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Re: Aus der Düsseldorfer Sperrverfügung ...



At 10:25 15.02.02 +0100, Thomas Roessler wrote:
>On 2002-02-15 09:11:12 +0100, Henning Fischer wrote:
>
>>Eine Privilegierung von (strafbaren) ausländischen Inhalten, lässt sich 
>>dem Urteil sicher nicht entnehmen.
>
>Wirklich?
>
>   Leitsatz
>
>    [...]
>
>    2. Allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle, wenn 
> sie    technisch geeignet und bestimmt ist, der 
> Allgemeinheit    Informationen zu verschaffen. Sie verliert diesen 
> Charakter nicht    durch rechtliche, gegen die Verbreitung gerichtete 
> Maßnahmen.

Dies bedeutet nur, dass der Schutzbereich eröffnet ist. Es wird 
festgestellt, dass ein
Eingriff (der möglicherweise rechtmäßig sein kann ...) in das Grundrecht 
vorliegt. Durch
rechtliche Maßnahmen gegen eine Informationsquelle, verliert sie nicht ihre 
Eigenschaft
als allgemein zugänglich.

>
>    [...]
>
>   Orientierungssatz
>
>    1. Eine - unter Abwägung zwischen der Meinungs- und    Pressefreiheit 
> des Herstellers und Verbreiters einer Schrift und    den durch 
> Strafvorschriften geschützten Rechtsgütern gewonnene 
> -    verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Annahme, 
> eine    einzuziehende Schrift verstoße gegen Strafgesetze, bedeutet 
> noch    nicht, daß das Informationsrecht zurücktreten muß.

Eben. Es bedarf einer Abwägung zwischen dem (angeblich) zu schützenden 
Rechtsgut
und der Informationsfreiheit. Das Grundrecht auf Informationsfreiheit hat nicht
*automatisch* zurückzutreten.

>
>    2. Zu Ls 4:
>
>    a) Die Grundrechtsposition des unterrichtungswilligen 
> Bürgers    erfordert eine besondere Güterabwägung.

s.o.

>
>    b) Bei der Abwägung ist nicht isoliert auf die Gefährdung 
> mittels    der Wirkung auf den einzelnen Bezieher abzustellen, sondern 
> die    mögliche generelle Gefährdung im Hinblick auf die große Menge 
> der    versandten Schriften zu berücksichtigen.

Da sehe ich keinen Widerspruch. Diese Einschätzung muss aber der 
Gesetzgeber treffen.

>
>    c) Falls bei der Abwägung der Vorrang der jedem Bürger    zustehenden 
> Informationsfreiheit nicht festgestellt wird, ist    zusätzlich zu 
> prüfen, ob ein spezielles berechtigtes    Informationsinteresse des 
> Einzelnen zu seinen Gunsten die    Beschränkung der Einziehung gebietet.

Das macht in der Tat die "Nazi-Straftatbestände" schwierig, da auch 
legitime wissenschaftliche
Forschung (und entsprechend andere Ansichten) erschwert werden. Wie ich das 
sehe, versucht
Büssow dem dadurch Rechnung zu tragen, indem er Ausnahmen für die 
Wissenschaft zulassen will.

>
>Bitte, liebe Juristen, erklärt mal, wie das mit den eingangs zitierten 
>beiden Sätzen aus der Düsseldorfer Sperrverfügung zu vereinbaren sein soll:
>
>    Es gibt keinen Anspruch der Nutzer auf Empfang 
> unzulässiger    Angebote. Dies gilt erst recht dann, wenn sich die 
> Unzulässigkeit    aus einem Verstoß gegen Straftatbestände ergibt.

Das ist erstman eine schlichte Behauptung. In diesem Stadium kommt es aber 
auch noch nicht
auf mehr Details an. Taktisch gesehen auch nicht unklug, weil er seine 
"Gegner" mit solchen
Phrasen aus der Reserve lockt. Man darf gespannt sein, wie ein 
entsprechender Widerspruchs-
bescheid aussieht, denn Gegenstand einer Anfechtungsklage ist nur der 
Verwaltungsakt in
der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 79 Abs. 
1 Nr. 1 VwGO).
Ich wette, dass dort noch die Ermächtigungsgrundlage modidifiziert wird ...

Henning


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