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Re: Aus der =?iso-8859-15?Q?D=FCsseldorfer?==?iso-8859-15?Q?__Sperrverf=FCgung?= ...



Thomas, 

die Anleitung ist in sich widersprüchlich. Sie nimmt als Argument Seiten
von www.thuleirgendwas.viel um das Verbot des Bezugs von stormfront zu
begründen. Das ist in sich schon nicht tragend. 

Zweitens ist die Verhältnismässigkeit als Verfassungsprinzip auch von
Büssow zu beachten. Büssow generiert Aufwand. Der Aufwand muss durch ein
Ergebnis gerechtfertigt werden. Man hält wirklich kaum jemanden ab mit
den Sperrungen (thuledingsda ist ja immer noch da und wenn das nicht
dann was anderes) Das Ergebnis ist aber negativ, weil er genau das
Gegenteil von dem erreicht, was er will. Die Nazi-Deppen sind jetzt noch
bekannter. Wir wissen alle, dass der Karlsruher Staatsanwalt 1997 schon
schlauer war als Büssow. Das ist einfach ein übles politisches Machwerk,
was hier passiert. Das Ziel ist nicht Sperrung/Rettung, sondern
politische Bekanntheit fürs Wahlvolk.

On Fri, Feb 15, 2002 at 10:51:27AM +0100, Henning Fischer wrote:
> At 10:25 15.02.02 +0100, Thomas Roessler wrote:
> >On 2002-02-15 09:11:12 +0100, Henning Fischer wrote:
> >
> >>Eine Privilegierung von (strafbaren) ausländischen Inhalten, lässt sich 
> >>dem Urteil sicher nicht entnehmen.

Da bin ich mir nicht so sicher. Wenn man diese Privilegierung nicht
entnehmen kann, dann sind Jahre des Streits um AFN Europe und Artikel 10
der Europäischen Menschenrechtskonvention umsonst gewesen.

Lässt das GG ein Verbot zu, Feindradio zu hören? Dürfte man heute
verbieten, France Inter in Deutschland zu empfangen? Wenn man die Väter
des GG gefragt hätte, hätten die sicherlich NEIN gesagt. 

Dem ist das BVerfG in der Entscheidung "Leipziger Volkszeitung"
nachgekommen und da waren die Zeiten noch kalt-kriegerisch und wilder.
Ich glaube, die sind heute noch gelassener. 
> >
> >Wirklich?
> >
> >  Leitsatz
> >
> >   [...]
> >
> >   2. Allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle, wenn 
> >sie    technisch geeignet und bestimmt ist, der 
> >Allgemeinheit    Informationen zu verschaffen. Sie verliert diesen 
> >Charakter nicht    durch rechtliche, gegen die Verbreitung gerichtete 
> >Maßnahmen.
> 
> Dies bedeutet nur, dass der Schutzbereich eröffnet ist. Es wird
> festgestellt, dass ein Eingriff (der möglicherweise rechtmäßig sein
> kann ...) in das Grundrecht vorliegt. Durch rechtliche Maßnahmen gegen
> eine Informationsquelle, verliert sie nicht ihre Eigenschaft als
> allgemein zugänglich.

Das BVerfG hat damals deutlich unterschieden, zwischen der Propaganda,
die ins Land hineingetragen wird (neudeutsch: push) und jemandem, der
sich informieren will (pull). Es hat dann unterschieden zwischen der
Verbreitung einer solchen Schrift oder dem simplen Empfang. Der simple
Empfang, so die Richter, sei motiviert durch das Informationsbedürfnis
des Einzelnen. Dies stelle demokratisch keine Gefahr dar, die einen
derartig tiefgreifenden Eingriff in Grundrechte rechtfertigen könnten. 

Web ist PULL bis dato..

(wir schiessen aber hier mit Kanonen nach Spatzen: s.Anfang)
> 
> >
> >   [...]
> >
> >  Orientierungssatz
> >
> >   1. Eine - unter Abwägung zwischen der Meinungs- und    Pressefreiheit 
> >des Herstellers und Verbreiters einer Schrift und    den durch 
> >Strafvorschriften geschützten Rechtsgütern gewonnene 
> >-    verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Annahme, 
> >eine    einzuziehende Schrift verstoße gegen Strafgesetze, bedeutet 
> >noch    nicht, daß das Informationsrecht zurücktreten muß.
> 
> Eben. Es bedarf einer Abwägung zwischen dem (angeblich) zu schützenden
> Rechtsgut und der Informationsfreiheit. Das Grundrecht auf
> Informationsfreiheit hat nicht *automatisch* zurückzutreten.

