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Re: Stand der Dinge in Sachen Softwarepatente



> > > Patente auf computer-implementierte Erfindungen sind moeglich.
> >
> > Programme, Rechenregeln etc, egal wie implementiert, sind keine
> > Erfindungen.
>
> Warum nicht?

1. Weil es in Art 52 EPÜ so steht
2. Weil diese Grenzziehung systematisch begründet ist, s.

	http://swpat.ffii.org/analyse/erfindung/
	http://swpat.ffii.org/papiere/bgh-dispo76/
	http://swpat.ffii.org/papiere/krasser86/

> Wenn man den Computer dazunimmt, ohne den das ohnehin
> keinen Sinn macht?

Auch hierauf hat die Systematik der Patentrechtslehre gute Antworten.
Ein paar Stichworte:

 - Entscheidend ist, ob zur Auffindung der Lösung der Einsatz von
   Naturkräften erforderlich ist.  Bei Rechenregeln ist die Lösung
   bereits vollendet, bevor bei ihrer Umsetzung auf einem herkömmlichen
   Rechner das Feld der Technik betreten wird.

> Eine Erfindung kann sich durchaus an einem Gesamtsystem bestehend aus
> Computer plus Software manifestieren.

Auch hier muss ich nur die üblichen Sprüche kolpfen, die ein im deutschen
Recht geschulter Patentprüfer der mittleren Generation noch heute in- und
auswendig kennt:

<<
Eine untechnische Idee wird nicht dadurch zu einer technischem, dass sie
sich in einem bereits bekannten technischem Medium "manifestiert" oder
gar ohne eine solche Manifestation "keinen Sinn ergibt".
>>

usw usf

Alles sehr gut gewählte Worte, die durch echte Denkleistungen der Richter
und des Schrifttums herausgebildet wurden.

Vermutlich war in den 80er Jahren, als Axel Horns seine patentrechtliche
Sozialisierung erfuhr, vieles davon schon im Begriff, zu verblassen.

> Und wenn das Gesamtsystem dabei eine elektrische Leistung in Waerme
> dissipiert, ist die ganze Schose als Gesamtheit sogar "technisch" im
> Sinne des vom ffii vielzitierten BGH-Definitionsversuches zum Begriff
> der "Technizitaet".

Das ist nicht irgend ein Definitionsversuch, und es ist auch nicht von
Belang, ob eine oder die einzige praktisch verwertbare "Manifestation" der
Rechenregel technischer Natur ist.

> "Programme als solche" sind in meiner Ausgabe des PatG als auch des
> EPÜ definitorisch als Nichterfindungen ausgenommen; ich weiss, phm
> hat eine davon etwas abweichende Ausgabe in seinem Schrank stehen.

In keiner Ausgabe ist von "Programme als solche" die Rede. Nichts zwingt
zur Bildung einer solchen Wortgruppe, und es ist sprachlicher Unsinn, nach
einer Definition einer solchen Wortgruppe zu fragen.  Insbesondere ist es
falsch, dem "als solche" in "Programme als solche" eine andere Funktion
zuzuwweisen als dem "als solche" in "Formschöpfungen als solche".  Jede
Gesetzesauslegung die dazu führt, das Art 52 seine Ausschlusswirkung
verliert und alle oder einige der dort genannten Nicht-Erfindungen
patentiert werden können, ist nach allen Regeln der Rechtsauslegung
unzulässig, s. dazu

	http://swpat.ffii.org/analyse/epue52/exeg/

> > Selbstverständlich bleiben Patente auf Erfindungen auch dann möglich,
> > aber Rechenregeln werden nicht dadurch zu Erfindungen, dass man sie
> > auf einem Rechner ausführt oder als solche beansprucht.
>
> Wer beansprucht denn Rechenregeln in einem Patent?

Es geht nicht darum, wie die Ansprüche formuliert werden sondern für
welche Lehre (Erfindung) das Patent erteilt wird.

> Ich habe noch kein
> Patentgesehen, dass auf eine reine Rechenregel als solche erteilt
> worden ist.

Aber sehr wohl welche, in denen die angebliche technische Lehre, die in
dem Anspruch zum Ausdruck kam, in einer reinen Rechenregel (als solcher)
bestand.

> Einzelne M;erkmale eines Patentanspruches koennen durchaus den
> Charakter einer Rechenregel aufweisen, das ist nirgendwo verboten.

Aber es sollten nicht die Merkmale sein, in denen die Leistung besteht,
für die das Patent erteilt wird.

> > Etwas anderes versucht die Kommission nicht.
> > Ihre geht es um die Patentierbarkeitsvoraussetzungen.
>
> Aber nur im konservativen Sinne. Es werden keine Schleusen
> aufgestossen, die bislang verschlossen waeren.

Es werden zumindest Möglichkeiten der Patentverweigerung abgeschafft, die
bisher, vorsichtig formuliert, offen stehen.

> > Warum kämpft die Kommission (und mit ihr PA Horns) dann so verbissen
> > für eine Neuregelung der Patentierbarkeitsschranken?
>
> Ich kaempfe ja ueberhaupt nicht fuer eine wesentliche Neuregelung der
> materiellen Patentierbarkeitsvoraussetzungen; wenn man die ohnehin
> gegebene Patentierbarkeit von computerimplementierten Erfindungen zum
> Zwecke der formalen Rechtsngleichung noch einmal deklaratorisch
> feststellt, ist ja alles ok. in diesem Bereich.

Wenn man bisher vorgesehene "Möglichkeiten" (eigentlich Vorschriften) der
Patentverweigerung abschafft, ändert sich sehr wohl etwas, und hierfür
tritt PA Horns unermüdlich und energisch ein.

> Demgegenueber habe ich aber mehrfach darauf hingewiesen, dass im
> Bereich der Schrankenregelungen der Wirkungen des Patentes die
> Probleme liegen, aber das will seitens des ffii ja niemand hoeren.

Wir haben uns diese Forderungen, wie bereits gesagt, ja auch zu eigen
gemacht.

Das hindert und nicht darin, in der Frage der
Patentierbarkeitsvoraussetzungen ebenfalls eine Regelung zu verlangen, die
in unserem und im allgemeinen Interesse liegt.

Wir meinen auch, dass das bestehende Recht diese Regelung zwingend
vorschreibt und PA Horns ist da anderer Meinung, aber diese Frage ist
ohnehin sekundär.  Nur die Patenanwälte suchen ihre Rechtfertigung im
Status Quo (30000 Rechenregelpatente, 4 Millionen Arbeitslose etc).  Wir
suchen sie im Gemeinwohl (Innovation, Wettbewerb, Software-Qualität,
Freiheit etc).

-- 
Hartmut Pilch, FFII e.V. und Eurolinux-Allianz            +49-89-12789608
Innovation vs Patentinflation                       http://swpat.ffii.org/
120000 Stimmen 400 Firmen gegen Logikpatente    http://www.noepatents.org/


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