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Re: Massverhaeltnisse des Politischen



At 21:30 06.02.02 +0100, Alvar Freude wrote:
>-- Henning Fischer <Henning.Fischer@onlinehome.de> wrote:
>
> > § 5 Abs. 4 TDG wurde erst auf Drängen der Länder in den Entwurf der BR
> > vom 20.12.1996 eingefügt, die ansonsten den
> > Verantwortlichkeitsausschluss des Zugangsvermittlers in Abs. 3 TDG
> > nicht zugestimmt hätten. Mit dieser Vorschrift war *allein* eine
> > Verschärfung der Verantwortlichkeit des Access-Providers beabsichtigt.
> > Systematisch ergibt es auch keinen Sinn, dies auf die Absätze 1 und 2
> > zu beziehen, da die verschuldensabhängige Haftung weitergehend ist.
>
>halt halt, Du übersiehst Abs. 3 und beziehst Dich wohl auf Abs. 3:

Okay, noch mal ganz von Anfang an:

§ 5 Abs. 1 TDG:

Bezieht sich auf eigene Inhalte und  ist im Ergebnis überflüssig, weil
selbstverständlich.

§ 5 Abs. 2 TDG:

Bezieht sich auf sog. Host-Provider, der u.U. rechtswidrige fremde Inhalte
auf seinen Servern lagert. Die (eingeschränkte) Verantwortlichkeit wird
damit begründet, dass der Provider grundsätzlich einen finanziellen Vorteil
(er vermietet Webspace) und *tatsächliche* Einwirkungsmöglichkeiten auf
das Angebot hat. Voraussetzung: Positive Kenntnis, technische Möglichkeit
und Zumutbarkeit.

§ 5 Abs. 3 TDG:

Der Access-Provider soll privilegiert werden. Er leistet einen
Infrastrukturdienst und hat in aller Regel keine Beziehung zu dem in Frage
stehenden Inhalt. Fazit: Es ist nicht verantwortlich, d.h. er verwirklicht
in seiner Person keinen Tatbestand, sei es eine Urheberrechtsverletzung oder
eine andere Straftat.
Mit anderen Worten: Er ist z.B. nicht Teilnehmer eines Delikts
nach § 130 StGB.

Anders der "Host-Provider". Sind die Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllt,
also Kenntnis, Möglichkeit, Zumutbarkeit, so wird seine Tatbeteiligung
zu untersuchen sein. In der Regel wohl eine Behilfeleistung. Im Ergebnis
würde das auf eine Strafbarkeit nach §§ 130, 27 Abs.1 StGB iVm § 5 Abs. 2 TDG
hinauslaufen. Die Strafdrohung richtet sich nach § 27 Abs. 2 StGB nach der
Haupttat (ist aber zu mildern).

§ 5 Abs. 4 TDG

Das ist eine Ausnahmevorschrift zu Abs. 3, wie ich meiner E-Mail von gestern
bereits dargelegt habe. Wichtig: Hier geht es nicht mehr um Verantwortung.
Der Access-Provider nach Abs. 4 wird nicht Teilnehmer eines fremden Delikts,
sondern verstößt unter Umständen nur gegen eine ihn besonders treffende 
Pflicht,
nämlich der Pflicht zur Sperrung der betreffenden Inhalte.

Natürlich müssen die Voraussetzungen, insbesondere die Möglichkeit und die
Zumutbarkeit, erfüllt sein, was Lutz ja vehement bestreitet. Das habe ich
aber auch nie behauptet. Der RP dagegen schon!


> > Das Beispiel hinkt. Die Telekom kann aber dazu gezwungen werden, eine
> > Nummer abzuklemmen, hinter der sich ein Faxabruf verbirgt, der
> > strafbaren Inhalt verbreitet (Kenntnis vorausgesetzt).
>
>Aber nur wenn dieser sich im Inland befindet -- für eine Nummer in den
>USA ist die Telekom nicht verantwortlich.

Aber wohl! § 9 Abs. 1 Var. 3 StGB regelt in diesen Fällen die Anwendbarkeit
deutschen Strafrechts. So zumindest der BGH in seinem (sehr bedenklichen) 
Urteil
vom 12.12.2000 - 1 StR 184/00.


> >>   "Die von der Bezirksregierung Düsseldorf ins Auge gefaße
> >>    Konstruktion, aus der eine Verpflichtung zur Sperrung
> >>    bestimmter Internetseiten hergeleitet werden soll,
> >>    ist fehlerhaft"

Mein lieber Herr Doktorvater hat aber auch unter Punkt 3) die richtige
Ermächtigungsgrundlage genannt.

>Würde ich schon sagen:
>Büssow hat seine Stellung als Amtsträger dermaßen mißbraucht (§ 240, Abs
>4, Nr. 3), dass Provider zu einer rechtswidrigen Sperrung genötigt wurden.
>
>Büssow und seinen Kollegen als "Experten" muss klar sein, dass sie
>aufgrund des MdStV keine Sperrung fordern dürfen und anderweitig keine
>Handhabe haben. Wenn sie etwas daran ändern wollen, dann müssten Sie für
>Gesetzesänderungen sorgen ...

Das ist ein völlig falsches Verständnis von Straf- und Verwaltungsrecht.
Wenn es zu einer Sperrungsverfügung kommt, werden die Voraussetzungen zu prüfen
sein; liegen sie nicht vor, ist die Verfügung fehlerhaft und damit 
rechtswidrig.
Er wird dann nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO gerichtlich aufgehoben. Schluss!!!

Das ist normales Verwaltungshandeln und hat mit Nötigung nicht das Geringste
zu tun! Was meinst Du, wie viele fehlerhafte Verwaltungsakte pro Jahr erlassen
werden? Jeder Sachbearbeiter, der mit Strassenverkehrsfragen betraut ist, 
müsste
mit einem Bein im Gefängnis stehen.

Wir sind uns ja im Ergebnis einig, dass Büssow Mist baut. Ich fürchte nur, dass
Du Dein Anliegen mit den "abstrusen" Vorwürfen diskreditierst.

Viele Grüße

Henning


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