Wenn man die Kriterien des BVerfG hier anlegt, geht es aber ziemlich
eindeutig aus. Zumal in der Güterabwägung Büssow mehr Schaden anrichtet
durch die Aufmerksamkeit für Lauck, als er wirklich erreichen kann.
> 
> >
> >   2. Zu Ls 4:
> >
> >   a) Die Grundrechtsposition des unterrichtungswilligen 
> >Bürgers    erfordert eine besondere Güterabwägung.
> 
> s.o.
> 
eben, nenne mir auch EINE Entscheidung des BVerfG, die nicht irgendwo
eine Abwägung enthält. Du eierst einfach um die Abwägung herum und
drückst Dich somit vor den wirklichen Aussagen.

> >
> >   b) Bei der Abwägung ist nicht isoliert auf die Gefährdung 
> >mittels    der Wirkung auf den einzelnen Bezieher abzustellen, sondern 
> >die    mögliche generelle Gefährdung im Hinblick auf die große Menge 
> >der    versandten Schriften zu berücksichtigen.
> 
> Da sehe ich keinen Widerspruch. Diese Einschätzung muss aber der 
> Gesetzgeber treffen.

s.o. dieser Satz kumuliert die Unterscheidung von pull und push im
Urteil. Grosso modo sagten sie damals: Solange Du im Wohnzimmer bleibst,
ist das kein Problem. Wenn Du auf die Strasse gehst, um das Ding hier zu
verteilen (verbreiten), dann geht das nicht. 

Übertragen aufs Web bedeutet es eine Dias von zwei Auffassungen, die
sich ziemlich unversöhnlich gegenüberstehen, die aber von den Par. 5 der
verschiedenen Tele/Medien/KommunikationsG abgedeckt werden:

Der Transporteur ist kein "Verbreiter". Erst wenn ich den Transporteur
wieder zum Verbreiter machen kann (und den End-Nutzer entmündige), dann
kann man bezüglich der Entscheidung des BVerfG zu einem anderen Schluss
gelangen. Um dies zu erreichen, muss man GEGEN den Gesetzgeber (Par 5
TDGetc) argumentieren. Warum sollte der nicht anwendbar sein, wenn eine
Massnahme auf ein Gesetz gestützt ist, dass diesen Par. gerade enthält?

Das bedeutet: Hosting diesen Inhalts in Deutschland ist von MDStV oder
TDG erfasst, nicht aber Durchleitung aus irgendwo.

> 
> >
> >   c) Falls bei der Abwägung der Vorrang der jedem Bürger    zustehenden 
> >Informationsfreiheit nicht festgestellt wird, ist    zusätzlich zu 
> >prüfen, ob ein spezielles berechtigtes    Informationsinteresse des 
> >Einzelnen zu seinen Gunsten die    Beschränkung der Einziehung gebietet.
> 
> Das macht in der Tat die "Nazi-Straftatbestände" schwierig, da auch
> legitime wissenschaftliche Forschung (und entsprechend andere
> Ansichten) erschwert werden. Wie ich das sehe, versucht Büssow dem
> dadurch Rechnung zu tragen, indem er Ausnahmen für die Wissenschaft
> zulassen will.

So dumm wird er auch nicht sein, dass er eine Sperrverfügung auf
Nutzungen erlässt, die sogar hierzulande zulässig sind. Es geht um mehr.
Es geht um die prinzipielle Frage, ob der Regierungspräsident uns
verbieten kann, Feindradio zu hören.
> 
> >
> >Bitte, liebe Juristen, erklärt mal, wie das mit den eingangs zitierten 
> >beiden Sätzen aus der Düsseldorfer Sperrverfügung zu vereinbaren sein soll:
> >
> >   Es gibt keinen Anspruch der Nutzer auf Empfang 
> >unzulässiger    Angebote. Dies gilt erst recht dann, wenn sich die 
> >Unzulässigkeit    aus einem Verstoß gegen Straftatbestände ergibt.
> 
> Das ist erstman eine schlichte Behauptung. In diesem Stadium kommt es
> aber auch noch nicht auf mehr Details an. Taktisch gesehen auch nicht
> unklug, weil er seine "Gegner" mit solchen Phrasen aus der Reserve
> lockt. Man darf gespannt sein, wie ein entsprechender Widerspruchs-
> bescheid aussieht, denn Gegenstand einer Anfechtungsklage ist nur der
> Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid
> gefunden hat (§ 79 Abs.  1 Nr. 1 VwGO).  Ich wette, dass dort noch die
> Ermächtigungsgrundlage modidifiziert wird ...

Henning, ich fürchte, der schreibt hier seine Überzeugung nieder..
(siehe auch andere mails)

Gruss

Rigo


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