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Re: [FYI] Beckstein will Verbot von "Killerspielen"



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Hallo Liste,

Sunday, May 5, 2002, 1:19:05 AM, Sven wrote:


> http://www.heise.de/newsticker/data/cp-04.05.02-008/

> ---SNIP---

> Beckstein will Verbot von "Killerspielen"

Prinzipiell irritiert mich der inzwischen inflationaere Gebrauch des
Wortes Verbot ohne weitere Definition. Nicht nur in den Medien, son-
dern nun auch von einem moeglichen Kandidaten fuer den Posten des
Innenministers dieses Landes, dessen Bundesland offensichtlich eine
Novellierung des Jugendschutzes in Deutschland in den letzten Jahren
aktiv durch seine Blockadehaltung verhindert hat [1]. Fuer wen sollen
"Killerspiele" und "Gewaltfilme" ueberhaupt verboten sein? Wirklich
altersunabhaengig, mit der Begruendung Jugendschutz? Das scheint mir
recht duennes Eis, auf dem sich Herr Beckstein da zu profilieren ver-
sucht.

Denkbar im Bereich Jugendschutz waere meiner Meinung nach eine Erwei-
terung von §6 GjS, der bereits aktuell eine Indizierung von "schwer
gefaehrdenden Schriften" ohne formales Indizierungsverfahren ermoeg-
licht - wobei hier die Verantwortung und somit Rechtsunsicherheit auf
den Handel abgewaelzt wird. Noetig waere sie allerdings nicht, da die-
se Vorschrift schon jetzt "die zentrale Grundlage des Schutzes von
Kindern und Jugendlichen gegen gewaltverherrlichende, rassenhetzeri-
sche, pornographische und sonstige offensichtlich schwer jugendge-
faehrdende Medien darstellt, ohne daß diese von der BPS indiziert sein
muessen" (Bundestags-Drucks. 7/514). Letztendlich handelt es sich hier
aber um eine bestehende Sonderform der Indizierung, die weder neu noch
altersunabhaengig ist, da Erwachsene voellig legal indizierte Medien
kaufen und mieten koennen. Noch.

Dies ist allerdings wohl genau das, was auch der Gesetzentwurf der
Bundesregierung vorsieht, den Beckstein ja "toppen" will:

- --snip-- http://www.bundesregierung.de/dokumente/Artikel/ix_78602_1499.htm

        [..]

        * Computerspiele werden den gleichen gesetzlichen Regelungen
        wie Videofilme unterworfen.

        * Der Katalog der schwer jugendgefährdenden Spiele und Filme,
        die kraft Gesetzes indiziert sind, wird insbesondere um
        Darstellungen von Gewalt erweitert.

        * Die Liste jugendgefährdender Medien wird künftig in vier
        Teilen geführt. Hierbei wird unter anderem unterschieden
        zwischen Medien, die aufgrund strafrechtlicher Bestimmungen
        überhaupt nicht verbreitet werden dürfen, und solchen, die
        jugendgefährdend sind, aber an Erwachsene abgegeben werden
        können.

        [..]

- --snip-- -------------------------------------------------------------

Ansonsten kaemen wohl Beschlagnahmen in Frage, das faellt allerdings
nicht in den Aufgabenbereich der Bundesprüfstelle, sondern ist Aufga-
be von Strafverfolgungsbehörden und an Einzelfallpruefungen gebunden.
Hier handelt es sich allerdings um eine recht grosse Keule, die meinem
Verstaendnis von einem altersunabhaengigen Verbot aber wohl am naechs-
ten kaeme.

Ob allerdings eine Beschlagnahme von bekannten "Killerspielen" wie
Counter-Strike und Quake I,II,III und "Gewaltfilmen" (also quasi ja
wohl alles, was man derzeit indizieren wuerde) moeglich ist, moechte
ich doch stark bezweifeln. Zumal fuer eine Beschlagnahme eine Jugend-
gefaehrdung eben nicht mehr ausreicht, sondern afaik eine "sozialge-
faehrdende" Wirkung gegeben sein muss. Die sieht man bisher selbst
im Video-/DVD-Bereich, wo es hin und wieder zu Beschlagnahmen kommt,
nur recht selten gegeben.

Mag mich jemand erleuchten? Kann einer entschluesseln, was Beckstein
wirklich will?

> [..] "Ohne ein altersunabhängiges Verbot besorgt sich ein
> 18-Jähriger das Ding und sieht es zusammen mit seinem 17-jährigen
> Freund an, oder das Spiel wird für den 15 Jahre alten Bruder
> mitkopiert."

Und das Erziehungsmonopol der Eltern schafft man auf diesem Weg auch
gleich ab? Interessant.

- --snip-- http://www.jugendmedienschutz.de/sec3/item3a.htm ---------

Elternrecht und Jugendschutz

Da das Elternrecht in Art. 6 des Grundgesetzes privilegiert bleiben
muß, sind alle Erziehungsberechtigten von Strafe ausgenommen, wenn sie
indizierte Medien ihren Kindern zugänglich machen. Das steht in § 21
Abs. 4 GjS. Erziehungsberechtigter ist, wer das Sorgerecht für den
Minderjährigen hat. In erster Linie sind das die Eltern. In
Mißbrauchsfällen (z.B. bei einem Zugänglichmachen von
Kinderpornographie), wenn das Kindeswohl erheblich gefährdet wird,
kann das Jugendamt einschreiten und gem. § 1666 des Bürgerlichen
Gesetzbuches (BGB) beim Vormundschaftsgericht alle geeigneten
Maßnahmen herbeiführen, die unter Einschränkung des elterlichen
Sorgerechts den Jugendschutz durchsetzen.

- -------------------------------------------------------------------


MfG
 Olaf, ./fx3


[1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,194146,00.html

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