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Re: Programmiererethik, geistiges Eigentum und Swpat



> Ein Ansatz unterteilt gekruemmte Flaechen so lange, bis die Teilstuecke
> so "platt" sind, dass es nicht auffaellt, das man ein schlichtes ebenes
> Flaechenstueck zeichnet.
>
> Nun koennen gekruemmte Flaechen recht "verrueckt" sein - die Frage
> ist: Wann kann ich mit dem Unterteilen aufhoeren?
>
> Das ist also eine Fehlerabschaetzung, und weil das moeglichst schnell
> gehen soll, nicht so viel gerechnet werden soll (damit der Mensch vorm
> Bildschirm sich nicht zu Tode wartet, bewegte Sequenzen ruckeln etc.),
> soll das ganze nicht exakt gerechnet werden (geht auch manchmal gar
> nicht), sondern nur "so gut wie noetig".
>
> Man denkt sich also ein paar Formeln aus, die "einfach" sind, d.h.
> schnell zu rechnen, am besten mit wenigen Shiftoperationen oder
> Addition z.B., man vermeide Multiplikationen, Potenzen oder
> Logarithmen, so eben moeglich, weil die eben aufwendiger sind.
>
> Und dann muss man noch nachweisen, dass sie wirklich praktikabel sind.
>
> Pure Mathematik. Und am Ende war es auch noch ein Programm.
>
> Nun hat dieses Problem u.a. ein, sagen wir mal,
> Graphikkartenhersteller, und da hat jemand eine schoene Idee,
> eine huebsche Formel, die das rasant schnell erledigt.
>
> Das wird dann in Hardware, Mikrocode oder was immer gegossen - und
> damit die Konkurrenz nicht ebenso schnelle Dinge bauen kann, moechte
> das gern patentieren lassen.

Eine typische Rechenregel mit "weiterem technischen Effekt".

Die Patentschrift ist schon halb fertig: Problem und Lösung sind
beschrieben, es passt recht gut zum "Problem-Lösungs-Ansatz" des EPA.

> Als Laie wuerde ich annehmen, ich lasse mir die Formel schuetzen..

Dazu fehlen noch die Ansprüche.

> Nun, wie sieht es dann damit aus?

Sicherlich bekommt man beim EPA ziemlich breite Patentansprüche, wenn
sich nicht irgendwo ein Dokument findet, welches die gleiche Problemlösung
beschreibt.

Die Frage ist dann, in wie weit solche Ansprüche von den Fachleuten aus
dem Bereich der angewandten Mathematik als gerecht empfunden werden
können.

Ohne Swpat würde der Ersinner seine Rechenregel zunächst geheimhalten und
dann nach einem Weg suchen, in kurzer Zeit einen großen Marktvorteil
daraus zu schlagen.  So wie es hier beschrieben ist, dürfte das gelingen.

Konkurrenten würden merken, dass so etwas geht und wahrscheinlich bald
eine ähnliche, vielleicht bessere Regel finden.  Vielleicht würden sie
auch das Gerät auseinanderbauen und versuchen, herauszufinden, welche
Regel hier verwendet wurde.  Das wäre aber meist nicht wirklich effizient,
denn selber denken geht meist schneller als Dekompilieren und führt zudem
zu besserem Verständnis.

Mit Swpat würde der Ersinner seine Rechenregel in einen möglichst breiten
Anspruch formulieren.  Der Anspruch müsste mindestens so breit sein, dass
sich die Aufgabe des Geheimnisses und die Anwaltskosten lohnen.  Im
Rechenregel-Patentwesen gibt es außer dem Erfordernis der Neuheit nichts
mehr, was die Breite beschränken könnte.

Konkurrenten könnten 18 Monate später in der Patentschrift lesen, was sie
nicht tun dürfen und würden versuchen, dem Anspruchsbereich auszuweichen,
indem sie das Problem ganz anders lösen.  Das geht nicht immer, und auch
Lösungen können, sofern es sie gibt, patentiert sein. Es gäbe dann weniger
Firmen und Personen, die es sich leisten können, auf dem jeweiligen Gebiet
zu arbeiten, und somit würde der ganze Acker möglicher Lösungen weniger
bebaut und viele produktive Wege würden erstmal nicht beschritten.

Man kann dann noch weitere spieltheoretische Überlegungen anstellen, wie
es allerlei Volkswirte getan haben

	http://swpat.ffii.org/archiv/spiegel/wirkung.de.html

Es ist zu vermuten, dass manche Leute in diesem Tätigkeitsfeld gerne
Patente haben wollen und andere nicht.  Insbesondere universitäre
Informatiker wie z.B. einige GI-Leute möchten z.T. lieber direkt
Algorithmen in Patente umsetzen als in die Niederungen des Programmierens
oder gar Wirtschaftens einzusteigen, und die Wissenschaftsministerin
erzählt ihnen, dass der Staat statt der Grundlagenforschung lieber das
Patentieren fördern möchte.  So etwas kann natürlich auch einen Einfluss
auf die Werteordnung haben.  Allerdings weniger auf die
Programmierer-Ethik als auf die der Informatiker/Wissenschaftler, von
denen wiederum gerade einige der Angesehensten (Konno, Knuth etc) dies
allerdings eher als moralischen Verfall wahrgenommen werden.   Bei der
Beobachtung der Vorgänge in der GI e.V.

	http://swpat.ffii.org/akteure/giev/

drängt sich ein ähnlicher Eindruck auf.  Ich habe Mayr u.a. immer wieder
aufgefordert, zu erklären, welche informatischen Geistesleistungen sie nun
wie (mit welcher Anspruchsbreite) besitzbar machen möchten.  Sowohl in
privaten als auch in öffentlichen Diskussionen weichen diese Leute nur
aus.  Ihnen scheint wenig an guten Lösungen für die Informatik zu liegen.

-- 
Hartmut Pilch, FFII e.V. und Eurolinux-Allianz            +49-89-12789608
Innovation vs Patentinflation                       http://swpat.ffii.org/
120000 Stimmen 400 Firmen gegen Logikpatente    http://www.noepatents.org/









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