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heise online: QSC sperrt bundesweit Nazi-Seiten



QSC sperrt bundesweit Nazi-Seiten

Der DSL-Anbieter QSC[1] sperrt für seine Kunden bundesweit die Nazi-Seite
stormfront.org. Eine QSC-Sprecherin bestätigte gegenüber heise online,
dass
man bereits seit vergangenem Monat die entsprechenden DNS-Anfragen auf die
Seite der Bezirksregierung Düsseldorf[2] umleitet. Gesperrt ist auch die
Seite www.nazi-lauck-nsdapao.com.      

 Die Sperrung beider Seiten hatte die Bezirksregierung Düsseldorf Ende
vergangenen Jahres erstmals gegenüber 78 Internet-Providern in
Nordrhein-Westfalen angeordnet[3]. Zehn Provider, die die
Sperrungsverfügungen gerichtlich klären lassen wollen, wurden in der
vergangenen Woche zum Sofortvollzug  aufgefordert[4].

"Auch wir hatten zunächst Widerspruch gegen die Sperrverfügung eingelegt,"
sagte die QSC-Sprecherin. Nach der Ablehnung der Widersprüche habe man
sich
allerdings entschlossen der Verfügung nachzukommen, vor allem aus Gründen
der Verhältnismäßigkeit. "Wären es nicht zwei, sondern 200 oder 2000 würde
es wieder anders aussehen." Gerade die Befürchtung, dass mit den
Sperrverfügungen nur ein erstes Exempel statuiert werden soll, ist das
Motiv für den harten Kern der vor Gericht gezogenen Provider.

Die bundesweite Sperrung für alle QSC-Kunden entspringe der
Interpretation,
dass man als Provider mit Stammsitz in Köln nicht unbedingt differenzieren
könne, heißt es bei QSC: "Mit einem gewissen technischen Aufwand wäre das
wohl möglich, aber ob wir das wirklich wollen?" Im Übrigen sei die
Sperrung
ein recht unzulängliches Mittel und verhältnismäßig leicht zu umgehen. "Es
geht der Bezirksregierung allerdings wohl eher ums Prinzip", so die
Sprecherin. Verwenden die Nutzer andere DNS-Server oder sogar nur andere
Domains, bleiben die Seiten erreichbar.

Bei der Bezirksregierung sieht man die erste bundesweite Sperrung durchaus
als rechtens an. Jürgen Schütte, für die Medienaufsicht zuständiger
Referent bei der Bezirksregierung, sagte dazu, "die betreffenden Seiten
verbreiten schließlich jeden Tag strafbare Inhalte, natürlich ist eine
Sperrung für alle Nutzer daher auf jeden Fall in Ordnung." Auch der neue
Jugendmedienschutzstaatsvertrag, der im kommenden Jahr in Kraft treten
soll, sehe genau solche Sperrungen volksverhetzender Seiten bundesweit
vor.
Überrascht zeigte sich Schütte davon, dass stormfront.org- und
nasdapao-Anfragen aller QSC-Kunden auf die Seiten der Bezirksregierung
umgeleitet würden.

"Datenschutzmäßig doch höchst bedenklich," nannte dies noch einmal Jens
Ohlig, Sprecher des Chaos Computer Clubs (CCC[5]). Über Cookies auf den
Seiten der Bezirksregierung würden neben Informationen über Betriebssystem
und Browser vor allem die IP-Nummern der auf die inkriminierten Seiten
zugreifenden Nutzer erfasst. "Wenn wir davon Kenntnis hätten, würden wir
das sofort abstellen", versichert demgegenüber Schütte. Schon einmal, bei
den Sperrungen durch den Provider ISIS, habe man dementsprechend reagiert.

Beim CCC fühlt man sich im gewachsenen Misstrauen gegenüber der
Bezirksregierung nun mit der ersten bundesweiten Sperrung -- realisiert
durch Manipulation der DNS-Einträge -- noch einmal bestätigt. Der CCC
lehnt
die Sperren generell ablehnt, weil, so betonen Sprecher Jens Ohlig und
ICANN-Direktor Andy Müller-Maguhn, gesellschaftliche Probleme wie der
Rechtsradikalismus nicht technisch gelöst werden könnten. Auch juristisch
stoße die Sperrverfügung aus dem Hause von Bezirkspräsident Jürgen Büssow
auf vielfältige Kritik, betont Ohlig. Gegenstand der gerichtlichen
Auseinandersetzung wird so vor allem auch die Verantwortlichkeit der
reinen
Access-Provider für fremde Inhalte und die Zuständigkeit der
Bezirksregierung sein.

Müller-Maguhn kann den Streit mit dem Regierungspräsidenten am kommenden
Dienstag bei der von der Bezirksregierung und Landesmedienanstalt
organisierten Konferenz Gewalt und Hass im Internet[6] auf einer
Podiumsdiskussion austragen. Einen Tag vorher lädt der CCC bereits zur
Gegenveranstaltung[7] , ohne Beteiligung der Bezirksregierung. Auf den
Krieg der Kongresse[8] darf man gespannt sein.(Monika Ermert) /
(wst[9]/c't)

URL dieses Artikels:
 http://www.heise.de/newsticker/data/wst-13.09.02-000/

Links in diesem Artikel:
 [1] http://www.q-dsl.de
 [2] http://www.bezreg-duesseldorf.nrw.de/
 [3] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-08.02.02-011/
 [4] http://www.heise.de/newsticker/data/hod-10.09.02-000/
 [5] http://www.ccc.de
 [6] http://www.lfr.de/downloads/tagung-rechts.pdf
 [7] http://www.ccc.de/updates/2002/informationsfreiheits-konferenz
 [8] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/konf/13230/1.html
 [9] mailto:wst@ct.heise.de

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