine Sicht von Art 52 EPUe und Technikbegriff erneut dar und
berücksichtigt dabei auch die neue BGH-Entscheidung "Suche fehlerhafter
Zeichenketten".

Hauptanliegen dieses Aufsatzes ist es, zu begründen, dass es nach dem
EPÜ-basierten PatG von 1978 nun nicht mehr darauf ankomme, ob eine neue
technische Lehre vorliegt, sondern nur noch ob im Hauptanspruch technische
Merkmale genannt werden.

Laut Tauchert irrte das EPA und der BGH in den 70er und 80er Jahren (bis
hin zu den im Oktober 2001 vom EPA revidierten Prüfungsrichtlinien) und
fand erst kürzlich zu der richtigen Gesetzesauslegung, wie sie heute
praktiziert wird.  Indem der Gesetzgeber sich 1978 im Zuge der
Europäisiserung vom früheren "allgemeinen Erfindungsbegriff" des PatG
verabschiedete, entzog er laut Tauchert dem Beharren des BGH/EPA auf einem
"technischen Kern der Lehre" die Grundlage und machte stattdessen die
"sprachliche Einkleidung" (wie der BGH dies früher verächtlich nannte) zum
entscheidenden Kriterium bei der Frage, ob eine Erfindung gemäß Art 52 EPÜ
vorliegt oder nicht.

Naheliegende Einwände gegen Taucherts These wären:

- Wie konnte sich ein "Irrtum" mit so einschneidender Wirkungen so lange
  halten?
- Wie kommt es, dass Art 52 EPÜ vor Korrektur des "Irrtums" verständlich
  und für die Praxis bedeutsam war und danach nicht mehr?
- Der Hauptanspruch formuliert den Erfindungsgedanken in seiner
  allgemeinsten Form, wobei immer auch um der Verständlichkeit willen
  einige nicht zur Erfindung gehörende Merkmale genannt werden,
  nämlich z.B.

	Verfahren zum Betrieb einer DV-Anlage mit diversen zum
        Stand der Technik gehörenden Merkmalen,
        DADURCH GEKENNZEICHNET DASS darauf eine Organisations-
        und Rechenregel mit neuen Merkmalen abläuft.

  Im Idealfall sollten die neuen Merkmale vom Stand der
  Technik getrennt angeführt werden, räumlich verdeutlicht durch die
  Floskel "dadurch gekennzeichnet das".  Die Erfindung sollte durch
  die Anspruchsformulierung richtig charakterisiert werden.  Das
  PatG hält Prüfer und Gerichte dazu an, vom Anmelder eine solche
  klare Charakterisierung zu verlangen.

  Wer nun umgekehrt behauptet, nicht der Erfindungsgedanke sondern eine
  (vom Anmelder frei gewählte) Anspruchsformulierung sei auf Technizität
  zu beurteilen, ermächtigt damit den Patentanmelder, sich selbst die
  Technizität seiner Lehre zu bescheinigen.  Abgesehen davon, dass
  dies sich diese Vorschrift nur mit ziemlich wilder Entschlossenheit
  aus dem Wortlaut des PatG herauslesen lässt, verbietet sie sich aus
  systematischer, historischer und teleologischer Sicht.

Immerhin lässt Tauchert den Technikbegriff intakt und konstruiert keine
Verpflichtung zur Patentierung von Computerprogrammen.  Ähnlich wie beim
letzten BGH-Urteil geht es offenbar sowohl darum, Legitimierungsgrundlagen
für die derzeitige Spruchpraxis zu schaffen als auch einem behutsamen
Zurückrudern den Weg nicht zu verbauen.

-- 
Hartmut Pilch                   http://offen.ffii.org/ffii/Members/phm/
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