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Re: Stand der Dinge in Sachen Softwarepatente



Hallo,

Heiko schrieb:
> Alles was auf dem Universalcomputer laeuft, ist an sich von der
> Patentierung ausgeschlossen. Es waer ja fast so, als ob man den Leuten
> verbieten wollte, mit dem Maerklin Metallbaukasten bestimmte Dinge
> nachzubauen oder Bauanleitungen zu vertreiben.

Genau das.

Siehe "GIF-Problem" (LZW-Patent), "MP3-Patent", "JPEG". Bei diesen
Dingen handelt es sich sämtlichst um Software, die für gewöhnlich auf
Universalrechnern läuft.

Der Vergleich mit der Märklin-Bahn ist nicht schlecht. Kinder probieren
spielerisch aus, eine Eisenbahn auf Papis großem Tisch im Keller zu
bauen. Sie experimentieren mit den Möglichkeiten des Baukastens und
lernen irgendwann, in diesem Gefüge logisch zu operieren und zielgerichtet
die einzelnen Elemente zu einer Modelleisenbahn zusammenzubauen.

Das, was ein durchschnittlicher Programmierer (mal akademikfrei aus der
Perspektive "Programmieren als Handwerk" betrachtet) tut, hat damit
durchaus Parallelen.

Nun mag man in dieser Welt aber nicht einsehen, daß 90 % der EDV-Tätigkeiten
eher Parallelen mit "Handwerk" als mit "Wissenschaft" haben. Und versucht
deswegen, mit (pseudo-)wissenschaftlichem Ansatz Pfründe an sich zu
reißen und Leute, die jahrelang routiniert ihrem Programmierhandwerk
nachzugehen, in ihren Freiheitsgraden zu beeinträchtigen.

Da werden FOR-Schleifen zu hochwissenschaftlichen Leistungen hochstilisiert,
um mit der Wissenschaft um sie herum "computerimplementierbare Erfindungen"
zu patentieren. Das ganze geht auch noch gut, weil

- die "handwerklichen" Programmierer keine Lobby haben
- die akademische Informatik-Welt eine Abgrenzung zum "Programmier-
  Handwerk" aufrecht zu erhalten versucht
- im akademischen Feld viele Leute sitzen, die vor lauter Grundlagen-
  forschung nicht mehr merken, daß einige Dinge technologisch wirklich
  trivial sind
- man "Erfindungen" in der Öffentlichkeit hoch loben kann, egal ob es
  nun wirklich welche sind oder nicht

Plus natürlich die üblichen Charakterzüge eines sich selbst näherenden
Systems, weil durch die ganze Patentdiskussion ja Fachfremde (z. B.
Patentanwälte) Zugang zu den Finanztöpfen bekommen, die eigentlich
dem EDV-Bereich zugedacht sind.

Plus natürlich die ökonomischen Vorteile dadurch, daß ein Patent bewert-
bar ist und damit in die Bilanz aufgenommen werden kann, um das Zahlen-
werk aufzublähen. Patente fördern Überbewertung von Firmen. Und sind
dementsprechend wegen des Wechselspiels mit der Börse natürlich sehr
beliebt.

Daniel


-- 
Daniel Roedding                                       phone: +49 5252 9838 0
daniel@roedding.de                                      fax: +49 5252 9838 20

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