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Re:  [FYI] MONITOR: Datenschützer bezeichnen CDU-Wahlkampfmethoden als "illegal"



Thomas Riedel <uzsswo@uni-bonn.de> writes:

> mein Kernargument ist der sog. "Erst-recht"-Schluß. Wenn etwas vom Gesetzgeber
> soundso geregelt wurde, dann liegt darin mitunter die implizite Wertung für
> einen Spezialfall, "erst recht" diese Rechtsfolge zu bejahen. Wenn nun die
> MITGLIEDSCHAFT bei der CDU oder CSU (wenigstens noch) keinen Straftatbestand
> oder auch nicht den Tatbestand moralischer Vorwerfbarkeit erfüllt, dann erst
> recht nicht die Zugehörigkeit zu einer (irgendeiner!) demographischen Gruppe,
> deren weitergehende Aggregation mit anderen Gruppenzugehörigkeiten erst die -
> nicht einmal zwingende - Schlußfolgerung einer (auch ggf. negativen) Präferenz
> für eine Mitgliedschaft oder wenigstens Stimme ermöglicht. Argumente für
> "Sensibilität" sind daher a priori schwach.

Ich verstehe nicht ganz, was Du meinst. Für mich liest sich das
sehr nach semantischer Spielerei, mit der sich alles in die
Bedenkenlosigkeit steigern läßt.

Mein Hauptproblem mit der Erfassung von Daten über Menschen durch
staatstragende Institutionen ist folgendes: Ich mißtraue diesen
Institutionen in demselben Maße wie der Staat über sein Rechtssystem
dem Bürger mißtraut: alle sind sie latent antidemokratisch, es bedarf
nur eines kleinen Auslösers, eines kleinen Denkanstoßes, damit sie auf
den Umsturz hinarbeiten. Gerade weil das Rechtssystem die realistische
Möglichkeit des Umsturzes durch den verblendeten Bürger sieht (und
damit weitgehende Grundrechteinrschränkungen rechtfertigt, um diese
Verblendung zu verhindern), ist es doch die Pflicht der Institutionen
dafür zu sorgen, daß die Möglichkeit zum Mißbrauch im Falle des
Umsturzes möglichst gering ist.

Diese verquere Asymmetrie -- die meisten demokratischen Kräfte sehen
die antidemokratischen als direkte, ja tagesaktuelle Bedrohung, aber
vernachlässigen vollständig die Wirkung der von ihnen gestalteten
Institutionen im Falle eines Umsturzes -- kann ich im Moment nur als
das Ergebnis eines naiven Urvertrauens in die Demokratie verstehen.
Sie mag zwar bedroht sein und wir müssen sie schützen, aber wir werden
auf alle Zeiten damit Erfolg haben. Und dieses vollständige Vertrauen
in die erste, oberflächliche Verteidigungslinie macht mir Angst, da
dadurch beliebige Risiken in Kauf genommen werden.

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